Marktbericht

Die grossen Software-Player drängen in den Digital-Signage-Markt

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von Florian Rotberg, Unternehmensinhaber Invidis Consulting

Im letzten Jahr hat sich auf dem Digital-Signage-Markt viel getan. Florian Rotberg, Unternehmensinhaber von Invidis Consulting, beschreibt im Marktbericht, wie das Wachstum zurückging, Silos eingerissen werden und bestimmte Produkte einen zweiten Frühling feiern können.

(Source: SeanPavonePhoto / iStock.com)
(Source: SeanPavonePhoto / iStock.com)

Ein Ausblick auf den Digital-Signage-Markt zu Beginn des Jahres 2020 kurz vor der Messe Integrated Systems Europe (ISE) bringt einige Herausforderungen mit sich, denn das abgelaufene Digital-Signage-Jahr war ein besonderes und brachte der Branche viele Veränderungen. So konnte zum ersten Mal die breite Masse an Systemintegratoren nicht am Marktwachstum teilhaben. Vorläufige Zahlen zeigen, dass der Digital-Signage-Markt in der DACH-Region im mittleren einstelligen Prozentbereich gewachsen ist. Eine Enttäuschung nach mehr als zehn Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten.

Noch weitaus gravierender sind die Veränderungen in der Wertschöpfungskette. Die Zeiten sind vorbei, in denen kleine hochspezialisierte Digital-Signage-Integratoren ihre Kunden jedweder Unternehmensgrösse – vom kleinen Händler bis zum Grosskonzern – bedienen konnten. Der eine oder andere wird den Pioniercharakter der Branche vermissen. Auf der anderen Seite bringen die grossen Systemhäuser, Beratungsunternehmen und Branchenfremden die Grösse und Professionalisierung mit, die lange gefehlt hat.

Mit am sichtbarsten ist der Umschwung im Softwaregeschäft für Digital Signage. Spezialisierte Softwareanbieter mit ein paar tausend Lizenzen werden von grossen Plattformen verdrängt und Silo-Konzepte wie Stand-alone-Digital-Signage-CMS zunehmend von grossen Digital-Experience-Plattformen ersetzt. Wenn auch erst bei Enterprise-Kunden, so setzt sich das Konzept zentraler Experience-Plattformen immer mehr durch. Ob Adobe Experience Manager, SAP Experience Management, Salesforce (alle Retail) oder sogar Microsoft Teams (Corporate Campus) – viele der bei Grosskunden etablierten Plattformen drängen in den heterogenen Digital-Signage-Markt.

Viel Druck für kleine Integratoren

Mehr als zwei Drittel der installierten Digital-Signage-Screens sind immer noch klassische Digital Poster beziehungsweise Digital-Signage-Netzwerke. Doch der Margendruck ist hoch, teilweise mit monatlichen Lizenzpreisen von ein paar Euro. Die grossen Projekte mit einer vier- bis fünfstelligen Anzahl an Touchpoints (Displays) sind in der Regel internationale Projekte, die finanzkräftige Partner erfordern. Auch wenn den kleinen Integratoren viele Leasing- und andere Finanzlösungen zur Verfügung stehen, ist der Markt für Grossprojekte für Digital-Signage-Spezialisten unter 50 Millionen Euro Jahresumsatz faktisch nicht mehr offen. Einige Integratoren haben eine neue Rolle als Dienstleister der Generalunternehmen gefunden. Befreit von der Last des Gesamtprojekts gehen sie den grossen Systemhäusern mit ihrem Fachwissen zur Hand. Eine sinnvolle Arbeitsteilung für viele Anbieter.

Weitere Verschiebungen in der Wertschöpfungskette sehen wir bei ausgewählten Softwareunternehmen, die Kunden direkt angehen – für Partner ist dort wenig Platz. Ob Scala oder Grassfish, beide positionieren sich als Fullservice-Dienstleister für Digital Signage. Ihr Argument: Die Plattformen sind so kompliziert geworden, insbesondere die fast immer notwendige Anbindung an Back-End-Systeme wie ERP oder CRM, dass Partner damit überfordert wären. Bei Scala und dem Mutterkonzern Stratacache geht es so weit, dass neben Mediaplayern nun auch Displays unter eigenem Namen angeboten werden. Der grosse Vorteil: Margen können besser zwischen Lizenzen, Komponenten und Serviceleistungen verschoben werden.

MicroLED und Projektionen auf dem Vormarsch

Der Visuals-Markt – Displays, Projektoren und LED – befindet sich ebenfalls weiter im grossen Umbruch. Professionelle grossformatige LCD-Displays zwischen 32 Zoll bis 100 Zoll dominieren den Digital-Signage- Markt. Die meistens austauschbaren Produkte unterliegen dabei einem hohen Preisdruck. Die Top-3-Anbieter heissen weiterhin Samsung, LG und NEC, wobei in der zweiten Reihe Philips spürbar aufgeholt hat. Interessant und bunter ist der Markt bei kleinen Displays unter 32 Zoll, meistens Touchscreens, die bei grossformatigen interaktiven Collaboration-Screens im Meetingraum und Huddle Corner eingesetzt werden. Neben den grossen drei Displayanbietern sind hier Touchspezialisten wie Iiyama und Elotouch sowie Collaboration-Displays von Microsoft (Surface Hub) oder von Sharp (WCD) beliebt.

Spannend ist auch die Entwicklung im Projektionsbereich – eine Technologie, die bereits vielfach abgeschrieben wurde. Durch die leuchtstarke und praktisch wartungsfreie Lasertechnik feiern insbesondere Ultra-Short-Throw-Projektoren (UST) einen zweiten Frühling im Retailumfeld. Weiterhin konkurrenzlos sind Grossprojektoren mit 20 000 und mehr ANSI-Lumen für Events und Projection-Mapping, aber auch in der Festinstalla­tion. Bei Kinoprojektoren versucht Samsung mit einer dedizierten Kino-LED-Lösung den Markt von aussen aufzurollen. Bisher allerdings tut man sich noch schwer und fokussiert sich auf wenige Premiumkinosäle.

Der Bereich mit der grössten Dynamik ist Direct-View-LED, also modulare LED-Cabinets, die jenseits von 16:9 in fast jeder Form betrieben werden können. Der Pixelabstand der LED-Module ist in den vergangenen Jahren so weit gesunken (bis unter 1 Millimeter Pixelabstand), dass LED-Installationen nun auch mit wenig Abstand sehr scharfe Bilder liefern können. So hofft die LED-Industrie die Projektion in grossen Meetingräumen ablösen zu können – mit dem Vorteil, dass keine Verdunklung des Raums mehr nötig ist. LED hat jetzt schon LCD-Videowalls mit mehr als 3 × 3 Displays ersetzt, denn im Gegensatz zu kaskadierten Displays kommt LED komplett ohne Bezel (Displayrand) aus. Der grosse Durchbruch für LED erfolgt wohl in den kommenden drei Jahren, wenn die Nachfolge-Technologie MicroLED die jetzige SMD-Technologie ersetzt. Zurzeit ist Micro­LED – wie bereits von Sony und Samsung angeboten – mit 50 000 US-Dollar pro Quadratmeter noch bis 100 Mal teurer als vergleichbare LCD-Displays.

2020 wird also ein spannendes Jahr für Digital Signage, wenn auch aufgrund der geopolitischen Herausforderungen (Brexit, Coronavirus und Handelskrieg zwischen USA und China) mit einigen Unwägbarkeiten verbunden.

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