Nachgefragt

"Zu bleiben hiess: kämpfen"

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von George Sarpong

Es gibt Situationen, die werfen einen entweder aus der Bahn, oder man wächst an ihnen. So eine Geschichte erlebte im Herbst des vergangenen Jahres Norbert Kopp, Mitgründer und Geschäftsführer von Abo-Storage Distribution. Auch dank seiner Mitarbeiter ging er gestärkt aus der wohl grössten Krise seines Unternehmens hervor.

"Ich fühle mich jetzt sehr frei", sagt Norbert Kopp, Mitgründer und Geschäftsführer von Abo-Storage Distribution im Gespräch. Vor einem halben Jahr hätte seine Antwort wahrscheinlich anders gelautet. Damals hatte der Verwaltungsrat des Netapp-Distributors nach neuen Wegen gesucht, um das Geschäft weiterzuentwickeln. Gründe gab es einige: Mit Netapp hatte der Distributor seit seiner Gründung im Jahr 2007 hauptsächlich auf die Produkte eines grossen Herstellers gesetzt. Zudem waren, wie bei allen Herstellern, die Produktpreise erodiert. Damit einher gingen sinkende Margen.

Als Lösung sollte sich Abo-Storage diversifizieren. Ergänzende Angebote rund um das Netapp-Portfolio sollten das Geschäft breiter abstützen. Das sei grundsätzlich eine gute Idee gewesen, meint Kopp. Aber aus seiner Sicht hatte sich der Verwaltungsrat nicht fundiert beraten. Dennoch entschied der Verwaltungsrat – ohne sich mit dem Geschäftsführer abzustimmen. Ein Affront. Und es kam noch härter: Der Verwaltungsrat wollte einen neuen Geschäftsführer ernennen. Das Gremium plante den damaligen Channelverantwortlichen bei Netapp Schweiz, Gerold Eichkorn, an der Spitze bei Abo-Storage zu installieren, um sich mehr Netapp-spezifisches Know-how in das Unternehmen zu holen.

Team stärkte Kopp den Rücken

Kopps Aufgabenbereich wäre somit stark eingeschränkt worden. Auch hätte er seine Mitarbeiter nicht mehr führen können. "Eigentlich war der Moment der perfekte Auslöser für mich, um meine Situation zu überdenken", erklärt Norbert Kopp heute. Er stand am Scheideweg: sich auszahlen lassen, seine Sachen packen und gehen – oder sich gegen den Entscheid stemmen. Für Kopp war klar: "Zu bleiben hiess: kämpfen – für mein Baby Abo-Storage, für die Mitarbeiter und für unser Unternehmens-Set-up." Kopp wehrte sich. Dabei erfuhr er die Unterstützung seiner Mitarbeiter, für die der Entschluss des Verwaltungsrats aus heiterem Himmel gekommen war. Das Team wollte seinen Chef behalten und stellte sich hinter ihn. Wahrscheinlich dürfte der Widerstand der Mitarbeiter entscheidend dazu beigetragen haben, dass Kopp anschliessend die Unternehmensspitze neu ordnen konnte. Kopp agiert momentan als einziges Mitglied des Verwaltungsrats. Neue Mitglieder würden zwar gesucht, aber nicht vor dem nächsten Jahr bestellt. Momentan sei es wichtig, Ruhe in das Geschäft zu bringen.

Neues Standbein geplant

Wegen der Querelen in den letzten sechs Monaten musste sich Kopp Ziele für die weitere Entwicklung des Distributors überlegen, zusätzlich zu seiner 70-Stunden-Woche. Daraus ergab sich eine Strategie für die nächsten fünf bis sechs Jahre. Da ist das Kerngeschäft: die Distribution von Netapp-Produkten und der Ausbau der Partnerlandschaft. Ein Geschäft, das laut Kopp noch Luft nach oben hat. Ausserdem würden Services immer wichtiger. Kopps Antwort darauf lautet "Service Brokerage". "Mittelfristig soll Abo-Storage nicht mehr rein als Disti bekannt sein", gibt er die Richtung vor.

Unter dem Begriff Service Brokerage, also dem Handel mit Dienstleistungen, fasst Kopp die Vermittlung von Cloud-Diensten zusammen. Gehandelt wird mit den Angeboten der Abo-Storage-Partner, etwa Reseller, die zusätzlich zum Hardwaregeschäft auch Applikationen via Cloud anbieten wollen. Es kann aber nicht jeder einfach einen Dienst anbieten. Angebote werden anhand eines Kriterienkatalogs gefiltert und qualifiziert. Geprüft würden etwa Qualität des Rechenzentrums, aus dem heraus die Dienste angeboten werden, oder das Abrechnungsmodell. Abo-Storage wiederum berate Unternehmenskunden bei der Wahl der Angebote. Über das Modell soll der Fachhandel mehr Kunden ansprechen. "Statt ein bis zwei Kunden könnten Partner zehn bis zwanzig Kunden gewinnen", schwärmt der sonst so bodenständige Kopp.

Mit dem neuen Standbein soll Abo-Storage in Zukunft rund ein Fünftel seiner Erträge erwirtschaften. Hierfür engagierte das Unternehmen Daniel Wüst, der das Geschäft mit aufbauen soll. Einen genauen Zeitpunkt für den Start gibt Kopp nicht vor, denn er will mit dem Projekt nicht scheitern. Ausserdem, als sei es die Moral von der Geschicht': "Mir ist wichtig, dass zuerst unsere Mitarbeiter verstehen, um was es geht."

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