ICT-Reseller-Index Januar

Reseller müssen sich warm anziehen

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von Coen Kaat

Zum Jahresauftakt ist der ICT-Reseller-Index auf Rekordtief gefallen. Thomas Czekala von Proseller erklärt, warum es höchste Zeit zum Umdenken ist, und wie sich Schweizer Reseller für die kalte Jahreszeit rüsten können.

(Source: Pixabay / CC0 Creative Commons / rihaij)
(Source: Pixabay / CC0 Creative Commons / rihaij)

Im vergangenen Dezember war der ICT-Reseller-Index von Proseller auf einen historischen Tiefstwert gerutscht. Im Januar ist der Index nun sogar noch tiefer gefallen. Mit einem Wert von 58 Punkten liegt der Januar-Wert 3 Prozent unter dem Vergleichswert des Vormonats – und 24 Prozent unter dem des Vorjahres, wie Proseller mitteilt.

(Source: Proseller)

Der ICT-Reseller-Index soll die aktuelle Lage im Schweizer Reseller-Geschäft festhalten. Er basiert auf den anonymisierten Suchaktivitäten der Reseller über die Concerto-Software-Suite – rund 20'000 Abfragen pro Tag gemäss Proseller. Insgesamt repräsentiere der Index dadurch ein Einkaufsvolumen von rund 1,5 Milliarden Franken.

Trotz der aktuellen Lage seien die Reseller jedoch weiter optimistisch. Viele würden derzeit mit Wachstum rechnen und Personaleinstellungen planen. "Die beiden letzten Monate waren sicher nicht erfreulich, aber man kann daraus lernen und sich zukünftig besser aufstellen", sagt Thomas Czekala, Verwaltungsrat bei Proseller und Verfasser des Index.

Zwei Negativ-Rekorde in Folge seien zwar nicht nichts. Aber auch kein Grund, trüb in die Zukunft zu blicken. "Es ist wie bei Wetter und Klima", sagt er. "Nur weil es mal zwei kalte Wintertage gegeben hat, heisst das nicht, dass das Klima nun in Richtung Eiszeit wechselt."

Auch gab es durchaus Positives zu berichten zum Jahresauftakt. So stiegen die durchschnittlichen Verkaufspreise pro Artikel um 13,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Bereich Software sogar um 35,9 Prozent. Der Bereich Software sei aber so klein, dass dieser punktuelle Trend im Channel kaum ins Gewicht fallen werde.

"Es wird von der Menge her zwar weniger Ware über den Reseller bezogen", sagt Czekala. "Wenn dann aber Ware bezogen wird, dann ist diese im Durchschnitt höherwertiger." Czekala schliesst daraus, dass die Rolle des Resellers mit zunehmendem Fokus auf Beratung auch zunehmend von den anspruchsvollen Kunden honoriert werde. Insgesamt könne das Dienstleistungsgeschäft den schwächelnden Handel überkompensieren.

Der Reseller agiert zunehmend in der Nische

Das zeige aber auch, wie dringend Reseller umdenken müssten. Wer nicht professionalisiert, den wird es bald nicht mehr geben. Grosse verdrängen Kleine und Volldigitalisierte die weiterhin manuell Arbeitenden, schreibt Proseller in der Mitteilung. Ohne eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft würden einige Reseller in den nächsten Stürmen wohl untergehen. Insbesondere in den üblichen Rabattmonaten scheide der Reseller sonst aus dem preissensiblen Volumengeschäft aus, sagt Czekala.

"Neu ist für den ICT-Reseller, dass er zunehmend in einer Nische agieren muss, die einer anderen Logik folgt als die bislang bekannte", sagt Czekala. "Aufgrund seiner im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern geringen Einkaufsmenge kann der Reseller nicht mehr im Preiskampf bei standardisierten Massenartikeln bei den Kunden punkten."

