ICT-Reseller-Index Dezember

Kein Weihnachtsgeschäft für Schweizer Reseller

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von Coen Kaat

Der ICT-Reseller-Index ist im vergangenen Dezember auf den tiefsten Wert des Jahres gefallen. Es ist ausserdem der tiefste Wert, seit Proseller den Index erhebt.

(Source: Cpro / Fotolia.com)
(Source: Cpro / Fotolia.com)

Im November sah es noch so aus, als ob das vergangene Jahr mit dem Vorjahr gleichziehen könnte. Nachdem der ICT-Reseller-Index von Proseller im vierten Quartal immer stärker wuchs, lag der kumulierte Jahreswert nur noch 1 Prozent hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Doch dann kam der Dezember – jedoch ohne Weihnachtsgeschäft. Dieses scheint bei den Schweizer Resellern fast vollständig ausgefallen zu sein, wie Proseller mitteilt.

Im letzten Monat des vergangenen Jahres fiel der Index deutlich auf einen Wert von 59,6 Punkten. Damit lag der Index 15 Prozent unter dem Vergleichswert im Vorjahr und 20 Prozent unter dem im Vormonat.

(Source: Proseller)

Der Index fiel damit nicht nur auf den tiefsten Wert in diesem Jahr. Dezember 2017 markiert den tiefsten Wert seitdem Proseller den Index erhebt, wie Thomas Czekala, Verwaltungsrat bei Proseller und Verfasser des Index, in der Mitteilung schreibt.

Durchwachsen - aber stabiler

Die Lücke zum Vorjahr nahm dadurch wieder zu: insgesamt lag das Jahr 2017 somit fast 2 Prozent hinter dem Vorjahr zurück, wenn man sämtliche Monatswerte kumuliert betrachtet. Sieben Monate lagen über dem Vergleichswert im Vorjahr, fünf darunter.

Somit sei das vergangene Jahr zwar durchwachsen gewesen, schreibt Proseller. Aber auch deutlich stabiler als die Vorjahre. 2017 unterlag das Reseller-Geschäft laut Mitteilung einer geringeren Saisonalität und auch weniger punktuellen Störungen.

Die Standardabweichungen der einzelnen Tageswerte gegenüber den Vergleichswerten im Vorjahr liegt laut Mitteilung 24 Prozent tiefer – und 40 Prozent tiefer im Vergleich zu 2015.

Mengenrabatt ist Geschichte

Wie Czekala auf Anfrage mitteilt, gibt es mehrere Effekte, die sich in den letzten Jahren stark verändert haben und so dazu beitrugen, dass Volatilität, Saisonalität und auch das Weihnachtsgeschäft abnahmen.

"Früher wurden Einkaufsentscheidungen aufgrund von längeren Bestellprozessen, Lieferzeiten und aufwändigeren Such- und Auswahlverfahren mehr gebündelt, beziehungsweise führten über Verhandlungen dann zu Rabattgesprächen", sagt Czekala.

Damals konnten Kunden mit höheren Bestellmengen deutlich bessere Konditionen herausholen. "Das ist Geschichte", sagt der Verwaltungsrat. Heute müssten schon für geringe Rabatte sehr grosse Mengen bestellt werden. Diese grossen Mengen würden gemäss Czekala aber auf keinen normalen Bedarf passen.

Exzessive Rabattschlachten verdrängen Weihnachten

Gerade in der Vorweihnachtszeit spiele ein weiterer Faktor eine wichtige Rolle: die exzessiven Rabattschlachten der grossen Retailer und Onlinehändler. Gemeint sind Aktionen wie etwa Black Friday oder Cyber Monday.

Die grossen Player profitieren hier sehr bewusst von ihrer Grösse: sowohl bei den Mengen- als auch bei den Einkaufsvorteilen. "Schweizer Reseller, die hier immer weniger mitmachen können, fallen aus diesem Spiel nun heraus", sagt Czekala.

Zudem würden sich die üblichen «Dezember-Fieber-Einkäufe», wie Czekala es formuliert, verlagern. Dabei handelt es sich um die Einkäufe der Kostenstellenleiter, die ihr offenes Budget noch im laufenden Restjahr nutzen wollen, um es nicht zu verlieren.

