Im Gespräch mit: Gabriel Meinhard, Tech Data

"Wir sind bereit, etwas zu bewegen. Darauf freue ich mich."

Uhr | Updated
von Marc Landis

Seit drei Monaten hat der Disti Tech Data in der Schweiz einen neuen Chef. Gabriel Meinhard. Kein Unbekannter im Schweizer IT-Channel. Fast 15 Jahre war er bei HP und veranwortete dort lange Jahre das Channelgeschäft. Nun war es für Meinhard Zeit für einen Wechsel. Was Meinhard an seiner neuen Funktion reizt, und was es als Managing Director beim Disti bewegen will, erklärt er im Gespräch.

(Quelle: Netzmedien)
(Quelle: Netzmedien)

Ich habe einmal nachgezählt: Sie haben insgesamt 15 Jahre bei HP gearbeitet. Können Sie sich überhaupt je wieder an einen anderen Arbeitgeber gewöhnen?

Gabriel Meinhard: (lacht) Ich war ja nicht 15 Jahre am Stück bei HP. Konkret war ich zwischendurch einmal acht oder neun Jahre weg und habe in der Distribution bei Also gearbeitet. In jener Zeit habe ich bewiesen, dass ich auch an einem anderen Arbeitsort erfolgreich arbeiten und mich wohlfühlen kann. Und auch innerhalb von HP hatte ich ja verschiedene Funktionen in den verschiedensten Divisionen. Und das ist bei HP manchmal auch fast so, als ob man das Unternehmen wechseln würde. Zudem war HP auch nach meinem Intermezzo bei Also, als ich zurückging, auch nicht mehr die gleiche Firma wie vorher, sondern die "New-HP" nach dem Merger mit Compaq und DEC. Ich traue es mir also durchaus zu, auch ausserhalb von HP erfolgreich zu sein. Ich freue mich sehr über meine neue Aufgabe bei Tech Data.

Wie war das, als Sie Ihrem Chef bei HP sagten, dass Sie zu Tech Data gehen?

Ich habe dem HP Country Manager und Chef Marcel Borgo immer ganz offen und transparent kommuniziert, dass ein solcher Schritt in meiner persönlichen Karriereplanung einmal anstehen könnte. Ich habe es ihm im Dezember, als es konkret wurde, vorzeitig gesagt. Ich meine, dies zeugt auch von einer gegenseitigen hohen Wertschätzung. Ich bin  ja in sehr gutem Einvernehmen aus HP ausgeschieden.

Kein Heimweh?

Doch, klar habe ich manchmal etwas "Heimweh". Vor allem nach den Kolleginnen und Kollegen, die mir dort über die Jahre ans Herz gewachsen sind. Mit vielen fühle ich mich auch weiterhin in Freundschaft verbunden, wie übrigens auch mit meinem damaligen Chef (lacht). Aber das ist ja normal, oder? Auch vermisse ich manchmal einige der vielen Talente, die ich in HPs Monitoring-Programm auf ihrem Werdegang begleiten durfte.

Warum sind Sie in der IT geblieben?

Mich interessiert die Branche. Sie ist sehr schnelllebig, sehr abwechslungsreich und getrieben von Innovationen. Das gefällt mir. Und über die vielen Jahre in der IT habe ich mir natürlich auch viele Kontakte und ein umfassendes Netzwerk aufgebaut, das ich in einer anderen Branche erst wieder neu aufbauen müsste.

Der Wechsel kommt für Sie auch zu einem günstigen Zeitpunkt. HP steckt in einer Reorganisation, auch in der Schweiz. Wer weiss, ob es Ihren Job da langfristig noch gegeben hätte …

Reorganisationen sind eine Tatsache, dies ist nicht nur bei HP so. Den Job zu wechseln, birgt Risiken, den Job nicht zu wechseln und sitzen zu bleiben, kann aber auch Risiken bergen. In meiner persönlichen Planung stand eine solche Position, wie ich sie nun bei Tech Data als Managing Director übernommen habe, schon seit einiger Zeit in meinem Development-Plan, und ich freue mich, dass es nun geklappt hat. Und übrigens: Meinen vorhergehenden Job als Director Technology Services bei HP gibt es noch – wurde doch gerade vor ein paar Wochen der Nachfolger angekündigt (lacht).

Warum sind Sie zu Tech Data gegangen?