Diese Tendenz sollten sich auch die IT-Dienstleister zu Herzen nehmen, schreibt Proseller. Schuld seien Freelancer-Teams aus dem Ausland, etwa Weissrussland, Serbien, Indien oder Polen. "Die angebotenen Freelancer-Teams sind oft gar nicht einzelne Freelancer, sondern Teile von spezialisierten, hochgradig professionellen IT-Dienstleistungs-Konzernen", sagt Czekala. Deren Vertriebskonzept bestehe darin, skalierbare Projektteams zu verkaufen, um etwa in der Schweiz gegen die lokalen IT-Dienstleister anzutreten.

Dies ist in anderen Branchen schon seit Jahren üblich. Und wie in den anderen Branchen würden die Schweizer Fachkräfte durch "oft unnötige Individualisierung der Leistung und durch die Erzeugung von Intransparenz in der Erstellung und Dokumentation ihren Claim schützen". Aber: "Auf Dauer ist dies zum Scheitern verurteilt", sagt Czekala.

Denn auch bei IT-Dienstleistungen nehme die Transparenz zu. "Aufgaben werden zunehmend systematisch in kleinere Module zerteilt, die dann im Massenbetrieb industriell durch einfacher ausgebildete und günstigere Arbeiter an beliebigen Orten ausgeführt werden können", sagt Czekala. Die Preise für diese Standard-Arbeitspakete würden so immer transparenter und für Projektleiter als Massstab wahrgenommen.

Wechselwirkung zwischen Wetter und Wirtschaft

Interessanterweise scheint der ICT-Reseller-Index im Monat Januar auch mit dem Wetter zu korrelieren. "Der Zusammenhang von Wetter und Wirtschaft wird in der heute scheinbar allmächtigen Technikwelt oft ignoriert. Es lohnt sich aber, hier sensibel zu bleiben", sagt Czekala.

Auf Tagesbasis brach der Index bei den drei grossen Stürmen vom Januar – Burglind, Evi und Friederike – jeweils spürbar ein. Über einen kausalen Zusammenhang könne Czekala aber nur spekulieren.

"Die Stürme waren für die Schweizer sehr ungewöhnlich und wer nicht unbedingt musste, ist wohl nicht aus dem Haus gegangen", sagt Czekala. "Allein schon die Zeit, die mit der Sichtung von Nachrichten und der Klärung der Situation von Verwandten verbracht wurde, fehlte, um das 'Daily-Business' zu betreiben." Zudem seien auch viele Strassen aufgrund von Sturmschäden gesperrt gewesen. Diese eingeschränkte Bewegungsfreiheit habe auch die Geschäftstätigkeiten belastet.

Thomas Czekala, Verwaltungsrat bei Proseller und Verfasser des ICT-Reseller-Indexes. (Source: Proseller)

Czekalas aktuelle Handlungsempfehlung für Reseller im Februar

Seid, was ihr verkauft! Erfolgreiche Reseller, erklärt Czekala, bauen ihren Erfolg auf Kundenbeziehungen und Leistungspartnerschaften auf. Um dies umzusetzen, müssten Reseller zwei Aktivitäten anstossen. Wer nicht beide Wege berücksichtige, werde es künftig immer schwerer haben, Kunden zu gewinnen und zu halten.

1. Reseller müssen ihre eigenen Prozesse stärker automatisieren, also die digitale Transformation selber leben. "Wer zukünftig als Reseller noch manuell Bestellungen ins System eingibt, wird nicht genug Zeit haben, um sich um den Kunden zu kümmern", sagt Czekala. Allein schon der Glaubwürdigkeit wegen würde der Kunde manuelle Tätigkeiten des Resellers auf Dauer nicht mehr sehen wollen.

2. Reseller mit weniger als 50 Mitarbeitern müssen sich über kurz oder lang mit anderen Resellern zusammenschliessen. Sonst werde es ihnen an fachlicher Breite und Tiefe fehlen. "In wieder grösseren Schwarm-Strukturen kann es eine sinnvolle Spezialisierung geben, die unbedingt nötig für professionelle, preislich wettbewerbsfähige Projekte ist", sagt Czekala.

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