Marktübersicht

Mobilfunkmarkt hinter Erwartungen

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von Jasmine Hartmann und George Sarpong

Um gerade einmal ein Prozent ist der Absatz am Markt für Mobiltelefone zuletzt gestiegen. Smartphones erfreuen sich zwar grosser Beliebtheit, dennoch stagnieren die Stückzahlen auf dem Niveau vor drei Jahren.

Im zweiten Quartal dieses Jahres hat die Industrie 406 Millionen Mobiltelefone ausgeliefert. Ein Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor, wie Marktforscher IDC erklärt. Mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung befürchten Analysten, dass das schwache Wachstum vollends abgewürgt werden könnte. Besonders sorgen sie sich um die Entwicklung in den USA und in Europa.

Freude bereitet ihnen hingegen die Nachfrage in den Schwellenländern. Diese sei schon aufgrund der Grösse einiger dieser Länder, wie beispielsweise China, zu einem gewichtigen Faktor geworden. Doch wie viel wirtschaftliches Potential sie freisetzen können, muss sich noch zeigen. Dennoch erwarten die Marktforscher ein gleichmässiges Wachstum am Mobilfunkmarkt. Denn Handys spielen mittlerweile eine zentrale Rolle im Leben der Menschen. Dies bestätigt auch Ramon Llamas, Senior Research Analyst bei IDC: "Für viele Anwender ist das Mobiltelefon die grundlegende Verbindung zu anderen Menschen in der Welt."

Mit Schrotschuss zum Erfolg

Samsung ist inzwischen zum grössten Anbieter im Mobilfunkmarkt avanciert und bedient rund 30 Prozent des Marktes, weiss IDC und sieht den Grund für den Erfolg in Samsungs "Schrotschuss-Strategie". "Der Hersteller bietet eine Vielzahl an Varianten bestimmter Geräte an. Irgendeines wird dann schon den Geschmack des Kunden treffen." Auf diese Weise konnte Samsung Nokia bei den normalen Handys (sog. Feature Phones) verdrängen und Apple bei den Smartphones auf den zweiten Platz verweisen.

Dennoch habe auch Apple Erfolg; mit einer Strategie, die jener von Samsung diametral gegenüber steht: wenig Modelle mit klarem Profil. Dieser Überzeugung ist zumindest IDC-Analyst Kevin Restivo. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Apple verliert seit einem Jahr Marktanteile, während Samsung im Smartphone-Bereich um fast das Doppelte gewachsen ist.

Samsung und Apple haben im zweiten Quartal 2012 zusammen 108 Prozent der operativen Gewinne der weltweiten Handy-Branche erwirtschaftet, wie Analysten von Canaccord Genuity sagen. Mehr als hundert Prozent der operativen Gewinne sind insofern möglich, da der Analyse zufolge die Wettbewerber Research in Motion (RIM), Nokia, Motorola und Sony in diesem Zeitraum erhebliche operative Verluste verbucht haben.

Nur HTC konnte noch mit den beiden Platzhirschen mithalten und steigerte seinen Marktanteil leicht. HTC hat trotzdem keinen Grund zum Jubeln, da im letzten Quartal ein massiver Rückgang bei Umsatz und Gewinn verzeichnet wurde. Für die weiteren Hersteller zeigt die Analyse wenig Zuversicht. Solange Apple und Samsung den grössten Teil der Profite abschöpfen, können andere Anbieter kaum überleben.

Dieser Zustand dürfte sich so schnell auch nicht ändern. Die Analysten von Canaccord Genuity prophezeien Samsung mit dem Galaxy S III noch mehr Marktanteile. Und nach der Veröffentlichung des nächsten iPhones werde sich Apple ebenfalls noch steigern können. Mit den beiden chinesischen Herstellern Huawei und ZTE, die auf den Markt drängen, dürfte sich die Situation für die alteingesessenen Handyproduzenten noch zusätzlich verschärfen.

Wettbewerb wird härter

Künftig werde der Wettbewerb noch härter, warnt auch Analyst Restivo, denn der Markt für Smartphones kühlt sich ab. Im gemessenen Zeitraum wuchs der Markt für smarte Handys um 42,1 Prozent. Klingt nach viel, ist es aber laut den Autoren der Studie nicht, vielmehr sei es die niedrigste Wachstumsrate seit Ende 2009. Insgesamt lieferten die Anbieter rund 153,9 Millionen Smartphones aus. Die Analysten hatten mit gut einer Million mehr gerechnet.

Smartphones gefragter als PCs

2011 haben IT-Verkäufer aber zum ersten Mal mehr Smartphones als Client-PCs verkaufen können, wie die Analysten von Canalys in einer Studie feststellten. Im vierten Quartal 2011 lieferten  die Händler insgesamt 158,5 Millionen Smartphones aus. Ein Plus von 57 Prozent gegenüber den 101,2 Millionen Einheiten im entsprechenden Quartal des Vorjahres.

Damit sind über das ganze vergangene Jahr 487,7 Millionen Smartphones ausgeliefert worden. Im Jahr zuvor waren es noch 299,7 Millionen Stück. Damit können sich die Händler über ein Plus von 63 Prozent freuen.
Grosses Interesse an Tablets

Demgegenüber ist der PC-Markt im vergangenen Jahr um 15 Prozent auf 414,6 Millionen Einheiten gewachsen. Die Tablet-Auslieferungen haben dabei um 274 Prozent zugelegt. Tablet-PCs haben gemäss Canalys 15 Prozent aller Client-PC-Auslieferungen ausgemacht.

Vom Nischen- zum Massenprodukt

Wie Chris Jones, Vizepräsident und Chefanalyst von Canalys, in der Studie erklärt, haben seine Analysten im vergangenen Jahr einen Rückgang bei der Nachfrage nach Netbooks, Notebooks und Desktop-PCs festgestellt. Dies sei ein direktes Resultat des steigenden Interesses an Tablet-PCs. Jedoch hätten Tablets einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Märkte und das Volumen an gehandelten Smarthpones. Dass die Smartphones-Auslieferungen die Client-PC-Auslieferungen überholt hätten, sollte als signifikanter Meilenstein betrachtet werden. In einigen wenigen Jahren hätten es die Smartphones geschafft von einem Nischenprodukt zum einem Angebot für den Massen-Markt zu werden.

Dazu beigetragen habe auf der einen Seite, dass die Smartphones zu einem geringeren Preis verfügbar waren, auf der anderen Seite habe Canalys jedoch auch einen erhöhten Konsumentenappetit in Bezug auf Internetsurfen und andere Dienstleistungen auf mobilen Geräten festgestellt.
Markt wird langsam wachsen

Trotzdem vermuten auch die Analysten von Canalys, dass der Smartphone-Markt im laufenden Jahr nur langsam wachsen wird. Die Analysten rechnen damit, dass die Anbieter eine strengere Kostenkontrolle anstreben und den Fokus vermehrt auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Unternehmen richten werden.

Insbesondere Verkäufer wie Huawei, ZTE und LG, die sich im vergangenen Jahr darauf fokussiert hätten, das untere Ende des Marktes mit einer aggressiven Preispolitik zu bewirtschaften, würden nun ihre Aufmerksamkeit vermehrt auf das obere Ende richten. Canalys vermutet, dass einige Vorzeigemodelle die Preise nach oben treiben und somit die Margen verbessern werden.

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