Service Management Forum Switzerland 2025

Daten, das Vertrauen in sie, und eine grosse Portion Herz

Uhr
von Dylan Windhaber und shu

Das diesjährige Service Management Forum Switzerland stand im Zeichen von Vertrauen - zu den Technologien und zu den Unternehmen dahinter. Glenfis-Gründer Martin Andenmatten brachte auch 2025 ein inspirierendes Referenten-Line-up auf die Bühne sowie einen Redner, der die Teilnehmenden mit viel Herz begeisterte.

Als Gastreferent holte Martin Andenmatten am SMFS 2025 den Herzchirurg Thierry Carrel auf die Bühne. (Source: zVg)
Als Gastreferent holte Martin Andenmatten am SMFS 2025 den Herzchirurg Thierry Carrel auf die Bühne. (Source: zVg)

Das Service Management Forum Switzerland 2025 (SMFS) ist am 30. Oktober im Radisson Blu am Flughafen Zürich über die Bühne gegangen. Zum Auftakt sprach Martin Andenmatten, SMFS-Präsident und Glenfis-Gründer, über den Hype um künstlicher Intelligenz. Alles rund um KI sei ja irgendwie "wegweisend und zukunftsversprechend", doch Andenmatten mahnte, die Entwicklungen nun mit etwas Abstand zu betrachten. Vor bald 100 Jahren habe es ja auch bereits skurrile Ideen wie radioaktive Zahnpasta gegeben - ein Beispiel dafür, wie schon frühere Innovationen später kritisch hinterfragt wurden.

Martin Andenmatten eröffnete das SMFS 2025 im Radisson Blu am Flughafen Zürich. (Source zVg)

Martin Andenmatten eröffnete das SMFS 2025 im Radisson Blu am Flughafen Zürich. (Source zVg)

Die Frage sei, ob denn KI wirklich das Heilmittel aller Probleme sei, denn eigentlich "dreht sich doch alles nur um die Daten", betonte Andenmatten. Wir sind von ihnen umgeben und müssten lernen, mit ihnen zu arbeiten und sie zu verstehen - und noch wichtiger: Wir müssen versuchen, mit ihnen Problemstellungen effektiv zu lösen. 

Vertrauen als Schlüssel der digitalen Wirtschaft

Ins Kernthema des SMFS 2025, das Vertrauen in Daten, stieg auch direkt die erste Referentin des Vormittags ein: Petra Maria Asprion, Professorin an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und Leiterin des Competence Center Digital Trust. Ihr Spezialgebiet: Trust by Design - also Vertrauen von Anfang an durch die Integration von Sicherheit, Datenschutz und ethischen Prinzipien in den Entwicklungsprozess zu verankern. Aus einem breiteren Blickwinkel heraus betrachtet, gibt es laut Asprion insbesondere vier wichtige Handlungsfelder: 

  • Daten als strategisches Gut und damit als Top-Management-Thema zu verstehen,
  • Automatisierung bewusst zu gestalten,
  • Skalierbarkeit sicherzustellen, sodass "auch kleinere Organisationen in der Lage sind, damit umzugehen, daraus Mehrwert zu schaffen und Daten als strategisches Gut zu begreifen",
  • und einen Kulturwandel voranzutreiben, der Datenkompetenz, Datenkultur und interdisziplinäres Arbeiten fördert. 

Petra Maria Asprion sprach am SMFS 2025 über Vertrauen als Schlüssel der digitalen Wirtschaft. (Source: zVg)

Petra Maria Asprion sprach am SMFS 2025 über Vertrauen als Schlüssel der digitalen Wirtschaft. (Source: zVg)

Asprion sprach auch von "Vertrauen als Goldstandard". "Wenn man etwas haben will, vertraut man in der Regel ziemlich schnell", so die Referentin. Doch dies berge einige Risiken, und hat man einmal das Vertrauen, zum Beispiel in ein Unternehmen verloren, daure es gemäss Statistiken 10-mal so lange, bis dieses Vertrauen und damit der Kunde wiedergewonnen werden kann. "Vertrauen ist der Schlüssel der digitalen Wirtschaft", ergänzte sie.

