Druck auf europäische CSP

Broadcoms VMware-Lizenzmodell steht in der Kritik

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von Filip Sinjakovic und cka

Das European Cloud Competition Observatory (ECCO) kritisiert den Halbleiterhersteller Broadcom. Anlass dafür ist ein neues Lizenzierungsmodell für Cloud-Lösungen des Virtualisierungsspezialisten VMware – dieses stellt den europäischen Cloud-Markt unter Druck.

(Source: Bru-nO / Pixabay)
(Source: Bru-nO / Pixabay)

Das European Cloud Competition Observatory (ECCO) stuft das neue VMware-Lizenzmodell des Halbleiterherstellers Broadcom als problematisch ein. Wie dem zweiten ECCO-Bericht über Broadcom zu entnehmen ist, kämpfen Cloud Service Provider (CSP) und deren Kunden, die VMware nutzen, aufgrund des neuen Lizenzmodells mit finanziellen und betrieblichen Problemen. Broadcom hat den Virtualisierungsspezialisten VMware im November 2023 übernommen, wobei schon damals Bedenken bestanden – mehr dazu können Sie hier lesen.

Auswirkungen auf den europäischen Cloud-Markt

Zwar haben laut der Non-Profit-Organisation Cloud Infrastructure Services Providers in Europe (CISPE) die meisten ihrer Mitglieder neue Verträge unterschrieben, doch dies sei häufig unter Druck passiert. Gründe dafür seien der Mangel an Alternativen, abrupte Vertragskündigungen und finanzielle Anreize wie Rabatte für langfristige Bindungen. Laut dem ECCO-Bericht stellen diese Handlungen seitens Broadcom eine anhaltende Belastung für europäische CSP dar, die sie in ihrer Konkurrenz- und Dienstleistungsfähigkeit hemmen würden.

So habe Broadcom zusätzliche Veränderungen am Partnerschaftsprogramm vorgenommen, unter anderem Anpassungen der Vergütungsstrukturen. Partner in Europa müssen sich nun zwischen der Rolle als Service Provider oder Reseller entscheiden – eine Anforderung, die nach Angaben von ECCO besonders viele kleinere Anbieter hart trifft, die traditionell beide Funktionen erfüllen.

Broadcoms aktuelles VMware-Lizenzmodell basiere demnach auf Praktiken, die gegen EU-Wettbewerbsvorschriften verstossen und somit ein Risiko für den europäischen Cloud-Markt und seine Kunden darstelle, heisst es im Bericht. Der Halbleiterhersteller gehe zudem rechtlich gegen Lizenzinhaber vor, die die auferlegten Bedingungen nicht akzeptieren.

Forderungen des ECCO an Broadcom

Der ECCO-Bericht fordert von Broadcom vier Mindestmassnahmen zur Wiederherstellung fairer Lizenzbedingungen:

  • Broadcom soll Vertrags- und Preisänderungen mindestens sechs Monate im Voraus ankündigen und verstärkt den Dialog mit Stakeholdern suchen.
  • Preismodelle müssen transparenter und flexibler an Cloud-Infrastrukturen anpassbar werden, ohne CSP für Über- oder Unternutzung zu bestrafen.
  • Kleinere CSP sollen leichter Zugang zu höheren Partnerstufen erhalten und weiterhin gleichzeitig als Reseller und Service Provider agieren dürfen. Zudem soll die Zeit für Onboarding verlängert werden, um eine realistische Integration zu ermöglichen.
  • CSP müssen ihre Dienstleistungen anbieten und für beanspruchte Dienste bezahlen können, ohne die Identitäten ihrer Endkunden preiszugeben.

Beschwerde bei der EU-Kommission

Als Reaktion auf die jüngsten Entwicklungen habe der deutsche IT-Kundenverband Voice eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht, wie "The Register" berichtet. Auf Anfrage des Nachrichtenportals sagte ein Sprecher von Broadcom, dass das Unternehmen daran arbeite, "die souveränen Cloud-Ziele der Europäischen Union voranzutreiben und Unternehmen aller Art in die Lage zu versetzen, Innovationen zu beschleunigen, mehr Auswahl zu bieten und ihre komplexesten technologischen Herausforderungen zu bewältigen." 

Der ECCO-Bericht hält dem entgegen, dass sich das aktuelle VMware-Lizenzmodell sowohl auf die Innovation als auch auf CSP und ihre Kunden negativ auswirke. Regulierungsbehörden sollten daher "dringend Massnahmen einschliesslich der Wiederinkraftsetzung früherer Verträge und der Aussetzung laufender Rechtsstreitigkeiten in Erwägung ziehen", heisst es weiter.

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