Mein Wechsel war natürlich auch getrieben durch die Gelegenheit, dass die Stelle des Managing Directors bei Tech Data überhaupt frei wurde. Diese Jobs sind in der Schweiz rar. Was mich an der neuen Funktion reizt, dass es sich dabei um eine ganzheitliche Aufgabe handelt. Spannend finde ich, dass ich nun auch mit anderen Herstellern zusammenarbeiten kann. Vorher waren sie Mitbewerber, jetzt sind sie Partner. Auf diese neuen Beziehungen freue ich mich. Im Übrigen sind die Unterschiede zwischen den Aufgaben bei einem Distributor und denjenigen bei einem Hersteller nicht so gross, wie man auf den ersten Blick vermuten würde. Zumal ja HP und Tech Data beides amerikanische Unternehmen sind. Vieles ist hier bei Tech Data wie bei HP sehr ziel- und sehr quartalsorientiert. Zudem kann ich mein gesammeltes Branchenwissen der letzten Jahre einsetzen, ich meine, ich weiss, wie der Channel tickt. Ich will aber auch wieder hinzulernen. Die Distribution hat sich in den letzten Jahren auch gewandelt.

Was haben Sie in Ihren ersten 100 Tagen bei Tech Data seit Mai erlebt?

Ich traf ein hoch professionelles und sehr dynamisches Umfeld an und begegnete einigen Kollegen, die mir schon aus der Vergangenheit bekannt waren. In der kurzen Zeit haben wir im Managemement-Team schon ein recht gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut und diskutieren sehr offen miteinander über die Herausforderungen und über die verschiedenen Chancen, die sich uns im Distributionsgeschäft bieten. Ich kann sagen, dass ich gut gestartet bin und auch sehr gut aufgenommen wurde.

In welchem Zustand ist Tech Data?

Manfred war fast 14 Jahre in dieser Funktion tätig und meiner Meinung nach kann man nicht so lange an der Spitze eines Unternehmens stehen, wenn man es nicht gut macht. Das Unternehmen ist entsprechend in einem sehr guten Zustand, und es gibt keinen unmittelbaren Bedarf, alles komplett auf den Kopf zu stellen. Ich bin auch nicht der Typ, der ankommt und erst einmal alles kaputtschlägt. Das wäre auch falsch, denn viele Sachen sind sehr gut. Gewisse Dinge gibt es, die wir zusammen angehen müssen. Aber im Moment lerne ich vor allem noch. Und meine Kolleginnen und Kollegen helfen mir dabei vorbildlich. Wir müssen uns auch erst einmal aneinander gewöhnen. Aber das klappt schon sehr gut.

Was wollen Sie denn konkret ändern?

Ein grosses Anliegen ist mir das Talentmanagement. Ich will wissen, wer unsere Talente bei Tech Data sind und will diese gezielt fördern. So kenne ich es von HP, und das war dort etwas sehr Zentrales. Wir wollen die guten Leute bei uns entwickeln und sie langfristig bei uns halten. Zudem muss ein solider Businessplan die Schwerpunkte in unserem Geschäft aufzeigen. Um Ihre Frage nach den konkreten Zielen vorwegzunehmen: Jetzt ist es noch etwas zu früh, um darüber zu sprechen. Sie werden es aber erfahren, wenn es so weit ist. Ich kann Ihnen so viel sagen: Ich bin eigentlich ein recht gut strukturierter Mensch und mag es, wenn ich meine Aufgaben im Sinne des oben Erwähnten strukturiert mit meinen Kolleginnen und Kollegen angehen kann.

Ich frage trotzdem: Welche Pläne haben Sie mit Tech Data?

Wir werden versuchen, die Gelegenheiten, die sich uns bieten, zu nutzen. Im Mobile-Bereich sind wir in der Schweiz im Vergleich zu meinen europäischen Kollegen momentan eher schwach aufgestellt. Dies könnte eine Möglichkeiten sein, noch etwas forscher am Markt aufzutreten. Obwohl mir natürlich klar ist, dass gewisse Positionen bezogen sind und wir in diesen Geschäftsbereichen nicht von einem Tag auf den anderen zum Marktführer werden können.

Wie geht es dem HP-Geschäft bei Tech Data?

Das HP-Geschäft ist in einem guten Zustand. Es ist ein sehr wichtiges Geschäft für uns. HP ist sehr breit aufgestellt und hilft uns, vom Consumer- bis zum Value-Geschäft eine gros­se Bandbreite abzudecken. Wir haben aber schon noch Ambitionen. Aber nicht nur mit HP. Wir wollen mit unseren Key-Lieferanten gemeinsame Ziele definieren und die Zusammenarbeit auf eine möglichst solide Plattform stellen.

