Interview mit Marc Lenzin, Director of Channel Organization

Wie Dell EMC seine Partner fit trimmen will

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Vor rund sieben Monaten hat Marc Lenzin die Leitung des Channels bei Dell EMC Schweiz übernommen. Zuvor arbeitete er fast 20 Jahre lang für IBM. Im Interview spricht er über seine Pläne, seine Leidenschaft und darüber, warum dem Channel ein bisschen Militär guttun könnte.

Marc Lenzin, Director of Channel Organization, Dell EMC Schweiz. (Source: Netzmedien)
Marc Lenzin, Director of Channel Organization, Dell EMC Schweiz. (Source: Netzmedien)

Kann es sein, dass Sie ein Doppelleben führen? Tagsüber Channel-Chef, nachts Militärhistoriker?

Marc Lenzin: So weit würde ich nicht gehen. Militärgeschichte ist zwar meine grosse Leidenschaft. Seit 2015 schreibe ich für die Zeitschrift "Schweizer Soldat". Pro Jahr publiziere ich etwa zwei bis drei Beiträge. Das mache ich allerdings freiberuflich, als Ausgleich zur Arbeit.

Panzer sind Ihr Spezialgebiet. Was fasziniert Sie daran?

Im Militär war ich bei den "Gelben", also bei den Panzertruppen, und hatte verschiedene Führungsrollen innerhalb einer Panzer-Grenadier-Kompanie. Später diente ich als Nachrichtenoffizier S2 im Stab eines Panzer-Bataillons. Dort ging es darum, die feindlichen Möglichkeiten zu beurteilen. Ich beschäftigte mich also viel mit mechanisierten Truppen. Zudem begeistert mich die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Da spielten Panzer eine wichtige Rolle.

Sehen Sie Parallelen zwischen dem Channelgeschäft und ­einem Panzerbataillon?

Der grösste gemeinsame Nenner dürfte wohl die Strategie sein. Im Channel wie auch im Militär gilt: Nur wer vorausdenkt und sich gut organisiert, kann sich durchsetzen. Vieles hängt davon ab, wie man seine Mitarbeiter führt. Und auch im Channel geht es kämpferisch zu. Da kann man sich schon fragen: Wie stelle ich mich auf und wem gilt meine Loyalität?

Ihre Loyalität galt fast 20 Jahre lang IBM. Vor rund sieben Monaten wechselten Sie zu Dell EMC. Wie kam es dazu?

Es gibt zwei Gründe, einen persönlichen und einen beruflichen. Ich wollte schon lange eine Auszeit nehmen und mit meiner Frau nach Spanien und Portugal reisen. Diesen Wunsch erfüllten wir uns im vergangenen Jahr. In beruflicher Hinsicht wollte ich etwas Neues in Angriff nehmen. Nach so langer Zeit bei einem Arbeitgeber reizte es mich, eine neue Herausforderung anzupacken.

Sie wussten, dass Ihre neue Aufgabe schwierig wird. Warum gaben Ihre Vorgänger so schnell auf?

Diese Frage kann ich nicht beantworten. Welche Pläne meine Vorgänger hatten und warum sie die Firma verlies­sen, weiss ich nicht. Und ich muss gestehen, dass ich mich nicht wirklich damit befasst habe.

Sie haben vor, zu bleiben?

Auf jeden Fall. Mein Lebenslauf zeigt, dass ich nicht viel hin und her wechsle. Wenn ich etwas anpacke, dann ziehe ich es auch durch. Das entspricht meinem Naturell. Ich will bei Dell EMC etwas aufbauen und später die Früchte ernten. Ich werde nicht etwas anreissen, davonspringen und ignorieren, was ich hinterlasse. Eine Channelstrategie kann man nicht nach drei Monaten abhaken und schon Resultate präsentieren. So etwas braucht Zeit.

Was braucht es sonst noch?

Wer im Channel erfolgreich sein will, braucht Leidenschaft. Das ist für mich das Wichtigste. Dann braucht es sicherlich auch Ausdauer. Denn ein Channel-Chef muss auch die Rolle eines Botschafters erfüllen, als Trusted Advisor ein Gefühl der Kontinuität vermitteln können. Im Channel von IBM habe ich in den vergangenen acht Jahren viele Höhen und Tiefen erlebt. Es gab viele Reorganisationen. Aber es gab in diesen acht Jahren eine Konstante: mich.

Wie haben Sie sich bei Dell EMC eingelebt?

In den ersten drei Monaten verschaffte ich mir einen Überblick. Ich führte erste Gespräche mit Partnern, Distributoren und Mitarbeitern. Ich wollte wissen, wie die Channelorganisation aufgestellt ist, insbesondere innerhalb des Unternehmens.

Wie lautete Ihr erstes Fazit?

Wir haben einen guten Channel und ein Weltklasse-Partnerprogramm, eine gute Basis. Aber es gibt noch Luft nach oben.

Wo liegt die grösste Baustelle?

Die Herausforderung besteht darin, die Channelorganisationen von zwei sehr unterschiedlichen Unternehmen zusammenzuführen. Das Partnerumfeld von Dell EMC ist sehr heterogen. Da gibt es den E-Tailer, der Produkte über einen Onlineshop verkauft, den klassischen Reseller, der Projektgeschäfte macht und immer mehr zum Service­provider mutiert. Und natürlich die ganz grossen Partner, etwa Systemhäuser, die High-End-Storage-Systeme implementieren.

Die Vertriebswege von Dell und EMC könnten kaum unterschiedlicher sein. Immerhin macht Dell fast nur Direkt­geschäfte.

