Nachgefragt

Der Schweiz fehlt ein App-Ökosystem

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Im Juli dieses Jahres hat der Vorstand der Swiss Mobile Association Franco Monti zum neuen Präsidenten gewählt. Jetzt ­erklärt Monti, wie er die Schweizer App-Wirtschaft sieht und wie er sie mit seiner Arbeit unterstützen will.

(Quelle: Netzmedien)
(Quelle: Netzmedien)

120 Millionen Franken Umsatz, knapp 500 000 App-Entwickler und 1,2 Millionen Apps. Das sind die Kennzahlen der Schweizer App-Wirtschaft. Das sagt zumindest Franco Monti. Er ist seit Juli dieses Jahres Präsident der Swiss Mobile Association, kurz Smama.

Die Zahlen, die Monti nennt, stammen aus der Studie «App Economy Schweiz». Die erwähnten knapp 500 000 Anbieter umfassen auch internationale Firmen. Nicht nur Schweizer. Die Studie selbst ist nicht mehr ganz aktuell. Der Verband Smama gab sie 2015 in Auftrag. Studenten der Universität St. Gallen führten sie durch.

Es seien zwar grosse Zahlen, sagt Monti. «Aber das ist doch nichts. Da verdient ja niemand etwas.» Die Schweizer App-Wirtschaft sei noch ein sehr kleines Business. «Es geht komplett unter im Rauschen des Gesamtmarktes.»

Der Staat sollte die Schweizer App-Wirtschaft fördern

Die künftige Bedeutung von Apps sei jedoch immens. Warum passiert dann nicht mehr? Monti glaubt, dass der Schweizer App-Wirtschaft das passende Ökosystem fehle. Ein solches könne der Branche helfen, in Bewegung zu kommen. Zu diesem Ökosystem müssten die EPFL und die ETH Zürich gehören. Und staatliche Förderung. Etwa in Form von Steuerbefreiung. «Warum muss man die App-Start-ups besteuern?», fragt Monti. «Sie sind die Zukunft unserer Wirtschaft.»

Das Klima in der (App-)Schweiz sei ein Spiegel der Schweizer selbst. Vorsichtig konservativ, wie der Smama-Präsident sagt. «Das kann von Vorteil sein, aber im Umfeld der App-Entwicklung ist das kontraproduktiv.»

Doch die Schweizer App-Wirtschaft hat auch ihre guten Seiten. «Wir haben in der Schweiz extrem innovative Leute mit sehr spannenden Konzepten», sagt Monti. «Es gibt sehr schöne Schweizer Apps.» Fairtiq sei so eine. «Was die Entwickler hier geleistet haben, ist ein Meisterwerk.»

Die Macher von Fairtiq hätten alles richtig gemacht. Sie seien regional gestartet und würden sich erst jetzt ausdehnen. «Wenn sie es richtig anstellen, können sie die App auf die nächste Stufe heben. Dann können sie zur London-Tube gehen, zur Deutschen Bahn, zu jedem.»

Mit Fairtiq können Anwender Billette für den öffentlichen Verkehr kaufen. Die App berechnet jeweils den günstigen Tarif für die gefahrene Strecke. Der Anwender zahlt nach der Fahrt.

In der Schweiz läuft alles viel zu unterschwellig

Für Monti ist Fairtiq aber ein Einzelfall. In der Schweiz laufe alles viel zu unterschwellig, wenn es um Apps gehe. Die Öffentlichkeit bekomme zu wenig davon mit. Im «good old Silicon Valley» oder in Ländern wie Israel sehe das ganz anders aus. «Israel ist ein unglaublicher Ort», sagt Monti. Allein im Umfeld von Cybersecurity gebe es dort über 300 Start-ups. Mittel- bis langfristig werde sich wohl auch China zu einem der wichtigsten Schauplätze entwickeln. «In China gibt es eine unbändige Engineering- und Brainpower», sagt Monti.

Aber was nützt das den App-Entwicklern in der Schweiz? «Das Engineering einer App in solche Länder auszulagern, ist natürlich völliger Mumpitz», sagt Monti. «Eine App zu programmieren, ist relativ simpel.» Viel schwieriger sei die Backend-Integration.

Die Entwickler können also gar nicht davon profitieren? «Indirekt», sagt Monti. Durch den Einstieg dieser Länder in das Geschäft, werde das Thema in die breite Öffentlichkeit getragen. «Es wird virulent.»

Laut Monti sollten sich Schweizer Entwickler ohnehin eher regional statt international orientieren. Dort, wo sie einen persönlichen Bezug herstellen können.

Franco Monti respektive der Verband will die Entwickler dabei unterstützen. Monti will junge Entwickler und Start-ups an den Events, die der Verband regelmässig abhält, ins Rampenlicht rücken. Sie sollen sich an den Anlässen dem ganzen Verband vorstellen und nicht mehr stumm in den letzten Reihen sitzen.

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