Warum Behörden weiterhin auf US-Anbieter setzen
Digitale Souveränität heisst, die Kontrolle über Daten, Systeme und Prozesse zu behalten. Verwaltungen sind oft abhängig von US-Anbietern wie Microsoft, da Fachsoftware auf Windows läuft und Mitarbeitende vertraute Tools bevorzugen. Open Source bietet hier Unabhängigkeit und Flexibilität.
Digitale Souveränität bedeutet, dass Staaten nicht unbefugt Zugriff auf sensible Daten haben und Anbieter Dienste nicht nach eigenem Ermessen abschalten können. Fehlt sie, kann das schwerwiegende Folgen haben. Karim Khan, Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), konnte etwa Anfang 2025 nicht mehr auf sein E-Mail-Konto zugreifen – infolge von US-Sanktionen gegen den IStGH. Mail-Provider Microsoft bestreitet zwar Parallelen zu den Sanktionen, ein Präzedenzfall für die Risiken digitaler Abhängigkeiten ist dies aber allemal.
Open-Source-Technologien übernehmen bei der digitalen Souveränität eine Schlüsselrolle. Sie ermöglichen Verwaltungen, Software und Systeme unabhängig zu betreiben, anzupassen und bei Bedarf zu migrieren. Eine Nextcloud-Instanz etwa kann problemlos von einem IT-Anbieter zum anderen umziehen, während proprietäre Dienste wie Microsoft Onedrive diese Flexibilität nicht bieten.
Die Dominanz grosser Anbieter
Trotz dieser Erkenntnis dominieren US-Anbieter wie Microsoft, Amazon und Google die IT-Infrastruktur öffentlicher Verwaltungen. Diese Abhängigkeiten haben historische Wurzeln: Sie entstanden durch die frühe Einführung proprietärer Systeme und geschlossener Dateiformate. Viele Fachapplikationen laufen ausschliesslich unter Windows und Office. Ein Wechsel zu Linux, Libreoffice oder Open-Source-Cloud-Lösungen erfordert Migration, Schulungen und Anpassungen, was kurzfristig hohe Kosten erzeugt. Ausschreibungen bevorzugen zudem zertifizierte Produkte grosser Anbieter, die entsprechende Referenzprojekte vorweisen können. Bequemlichkeit, konservative Risikostrategien und Lobbyarbeit begünstigen des Weiteren bekannte Anbieter. Ein oft zitiertes Bonmot bringt es auf den Punkt: «Niemand wird gefeuert, weil er Microsoft kauft.» Mitarbeitende sind mit Microsoft & Co. vertraut, Änderungen erzeugen Widerstand.
Gegenbewegungen und mangelnde Sichtbarkeit
In den 1990er-Jahren entstanden erste Gegenbewegungen: Der Linux-Kernel (1991), die Open Source Initiative (1998) und EU-Programme wie IDABC setzten auf offene Standards. Erst seit 2018 gewinnen digitale Souveränität und Open Source an Fahrt. Die EU setzt mit der EU Open Source Strategy die nötigen politischen Grundlagen. Danach kommen Projekte wie Gaia-X (2019), Sovereign Cloud Stack (2021), Sovereign Tech Fund (2023) und DNS4EU (2024). Es folgen «Thematic Roadmap on Open Source», ein EU-Strategiepapier, Opendesk (2024) sowie die Eurostack-Initiative (2025). Trotz dieser Fortschritte bleiben erfolgreiche Open-Source-Projekte mangels Marketing- und PR-Budgets oft unsichtbar. Medien berichten vor allem über grosse Anbieter oder über das Scheitern einzelner Open-Source-Vorhaben.
Nichtsdestotrotz zeigen Erfahrungen aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und weiteren Ländern, dass ein Umdenken möglich ist und Open Source einen entscheidenden Beitrag zu souveräner, unabhängiger Verwaltung leistet. Ein Wechsel zu digital souveränen Lösungen ist machbar. Es erfordert jedoch den festen Willen zur Unabhängigkeit, den Mut für die notwendigen Veränderungen sowie die nötigen Ressourcen.
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