Die Fieber-Einkäufe gebe es zwar weiterhin. Aber diese Gelder würden nun eher für Service-Dienstleistungen als für die Bevorratung von Produkten genutzt. "Schnell alternde Hardware verliert mit jedem Monat an Wert und Budget verschenken will keiner", sagt Czekala. "Ein Guthaben für Services ist auch länger werthaltig und kann dagegen noch flexibler eingesetzt werden."

Verkaufspreise steigen fast überall

Czekala geht aber trotz des kumulierten Rückstands davon aus, dass bei vielen Resellern der Jahresumsatz von 2017 höher ausfiel als im Vorjahr. Denn im vergangenen Jahr konnten sie pro verkauften Artikel einen um 10,3 Prozent höheren Preis verbuchen, wie er in der Mitteilung schreibt.

(Source: Proseller)

Insbesondere in den Kategorien "Storage", "Komponenten" und "Andere" legten die Preise deutlich zu. In allen drei Bereichen war der Anstieg überdurchschnittlich: 15,6 Prozent bei "Storage", 21 Prozent bei "Komponenten" und 66,3 Prozent bei "Andere".

Die Preise stiegen jedoch nicht in allen Produktkategorien. In den Bereichen Peripherie, Zubehör und Software sanken die durchschnittlichen Verkaufspreise um 7,8 Prozent, 10 Prozent beziehungsweise 17,1 Prozent.

Wer nicht aktiv ist, wird gefressen

Für Czekala ist klar, dass die aktuellen Entwicklung eine Veränderung in der Geschäftsstruktur erkennen lassen. B2B-Kunden und anspruchsvolle B2C-Kunden lösen zunehmend das früher nicht unerhebliche B2C-Volumengeschäft, wie es in der Mitteilung heisst.

Mit dieser Erkenntnis könnten sich Reseller besser auf die Bedürfnisse der verbliebenen Kundschaft einstellen. Denn diese habe klare Erwartungen an eine partnerschaftliche Beziehung.

Eine enge Verzahnung könnte das Geschäft etwa beflügeln. Mögliche Verzahnungen sind gemäss Czekala etwa eine feste Schnittstelle zum ERP-System des Kunden, sowie als App auf dessen Smartphone oder in der Kontaktliste auf Xing und Linkedin präsent sein. "Wer hier nicht aktiv mitspielt, der verliert zunehmend an Sichtbarkeit und wird von den vier Trends oben gefressen", sagt er.

Zufriedene Mitarbeiter für gute Geschäfte

Nicht alle Massnahmen sind jedoch technischer Natur. Auch ein stabiler Mitarbeiterstamm sei förderlich für das Geschäft. "Auch wenn alle von einer digitalen Zukunft sprechen, so kaufen Menschen immer noch von anderen Menschen", sagt Czekala.

"Insbesondere, wenn es sich um wichtige Produkte und Services handelt." Hier wünsche sich der Kunde weiterhin eine persönliche, belastbare Beziehung. "Bei Problemen ist es einfacher, den Menschen zu greifen, als sich mit einer Plattform wie Amazon zu streiten", sagt Czekala.

Thomas Czekala, Verwaltungsrat bei Proseller und Verfasser des ICT-Reseller-Indexes. (Source: Proseller)

Wer für wichtige Einkaufsentscheidungen keine guten Mitarbeiter hat, welche die Kunden kennen und auf die sie sich verlassen können, werde austauschbar. Wie Reseller ihren Mitarbeiterstamm stabil halten können? «Hier gelten alle Regeln des üblichen Good-Managements: Gutes Klima, guter Chef, gute Entwicklungsmöglichkeiten, faire Bezahlung und so weiter.»

Czekalas Handlungsempfehlung an Reseller im Januar

Investieren. "2018 müssen Reseller noch mehr Energie in den Aufbau von Qualität stecken", sagt Czekala. Etwa in eine bessere Verzahnung mit den Kunden oder in die Qualifizierung und Bindung seiner Mitarbeiter. "Wer heute noch über Marge verkauft, ist sehr kurzfristig weg", sagt er.

Reseller müssten in Prozesse, Technik und Automatisierung investieren. Hierzu sei es auch nötig, mögliche Kooperationen mit Partnern zu prüfen oder sich mit anderen Resellern zusammen zu schliessen.

«Lieber ein kleines Stück von einem grossen Kuchen mit Zukunft sein, als ein grosses Stück von etwas sehr Kleinem ohne Zukunftsperspektive», sagt Czekala.

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