Laut Asprion kann das Thema Digital Trust weiter in fünf Säulen eingeteilt werden: Cybersicherheit und Resilienz, Datenschutz, neue Technologien, digitale Verantwortung und Ethik, sowie Governance, Risk, Compliance und Audit. Und "wenn man alle diese Bereiche in seinem Unternehmen berücksichtigt, dann erst kann man von Digital Trust sprechen", sagte die Referentin. 

Vertrauen wollen oder vertrauen müssen - das ist hier die Frage

Mark Thomas, der zweite Referent des Anlasses, Mitglied der ISACA Hall of Fame sowie Gründer und Präsident von Escoute Consulting, wollte in Sachen Daten "noch einen Schritt weiter gehen". Er sprach darüber, weshalb es immer wieder dazu komme, dass Unternehmen zwar als sicher gelten - Kunden ihnen aber dennoch das Vertrauen entziehen. Vertrauen habe viele Facetten, so Thomas: kulturelles, interpersonelles und digitales Vertrauen spielen beispielsweise ebenso eine Rolle wie Governance und Leadership. Und besonders kritisch werde es, wenn Personen oder Organisationen, denen man vertraut, dieses Vertrauen verletzen. 

Was Vertrauen im digitalen Kontext überhaupt bedeutet, habe die ISACA versucht zu definieren - laut Thomas dauerte dies drei Tage, bis die Definition stand: "Digitales Vertrauen ist das Vertrauen in die Integrität der Beziehungen, Interaktionen und Transaktionen zwischen Anbietern und Verbrauchern innerhalb eines verbundenen digitalen Ökosystems. Dies umfasst die Fähigkeit von Menschen, Organisationen, Prozessen, Informationen und Technologien, eine vertrauenswürdige digitale Welt zu schaffen und aufrechtzuerhalten."

Mark Thomas darüber, wie schnell Unternehmen das Vertrauen ihrer Kunden verlieren können und was sie dagegen tun können. (Source: zVg)

Mark Thomas darüber, wie schnell Unternehmen das Vertrauen ihrer Kunden verlieren können und was sie dagegen tun können. (Source: zVg)

Thomas stellte die Frage, wie Unternehmen verhindern könnten, "dass sie schon morgen nicht mehr vertrauenswürdig sind". Vertrauen sei ein empfindliches Konstrukt: Verliere man einen seiner Bausteine, "ist das Vertrauen weg". In diesem Zusammenhang stellte er den Digital Trust Meter vor, mit dem sich das Vertrauen in ein Unternehmen von A bis F (aus subjektiver Sicht) bewerten lasse - und das quasi über Nacht, etwa von einem A auf ein D, schwanken könne. Die entscheidende Frage sei daher, wie Unternehmen sicherstellen könnten, dass sie auch morgen noch vertrauenswürdig sind. Thomas' Antwort: Es geht nicht allein um Sicherheit, sondern vor allem darum, wie Unternehmen mit ihren Kunden umgehen - insbesondere nach einem Vertrauensverlust. 

Er richtete die zentrale Frage an das Publikum: "Vertrauen Ihnen Ihre Kunden, weil sie wollen - oder weil sie müssen?" Wenn Letzteres der Fall sei, "haben Sie ein Problem", sagte er. Der Referent rief dazu auf, Vertrauen als festen Bestandteil von Unternehmensprozessen zu verankern: "Setzen Sie Vertrauen auf jede Agenda Ihrer Meetings.". Sein Rat: Vertrauen sichtbar machen, gezielt einbauen, messen, was wirklich zählt - und vor allem: mit der richtigen Kultur führen.

Energieeffizienz und die Nähe zu den Daten

Der Green-CEO Roger Süss eröffnete seinen Vortrag mit einem Blick auf die enorme Dynamik der Rechenzentrumsbranche, in der "kein Tag vergeht, ohne dass ein grosses Announcement erfolgt". Er erläuterte, dass die KI-Ära die Systeme enorm energieintensiv gemacht habe und die Herausforderung weniger in den Rechenzentren selbst liege, sondern in den Chips, die enorme Mengen Strom verbrauchen. Kleine Firmen könnten diese Dimensionen kaum stemmen, da Skaleneffekte und spezialisierte Expertise notwendig seien.