Wie läuft es mit der Value-Strategie?

Das Value-Geschäft ist ein People-Business. Und wir haben sehr gute Leute bei uns. Wir werden sicher weiter zielgerichtet investieren. Im Value-Geschäft will ich mit den wichtigsten Herstellern in diesem Markt wie IBM, HP, Cisco oder VMWare schön hart am Wind segeln. Auch wenn dieses Geschäft jetzt schon ganz gut läuft und wir einen guten Job machen: Ich bin nie ganz zufrieden. "Good is the enemy of great", hat jemand einmal gesagt. Das soll unser Ansporn sein, auch für die Zukunft.

Wie steht Tech Data in der Unterhaltungselektronik und bei Haushaltsgeräten da?

Bei der Unterhaltungselektronik stehen wir mit Philips gut da. Ich könnte mir auch vorstellen, weitere UE-Hersteller zu motivieren, mit uns zu arbeiten. Statt aber immer gleich an neue Marken zu denken, die wir aufnehmen könnten, müssen wir uns auch überlegen, wie gut der jeweilige Ausschöpfungsgrad bei den Herstellern ist, die wir bereits im Portfolio haben. So machen wir etwa bereits heute gutes Business mit Samsung oder Canon, könnten aber meiner Meinung nach noch viel mehr machen.

Welche Sortimente fehlen Ihnen noch?

Wir haben Augen und Ohren immer offen und sind bereit, interessante Marken neu in unser Portfolio aufzunehmen. Nicht nur Marken oder Hersteller können dabei im Fokus sein. Ich kann mir gerade im Zusammenhang mit dem Thema "Cloud" vorstellen, dass wir zum Beispiel als Lieferant einer Plattform auftreten und gemeinsam mit den Herstellern den Partnern spezifische Services anbieten werden.

Wie sehen Sie Tech Data im Wettbewerbsumfeld mit Also und Ingram Micro?

Wir wollen uns auf unsere Stärken konzentrieren und unsere Marktposition kontinuierlich ausbauen. Wir müssen die Regionen unterschiedlich betrachten. Wenn ich Tech Data in der Westschweiz anschaue, sind wir führend. Das soll uns ein Vorbild sein. Wir haben den Anspruch, über die ganze Schweiz hinweg vorerst mal die Position der soliden Nummer zwei weiter auszubauen.

Welche Highlights kann man von Tech Data dieses Jahr erwarten?

Die Highlights bei den Produkten können wir nicht steuern, sondern die werden uns von den Herstellern vorgegeben. Auf europäischer Ebene freuen wir uns, im Umfeld des Canalys-Events in Barcelona unseren Vendor Summit wieder durchzuführen. Das ist eine gute und grosse Sache für uns.

Warum sollten Reseller und Systeminte­gratoren mit Tech Data arbeiten?

Wir haben eine stabile Crew, verfügen über gutes Know-how und pflegen eine enge Zusammenarbeit mit Herstellern und Handel, sowohl im Volumen- wie auch im Value-Geschäft. Wir gehen auch aktiv raus in den Markt und warten nicht, bis das Telefon klingelt. Wir sind ganz nahe an unseren Herstellern und an unseren Handelspartnern. Dafür stehe ich ein.

Was ist Ihre Message an Ihre Kunden?

Wir wollen weiter an unseren Beziehungen arbeiten und die Zusammenarbeit mit ihnen festigen. Wir sind bereit, etwas zu bewegen. Darauf freue ich mich.

Welche Prognosen geben Sie für das IT-Restjahr 2013 ab?

Wir rechnen nicht mit Wachstum. Es wird harte Knochenarbeit.

Persönlich
Gabriel Meinhard ist 50 Jahre alt, verheiratet und Vater einer 12-jährigen Tochter. Er sagt von sich, er sei ein "atypischer Secondo" mit einer italienischen Mutter und einem Vater aus Österreich. Meinhard wuchs in Zug auf, wo die Familie auch heute noch zuhause ist. Nach dem HWV/FH-Abschluss war Gabriel Meinhard eine Zeit lang im Ausland und machte bei verschiedenen Konzernen wie Harris/3M, Also und HP Karriere. Er fährt gerne Ski, spielt im Sommer ("mehr schlecht als recht") Golf und verbringt seine Freizeit am liebsten mit der Familie und seinen Freunden. 

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