Dell ist im Direktgeschäft gross geworden. Das ist tief in der Firmenphilosophie verwurzelt. "Nimm den Zwischenhandel raus, lass uns das selbst machen", hiess es in den Büchern von Michael Dell. In den 1980er- und frühen 1990er-Jahren funktionierte das gut. Später gab es viele strategische Schwenker, mal mehr über den Channel, dann wieder mehr Direktgeschäft. Das verunsicherte das Partnerumfeld. Allmählich findet jedoch ein Umdenken statt und das Vertrauen kehrt wieder zurück.

Doppelspurigkeiten und Silo-Denken sind also kein Thema?

Es gibt noch ein paar Hürden zu meisten, doch die Stossrichtung ist allen klar: Wir müssen weiter über den Channel zusammenwachsen. Wenn etwa Michael Dell über seine Wachstumsziele spricht, dann weiss er ganz genau, dass er sie nicht ohne den Channel erreichen kann. Dell EMC wird also mehr und mehr in den Channel wachsen.

Wie wollen Sie das anstellen?

Typisch militärisch: Ich stellte eine Strategie auf die Beine. Genauer gesagt, auf drei Beine. Erstens werden wir unsere Partnerlandschaft weiterentwickeln. Zweitens wollen wir unsere Partner besser ausbilden und sie mit unserem Partnerprogramm stärker unterstützen. Drittens möchten wir gemeinsam die Nachfrage ankurbeln. Im ersten Punkt geht es darum, unser Up- und Cross-Selling-Potenzial besser zu nutzen. Wir müssen schliesslich die richtigen Partner an Bord haben, um unsere Wachstumsziele zu erfüllen.

Was springt für Ihre Partner dabei heraus?

Sie wachsen mit uns mit. Hinzu kommt der zweite strategische Pfeiler: Wir unterstützen unsere Partner dabei, ihr Geschäftsmodell zu verbessern und neue Skills zu lernen.

Wie genau unterstützen Sie Ihre Partner?

Zunächst überzeugen wir sie davon, dass sich die Investition lohnt. In der Regel ist das der einfache Teil. Dann geht es darum, die Schulungen in die Geschäftspläne der Partner einzubauen. Hierfür wollen wir unser Ausbildungsangebot ausbauen und flexibler gestalten. Die wahre Kunst ist es aber, Nachfrage zu schaffen.

Wie soll das funktionieren?

Demand Generation – das ist für mich die Kür. Nachdem wir unsere Pflicht erfüllt und unsere Partner gut ausgebildet haben, kommt der schwierigste Teil. Dann sollten unsere Partner ihre Umsätze steigern, und zwar mit möglichst vielen Komponenten von Dell EMC. Das ist allerdings nicht ganz einfach.

Wo liegt das Problem?

Wir müssen die Partner näher an uns binden. Sie sollen sozusagen zum verlängerten Sales-Arm von Dell EMC werden.

Wie stellen Sie sich das konkret vor?

Im Enterprise-Geschäft haben wir angefangen, bestimmte Partner in ausgewählte Kundenprojekte miteinzube­ziehen. Und zwar bei der Account-Planung. Da bespricht man gemeinsam mit dem Kunden, wo bei ihm der Schuh drückt, was wir ihm anbieten könnten. Das funktioniert nur, wenn sich alle Beteiligten gegenseitig vertrauen. Bis jetzt haben wir damit sehr positive Erfahrungen gemacht.

Inwiefern kurbelt das die Nachfrage an?

Wir zeigen dem Kunden neue Wege auf. Der Partner bringt etwas mit, was wir nicht haben. Etwa Beziehungen oder Know-how. Das gilt natürlich auch umgekehrt. Ich sehe das vor allem als taktische Massnahme. Ein weiteres Feld ist der ganze Co-Marketing-Ansatz, der gespeist wird aus dem sogenannten Marketing-Development-Fund.

Wer kann auf diesen Fonds zugreifen?

Unsere Metall-Partner. Das sind jene, die einen Gold-, Platinum- oder Titanium-Status haben.

Was braucht es, um in diesen Kreis aufzusteigen?

Um einen Metall-Status zu erreichen, muss ein Partner mit unseren Produkten einen Jahresumsatz von mindestens 500 000 Franken erzielen.

Wie betreuen Sie ihre Authorized-Partner?

Die werden in der Schweiz von unseren vier Distributoren Alltron, Datastore, Ingram Micro und Tech Data betreut – und von einem Sales-Team in Casablanca, Marokko.

Was sind die langfristigen Ziele Ihrer Strategie?

Wir wollen unsere Produktpalette übersichtlicher gestalten, und zudem sollen die Partnerportale eines Tages zu einer Schnittstelle zusammenwachsen. Ziel ist es, dass die Partner auf ein Dashboard zugreifen können, wo sie alles unter Kontrolle haben. Key Performance Indicators, das Managementsystem, Deal-Registrierungen: alles auf einen Blick. Dorthin soll die Reise gehen. Vor uns liegt allerdings noch ein weiter Weg.

Wie sieht Ihr Zeitplan aus?

Ich werde meine Strategie über die nächsten zwei Jahre hinweg vorantreiben – und nicht davon abweichen. Es wird sicherlich ein Feintuning geben. Aber die Eckpunkte stehen fest.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an die Channelpartner?

Ich möchte mich bei allen Partnern und Distributoren für das bisher entgegengebrachte Vertrauen in Dell EMC bedanken. Getreu dem Motto "Simple, Predictable, Profitable" unseres Partnerprogramms freue ich mich auf die vielen spannenden Geschäftsmöglichkeiten, die der Markt uns bietet. Auf eine tolle Zukunft – lassen Sie uns gemeinsam wachsen und gemeinsam feiern!

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