Roger Süss von Green sprach in seinem Referat über Datenwachstum, die steigende Rechenleistung und die Nähe der Daten zu Systemen. (Source: zVg)

Roger Süss von Green sprach in seinem Referat über Datenwachstum, die steigende Rechenleistung und die Nähe der Daten zu den Systemen. (Source: zVg)

Zwei grosse Trends prägen laut Süss den Markt: massive Infrastrukturinvestitionen und exponentielles Datenwachstum. Die Rechenleistung steige rasant: Ein Rack - ein Schrank mit einem Server drin -, das früher 6 Kilowatt Leistung aufnahm, verarbeite heute mit KI-Workloads 150 Kilowatt, bei neuesten Systemen sogar bis zu 650 Kilowatt - also muss heute "der gleiche Schrank 100-mal mehr Leistung bringen", sagte Süss. Dies verschärfe die Skalierung und Energiefrage weiter. Trotzdem profitiere die Branche von technischen Innovationen, die Effizienzgewinne ermöglichen.

Besonderes Augenmerk legte Süss auf den Cloud-Standort Schweiz, der sich als Business-Hub mit grossen Rechenzentren etabliert habe. Süss erklärte, dass es nicht nur auf die IT-Landschaft und eingesetzte Tools ankomme, sondern vor allem darauf, wie Unternehmen ihre Daten organisieren, verschieben und nutzen. "Die Daten nahe an den Systemen zu haben, ist extrem wichtig", betonte Süss - nicht nur aus technischer, sondern auch aus strategischer Sicht.

Als eines der grossen Fragezeichen beschrieb er die Kühlung. Systeme arbeiten heute bei höheren Temperaturen, um Freikühlung zu nutzen und Energie zu sparen. Zudem hob er hervor, dass Effizienz bereits beim Design und Bau der Anlagen startet - von der Raumgestaltung bis zur Wandfarbe. Süss schloss mit dem Ausblick, dass Skalierung nur möglich sei, "wenn man automatisiert und optimiert". Effizienz, Nachhaltigkeit und die smarte Nutzung von Daten seien entscheidend, um die digitale Infrastruktur von morgen zu schaffen.

Daten als Fundament der IT

Rob Akershoek von DXC Technology und Co-Vorsitzender des IT4IT-Forums war bereits zum dritten Mal Teil des Programms am SMFS. Dieses Jahr sprach er über Datenmanagement in Organisationen und die fortwährenden Herausforderungen im Umgang mit Daten. "Daten sind etwas, womit wir nicht gut umgehen können - zumindest in der IT", meinte er. Viele Unternehmen hätten nach wie vor keine klare Datenstrategie, und "in den meisten IT-Organisationen fehlt es an Daten-Governance".

Rob Akershoek, Senior IT Management und DevOps Architekt bei DXC Technology sowie Co-Vorsitzender des IT4IT Forums, über Datenmanagement in Organisationen. (Source: zVg)

Rob Akershoek, Senior IT Management und DevOps Architekt bei DXC Technology sowie Co-Vorsitzender des IT4IT Forums, über Datenmanagement in Organisationen. (Source: zVg)

Mit einem humorvollen Vergleich des IT-Managements mit dem Menü in einem Restaurant illustrierte der Referent die Komplexität moderner IT-Landschaften. Selbst nach 25 Jahren im Service-Management-Bereich werde noch immer darüber diskutiert, was "Service" überhaupt bedeutet.

Ein zentrales Thema war auch während seines Vortrags wieder Vertrauen sowie Transparenz in IT-Prozessen. "Wie sollen Menschen der IT vertrauen, wenn wir nicht transparent sind?", fragte Akershoek. Er plädierte dafür, Datenquellen und API-Register klar zu dokumentieren, um Nachvollziehbarkeit zu schaffen. Dabei warnte er vor der Illusion, dass mehr Daten automatisch zu besseren Entscheidungen führen: "Wir haben genügend Daten, aber wir brauchen auch Erkenntnisse." Unternehmen müssten lernen, auch grundlegende Fragen zu beantworten und ihre IT-Strukturen zu vereinfachen. Der Schlüssel zum Erfolg liege in einer stabilen Basis: "Man muss das Fundament richtig legen". Nur wer klar dokumentiert, welche Daten wo liegen und wie sie genutzt werden, könne IT-Services nachvollziehbar, vertrauenswürdig und effizient gestalten.

