ICT-Reseller-Index Dezember

"Der Reseller muss an seiner Qualität arbeiten"

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von Coen Kaat

Gegen Ende 2015 ist der ICT-Reseller-Index auf den zweithöchsten Stand des Jahres gestiegen. Der Index des Gesamtjahres lag dennoch deutlich unter demjenigen des Vorjahres. Der Autor des Indexes verrät, worauf Reseller 2016 achten sollten.

Für Reseller war das vergangene Jahr von vielen Tiefen und Hürden geprägt. Trotz der finanziellen Wirren, die aus dem Frankenschock resultierten, ging das Jahr aber mit einem erfreulichen Dezember-Geschäft zu Ende, wie der ICT-Reseller-Index festhält.

Der Index kletterte zum Jahresende auf einen Wert von 107 Punkten, wie Proseller mitteilt. Damit liegt der Dezember-Index zwar noch immer hinter dem Vorjahreswert von 112 Punkten. Im Dezember kletterte der Index, der die Nachfrage im Reseller-Geschäft wiedergibt, auf den zweithöchsten Stand im Jahr 2015.

Zu den typischen Weihnachtseinkäufen gehörten gemäss Mitteilung Computer – wie auch schon im Vorjahr. Gegenüber dem Vormonat stieg die Nachfrage um 21 Prozent, wie dem Index zu entnehmen ist. Im Vergleich zu 2014 sank der Wert jedoch um 14 Prozent. Proseller schliesst daraus, dass die Produktkategorie wohl zunehmend über andere Vertriebskanäle gekauft wird.

Indiz für die Fachkompetenz des Resellers

Anders sieht die Lage bei Komponenten wie CPUs und Festplatten aus. Im vergangenen Dezember lief das Geschäft sogar noch besser als im Dezember 2014. Im Jahresvergleich zeigt der Index ein Plus von 2 Prozent. Dies könne als ein Indiz für die Fachkompetenz des Resellers gesehen werden, schreibt Proseller in seiner Mitteilung. Die Kategorie Komponenten macht jedoch nur 4 Prozent des gesamten Umsatzes aus. Das positive Ergebnis wirkt sich daher nur gering auf die Gesamtlage aus.

Kumuliert auf das ganze Jahr liegt der ICT-Reseller-Index 2015 mehr als 7 Prozent hinter dem Vergleichsjahr. Insbesondere die Monate März (-12 Prozent), April (-23 Prozent) und September (-11 Prozent) hätten zu diesem Rückstand beigetragen. Im ganzen Jahr kletterte der Index lediglich in einem Monat über den Vergleichswert von 2014: im Februar. Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses führte gemäss Mitteilung zunächst zu einer Neufindung der Preise im Grosshandel. Der Index lag daher 9 Prozent über dem Vorjahreswert.

Der Umsatz sank im Jahresvergleich um 12,6 Prozent. Den Umsatzrückgang führen die Marktanalysten auf die Bereiche Storage (-23,4 Prozent), Computer (-18,1 Prozent), andere ICT-Produkte (-14,8 Prozent) und Software (-12,6 Prozent) zurück.

Verursacht wurde der Rückgang bei Storage durch den Preisverfall. Bei Computern reduzierten sich sowohl die Preise als auch die Verkaufsmenge. Einzig bei Netzwerkartikeln konnten Reseller ihren Umsatz gegenüber dem Vorjahr ausbauen. Der Anstieg lag jedoch bei lediglich 0,3 Prozent.

"Eine Sonderaktion jagt die nächste"

Über alle Handelswaren zusammengezählt sank der Durchschnittspreis um fast 6 Prozent auf 561 Franken. "Verzweifelte Händler versuchen, in einem eher gesättigten Markt Umsatz zu erzeugen, indem sie ihre Preise reduzieren", erklärt Thomas Czekala den Preisverfall. "Eine Sonderaktion und ein Sale jagt den nächsten, sodass Kunden nur noch Produkte mit Rabatt kaufen." Czekala ist Verwaltungsrat bei Proseller und Verfasser des Indexes.

Händlern falle es dadurch schwer, neue Kunden zu finden. Die Trends des letzten Jahres würden aber deutlich machen, in welche Richtung Erfolg und Wachstum nun gehen. "Generell gilt: Der Reseller muss mehr an seiner Qualität arbeiten, das heisst professioneller und bewusster arbeiten", sagt Czekala.

Eine grosse Sortimentsbreite sei keine Lösung. Die grossen Marktanteile gehörten hier den grossen Händlern, die überregional oder auch global aktiv seien. "Diese wenigen Grossen sind Vollsortimenter und können mit den hohen Mengenvolumen interessante Einkaufspreise verhandeln", sagt Czekala. "Damit ist die Preis-Schlacht beim Endkunden zu gewinnen."

Nischen statt Vollsortimenter

Statt ein breites Sortiment aufzubauen, schlägt Czekala daher eine andere Lösung vor: sich auf Nischen zu spezialisieren. Als Beispiel nennt er etwa das Segment der künstlichen Kerzen.

"Dieses Segment ist wirklich sehr klein", sagt Czekala, "aber ein Anbieter mit Fokus darauf kann sein Online-Marketing sehr spitz auf diese Suchbegriffe ausrichten und überraschenderweise sogar interessante Verkaufsmengen generieren und den besten Preis im Netz anbieten." Eine derartige Nische könne aber keine grosse Firma mit einer hohen Mitarbeitzahl tragen.

"Wenn der Preiskampf gegen die Grossen nicht gewonnen werden kann, dann gibt es klassisch nur die Felder Innovationsführer oder Qualitätsführer", sagt Czekala. Beide Felder erfordern ein höheres Fachwissen und eine persönliche Nähe zum Kunden.

Das alte Standbein nicht vergessen

Aber auch hier gilt: Man kann nicht überall Experte sein. "Der Reseller muss sich zunehmend auf ein Feld konzentrieren, wo er spürbar mehr kann als sein Kunde, der sich ja über das Internet selbst ein Basiswissen aneignen kann", sagt Czekala.

Die Möglichkeiten hierfür sind gegeben. Die meisten Geräte, wie Czekala ergänzt, sind heute nicht mehr autonom, sondern in der Regel in ein Systemumfeld zu installieren. "Selbst eine einfache Kamera verfügt heute schon über WLAN-Funktionen, lässt sich über eine Smartphone-App bedienen und kann Bilder direkt in soziale Netzwerke posten", sagt der Verwaltungsrat.

Das alte Standbein Warenhandel kann den Reseller von heute nicht mehr tragen. "Es darf aber nicht unterschätzt werden, was für Potenzial in dem alten Bein noch steckt, wenn man es intelligent mit einem zweiten Bein ergänzt", mahnt Czekala.

Für den effizienten Verkauf von Systemlösungen braucht der Reseller den Zugang zu den Waren, also sein klassisches Standbein. Mit Handel, Beratung und dem IT-Engineering kann man sogar von einem Geschäftsmodell mit drei Beinen reden. Die meisten Reseller hätten 2015 bereits begonnen, auf dieses Modell umzuschwenken. Die anderen sollten sich laut Czekala schleunigst Gedanken hierzu machen.

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