Nach Kündigung der Partnerverträge

Frust, Schock und Ungewissheit bei den Schweizer VMware-Partnern

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von Coen Kaat und lha

Nur wenige Wochen nach der definitiven Übernahme von VMware hat Broadcom alle Partner über die baldige Kündigung ihrer Verträge informiert - per E-Mail. Drei Partner sagen, was sie davon und von den nebulösen, restriktiven Anforderungen an eine weitere Partnerschaft halten.

(Source: Tiko / stock.adobe.com)
(Source: Tiko / stock.adobe.com)

VMware-Partner haben 2023 keine schöne Bescherung gehabt. Kurz vor Weihnachten wurden sie darüber informiert, dass Broadcom sämtliche Partnerverträge im neuen Jahr kündigen werde, wie Sie hier nachlesen können. Broadcom hatte VMware Ende 2023 übernommen. Die letzten Genehmigungen erhielt das Unternehmen im November - nur wenige Wochen vor der Ankündigung, das Vertriebsmodell auf den Kopf zu stellen. 

Im Channel kam dieser abrupte Strategiewechsel - wenig überraschend - nicht gut an. Auf Anfrage der Redaktion äusserten sich drei Partner zur aktuellen Lage. Insbesondere wenn es um die Kommunikation mit VMware beziehungsweise Broadcom geht, sind sie unzufrieden. Zwei der drei befragten Partner erhielten die Information, dass die Verträge gekündigt werden, per E-Mail. Lake Solutions wurde immerhin wenige Tage zuvor, am 19. Dezember, bei einem Business Lunch durch VMware Schweiz darüber informiert. 

Tom Lüssi-Pataki, CEO von Naveum. (Source: zVg)

Tom Lüssi-Pataki, CEO von Naveum. (Source: zVg)

"Die Nachricht über die Kündigung der VMware-Partnerverträge durch Broadcom war sicherlich ein Schock", sagt Tom Lüssi-Pataki, CEO von Naveum. "Diese Unsicherheit dürfte für alle VMware-Partner und viele Endkunden beunruhigend sein." Besonders für Cloud-Partner, die keine Einladung von Broadcom erhalten, sei die Zukunft nach April 2024 ungewiss. "Noch wurde nicht kommuniziert, ob der Bezug von Lizenzen über einen grösseren Partner möglich sein wird."

Nils Amlehn, CTO und Mitglied der Geschäftsleitung von Lake Solutions (Teil des Ricoh-Konzerns), findet ebenfalls klare Worte für den neuen VMware-Besitzer: "Der erste Eindruck war, dass Broadcom sehr arrogant agiert." Da das Unternehmen aber mit Pinnacle den höchsten Partnerstatus habe, machte er sich nach eigenen Angaben keine grossen Gedanken, ausser was das für Auswirkungen auf das Cloud-Angebot von Lake Solutions habe.

Lars Hartmann, Head of Commercial Sales bei Business IT, hatte hingegen bereits geahnt, dass irgendetwas kommen könnte. "Nachdem die Übernahme von VMware durch Broadcom im November 2023 vollzogen wurde, konnte man damit rechnen, dass es zu fundamentalen Änderungen bei den Partnerverträgen kommen würde", sagt er. Entsprechend sei die Ankündigung auch "nicht komplett überraschend" gekommen.

Nils Amlehn, CTO und Mitglied der Geschäftsleitung von Lake Solutions. (Source: zVg)

Nils Amlehn, CTO und Mitglied der Geschäftsleitung von Lake Solutions. (Source: zVg)

Hohe Hürden für eine weitere Partnerschaft - oder doch nicht?

Wie geht es für die Schweizer Partner nun weiter? Im Februar soll ein neues Partnerprogramm starten. Gemäss eines Berichts von "CRN" soll dieses aber an eine sehr hohen Einstiegshürde gekoppelt sein. Demnach sollen nur die Partner eingeladen werden, die einen Umsatz von mehr als 500'000 US-Dollar generieren.