Breakout Sessions und eine Exkursion in die Herzgegend

Der Nachmittag des SMFS bot den Teilnehmenden während mehreren Breakout Sessions sowie den anschliessenden World Coffee Sessions praxisnahe Einblicke in spezifische Themenbereiche und die Gelegenheit zum Austausch. Dabei standen unter anderem Multiprovider Management, Digitale Transformation und Agile Service Management im Fokus. 

Der Herzchirurg Thierry Carrel sprach als Gastreferent über Faszinierendes über das Herz und die Herzmedizin. (Source: zVg)

Der Herzchirurg Thierry Carrel sprach über Faszinierendes über das Herz und die Herzmedizin. (Source: zVg)

Weiter nahm Thierry Carrel als Gastreferent das Publikum mit auf eine "Exkursion in die Herzgegend". Mit viel Begeisterung sprach der Herzchirurg über das Herz - als Organ, Symbol und Motor des Lebens. Bereits Künstler hätten sich früh mit dem Herzen beschäftigt, erklärte er, doch erst die moderne Medizin habe es möglich gemacht, das Innere dieses Organs sichtbar zu machen. Anhand eindrücklicher OP-Bilder zeigte er, wie präzise und komplex Herzoperationen heute ablaufen - ein Zusammenspiel von Handwerk, Technik und Emotion.

"Das Herz ist am Anfang das Wesentlichste", sagte er - und man spürte seine Faszination für das Organ in jedem Satz. Carrel spannte den Bogen von der Geschichte der Herzchirurgie bis zur Gegenwart, in der Automatisierung und künstliche Intelligenz zunehmend Einzug halten. Maschinen, die es vor wenigen Jahrzehnten noch nicht gab, unterstützen heute bei Eingriffen, Chirurgen lenken sich über Bildschirme, und Big Data eröffnet neue Möglichkeiten der personalisierten Medizin. Der Referent betonte dabei: Auch wenn vieles automatisiert wird, bleibt das Team dahinter das Wichtigste.

Team- und Publikums Award

Mit dem Stichwort Team leitete Moderator Sven Ossenberg von Glenfis zu einem weiteren Highlight des Tages über: den Team Awards. Insgesamt wurden vier Preise verliehen - drei von einer Fachjury aus verschiedenen Bereichen und einer direkt vom SMFS-Publikum vor Ort.

Um sich den Publikums Award zu ergattern, hatten die vier nominierten Teams je fünf Minuten Zeit, ihre Projekte zu präsentieren: Der Flughafen Zürich mit dem Projekt "FIEI - ITSM", die Gesundheitswelt Zollikerberg mit "GWZ-Informatik", die Bank Julius Bär mit "No Ticket Left Behind", und der Migros-Genossenschaftsbund (MGB) mit "ESM".

Mit deutlichem Vorsprung überzeugte das Team von Julius Bär die Besucherinnen und Besucher und sicherte sich den Publikums Award. Doch auch die Jury zeigte sich beeindruckt und kürte "No Ticket Left Behind" zusätzlich zum Gesamtsieger. Die Rangliste der Team Awards sah damit wie folgt aus:

  1. Platz: Julius Bär - "No Ticket Left Behind"
  2. Platz: Flughafen Zürich - "FIEI - ITSM"
  3. Platz: MGB - "ESM"

Nach der Awardverleihung schloss Martin Andenmatten mit dem Hinweis auf den Termin des nächsten SMFS am 29. Oktober 2026 - und den Worten: "Nach dem Event ist vor dem Event". 

Das Team von Julius Bär sicherte sich gleich den Team- sowie den Publikums-Award am SMFS 2025. (Source: zVg)

Das Team von Julius Bär sicherte sich gleich den Team- sowie den Publikums-Award am SMFS 2025. (Source: zVg)

 

Lesen Sie hier den Bericht zum letztjährigen SMFS, das sich insbesondere um KI und deren praktischen Anwendung im IT-Service-Management drehte.

Webcode
fkGVmLxt