Gartner-Event

Was Banken zum Sprung in die Public Cloud drängt

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Gartner hat in seinen Zürcher Büros einen Vortrag über Banken und die Cloud organisiert. Der Marktforscher schätzt, dass bereits ein Viertel aller Finanzinstitute IT-Services aus der Cloud bezieht. Der nächste Trend: Kernbankensysteme aus der Public Cloud.

Vittorio D'Orazio, Research Director, Gartner. (Source: Netzmedien)
Vittorio D'Orazio, Research Director, Gartner. (Source: Netzmedien)

Was die Cloud angeht, zeigen sich Banken traditionell zurückhaltend. Kritiker mahnen zur Vorsicht und verweisen auf Sicherheitsbedenken, Datenschutzregeln oder technische Fragen zu Latenzzeiten und Konnektivität. Inzwischen weht jedoch ein anderer Wind. "Wir sehen, dass die Banken mehr und mehr auf die Cloud setzen", sagte Vittorio D'Orazio, Research Director bei Gartner, an einer Präsentation in den Zürcher Büros des Marktforschungsunternehmens.

Grund für das Umdenken sei unter anderem der zunehmende Kostendruck. "Das Private Banking ist im Aufruhr", sagte D'Orazio. Vor allem kleine Vermögensverwalter müssten umdenken, weil sie zunehmend ineffizient wirtschaften. Und im internationalen Vergleich schneiden Schweizer Banken mittlerweile schlecht ab, was das Verhältnis von Aufwand und Ertrag betrifft, wie D'Orazio unter Berufung auf KPMG-Zahlen erklärte. Da liege es auf der Hand, dass hiesige Finanzinstitute versuchen würden, mittels Cloud-Services die Betriebskosten zu senken und Erlöse zu steigern.

Politik und Cloud-Giganten ebnen den Weg

Dass Banken ihre anfängliche Angst vor der Cloud verlieren, sei auch der Politik zu verdanken. "Jedes Mal, wenn ein Finanzregulator Richtlinien für die Cloud publiziert, schiessen die Cloud-Ausgaben der Banken in die Höhe", sagte D'Orazio. Jüngst habe etwa die Europäische Bankenaufsichtsbehörde einen wichtigen Meilenstein gesetzt. Im März publizierte sie Empfehlungen zur Auslagerung an Cloud-Anbieter (PDF), um Banken die Zusammenarbeit mit Cloud-Providern zu erleichtern.

Die Cloud-Adoption im Finanzwesen hänge jedoch nicht nur vom regulatorischen Umfeld ab, sondern auch von den Cloud-Anbietern. "Dass Microsoft ab 2019 auch hierzulande hostet, ist ein interessanter Schachzug", sagte D'Orazio. Denn im Schweizer Markt würde kein Vermögensverwalter auch nur daran denken, Daten ins Ausland zu übertragen. Mit dem hiesigen Datenstandort dürfte Microsoft also dazu beitragen, dass auch die Schweizer Finanzbranche die Cloud für sich entdeckt.

Public Cloud soll zum Mainstream werden

Weltweit würden Finanzinstitute bereits 26 Prozent ihrer IT-Services aus der Cloud beziehen, zitierte D'Orazio aus einer aktuellen Gartner-Studie. Davon kämen 16 Prozent aus Private Clouds und 10 Prozent aus Public Clouds. On-Premise-Installationen würden noch 49 Prozent aller IT-Ressourcen in der Finanzbranche ausmachen. Die restlichen 24 Prozent entfielen auf Colocation-Angebote.

Der On-Premise-Anteil schrumpfe schnell. Derweil zeige der Trend in Richtung Public Cloud. "In drei Jahren wird die Public Cloud in der Finanzbranche schon als Mainstream gelten", sagte D'Orazio. Vor allem im Front-end werde derzeit viel nach AWS und Azure migriert. Aber selbst bei Kernbankensystemen sei der Schritt dorthin kein Tabu mehr. "Gemäss unseren Daten sind bereits 4 Prozent aller Core-Banking-Systeme in der Public Cloud", sagte D'Orazio.

Hybrid Cloud: "Schlechteste aus beiden Welten"

Die Frage, ob Public, Private oder Hybrid Cloud, sei abhängig von der Risikostrategie einer Bank. "Die meisten Kostenvorteile bietet aber ganz klar die Public Cloud", sagte D'Orazio. Deswegen sieht Gartner die Public Cloud im Banking als "the next big thing". Private Clouds würden zwar mehr Agilität versprechen, "doch sie bringen keine Kostenersparnisse", sagte D'Orazio.

Von hybriden Clouds riet der Referent ab. "Die Hybrid Cloud ist zwar ein interessanter Ansatz, macht aber für Banken kaum Sinn", sagte er. Hybride Clouds würden zu viel Komplexität erzeugen und unter dem Strich nur das "Schlechteste aus beiden Welten" verbinden. Auf dem Weg in die Cloud gelte also auch für eine Bank die Devise: entweder ganz oder gar nicht.

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