Business IT erfüllt nach eigenen Angaben die vermuteten Mindestanforderungen. Zusätzlich kann das Unternehmen auf Verstärkung zählen. Vergangenen August gab es den Zusammenschluss mit Sonio bekannt (lesen Sie hier mehr dazu). Und im September folgte die Meldung, dass auch Jevotrust Management mit den beiden Firmen fusionieren wird (lesen Sie hier mehr dazu). Der Zusammenschluss soll im ersten Halbjahr 2024 erfolgen. Anschliessend werde das Unternehmen nur noch unter dem Namen Sonio auftreten. "Durch den Zusammenschluss wird Sonio neu zu einem der fünf grössten ICT-Dienstleister im Bereich IT-Infrastruktur", sagt Hartmann von Business IT. Somit würden diese Mindestanforderungen für das Unternehmen sowie für die Partner in dessen Umfeld keine weitere Hürde darstellen. "Aber natürlich wird es für kleinere Partner deutlich schwerer werden."

Lars Hartmann, Head of Commercial Sales bei Business IT. (Source: zVg)

Lars Hartmann, Head of Commercial Sales bei Business IT. (Source: zVg)

"Die Umsatzhürde von 500'000 US-Dollar, die Broadcom für die Weiterarbeit mit VMware-Partnern setzt, ist für viele Schweizer Partner, einschliesslich unseres Unternehmens, sehr herausfordernd", sagt Lüssi-Pataki von Naveum. Nach eigenen Angaben würde Naveum mit dessen IaaS-Plattform (VMware Cloud Director) diese Grenze nicht erreichen. Zähle man allerdings Naveums dedizierte Private-Cloud-Lösungen hinzu, die mit Kundenlizenzen betrieben werden, würden sie die geforderte Marke überschreiten. "Diese Diskrepanz macht die Situation für uns besonders schwer zu akzeptieren", sagt der Naveum-CEO. "Die Veränderung stellt eine gravierende Herausforderung dar, die eine dringende Neubewertung unserer Strategie und Partnerschaft erfordert."

Amlehn von Lake Solutions erinnert daran, dass diese Hürde von Broadcom nicht offiziell bestätigt wurde und dass es sich um "reine Spekulation aus der Partner-Community" handle. "Die Hürde wäre so relativ hoch und die meisten Partner würden sie somit nicht erreichen", sagt aber auch er. 

Lake Solutions hätte in der Vergangenheit eine solche Hürde immer erreicht. "Wir waren immer einer der erfolgreichsten VMware-Partner und sehen den Gegebenheiten positiv entgegen", sagt der Lake-Solutions-CTO. "Nichtsdestotrotz sind wir laufend auf der Suche nach Innovationen und Alternativen."

Broadcom lässt viele Fragen ungeklärt

Nach eigenen Angaben sind sowohl Lake Solutions als auch Business IT diesbezüglich im Gespräch mit VMware beziehungsweise Broadcom. Bei Naveum sieht es hingegen anders aus: "Unsere aktiven Bemühungen um einen Dialog mit VMware und Broadcom haben keine konkreten Informationen über die Zukunft unserer Partnerschaft erbracht", sagt Lüssi-Pataki (Stand: 16. Januar 2024). "Die Situation ist frustrierend, da wir oft an Lizenzaggregatoren verwiesen werden, die ebenfalls im Unklaren sind." Der Informationsmangel betreffe auch grosse VMware-Partner im Reseller- und Cloud-Bereich; diese hätten aktuell noch keine Informationen über die Lizenzierungsoptionen und Kostenstrukturen erhalten. 

Wie reagiert Broadcom auf die Vorwürfe der Partner? Mit den hier genannten Aussagen konfrontiert, wiederholte das Unternehmen lediglich dieselben Informationen, die bereits bekannt waren. 

Das vollständige Statement eines Broadcom-Mediensprechers: "Broadcom engagiert sich weiterhin für die Wertschöpfung innerhalb unseres gemeinsamen Ökosystems, das durch die Aufnahme von VMware-Partnern gestärkt wurde. Ab dem 5. Februar 2024 wird Broadcom die Partnerprogramme von VMware in das Broadcom Advantage Partner Program überführen, das nur auf Einladung zugänglich ist. Basierend auf jüngsten Gesprächen mit Hunderten von Partnern weltweit wird dieser Übergang unseren Partnern helfen, durch vereinfachte gebündelte Angebote und mehr Möglichkeiten für Service-Einnahmen eine noch grössere Rentabilität zu erzielen."

"Dieses Vorgehen von Broadcom ist beispiellos und hat das Potenzial, die gesamte Branche zu beeinträchtigen", sagt Lüssi-Pataki von Naveum. "Wir hoffen auf baldige Klärung und sind auf alle Szenarien vorbereitet." Hartmann von Business IT betont derweil, dass "VMware by Broadcom weiterhin einen erfolgreichen Partner in unserem Portfolio darstellt".

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