Ein Tablet, das fast nichts kann - aber das dafür wirklich sehr gut
Das Remarkable 2 will ein digitales Notizbuch sein und einem das Gefühl vermitteln, dass man auf echtes Papier schreibt. Zu viel verspricht der norwegische Hersteller zwar nicht. Dennoch dürfte das Gerät nicht für alle etwas sein - vor allem wegen dem neu eingeführten Abomodell. Was es kann und was nicht, zeigt der Hands-on-Bericht.
Was muss ein Tablet alles können, damit es unseren Ansprüchen genügt? Es muss E-Mails senden und empfangen können. Es muss einen Webbrowser zum Surfen und eine Kamera zum Knipsen haben. Und natürlich muss es über ein farbenprächtiges Hochglanz-Display verfügen, auf dem man Filme und Serien gucken kann. Aber sind das wirklich alles essenzielle Zutaten für ein gutes Tablet? Oder nutzt man für diese Features nicht eher ein Smartphone? Schliesslich haben die meisten heutzutage das Handy immer dabei und sehr viel schneller zur Hand als ein Tablet.
Der norwegische Hersteller Remarkable entschied sich daher zur Reduktion aufs Wesentliche. Das Resultat: ein Tablet, das fast nichts kann. Aber das kann es dafür wirklich sehr gut. Das Gerät, das ebenfalls Remarkable heisst, ist im Wesentlichen ein digitales Notizbuch. Es ist zum Lesen von E-Books und zum Verfassen von Notizen gedacht. Alles andere lenke nur von der Arbeit ab. Dabei soll das E-Ink-Display in der Nutzung echtes Papier nachahmen. Im März 2020 lancierte das Unternehmen die zweite Generation seiner digitalen Schreibtafel - das Remarkable 2. Im Hands-on zeigte das norwegische Tablet, was es draufhat.
Die Vor- und Nachteile des Remarkable 2 im Hands-on-Video. (Source: Netzmedien)
Das erste, was an dem hochwertigen Gerät auffällt, ist der Bildschirm. Statt mit einem Pixelfeuerwerk in Display-Form, ist das Remarkable 2 mit einem E-Ink-Display ausgestattet. Also einem Bildschirm, wie man es beispielsweise von E-Readern oder Raumbeschriftungen kennt. Es stellt alles in Grautönen dar. Mehr braucht man in der Regel auch nicht für Notizen. Dafür kann man das Gerät tage- wenn nicht sogar wochenlang nutzen, bevor man es wieder aufladen muss.
Mehr als nur digitales Papier
Wo sich das Remarkable 2 von jeglicher Vergleichbarkeit mit herkömmlichen Tablets verabschiedet, ist beim handschriftlichen Schreiben. Klar, man kann mit einem Stift auch beispielsweise auf einem iPad oder einem Surface-Gerät schreiben. Das Remarkable 2 spielt jedoch in einer komplett anderen Liga. Auf einem normalen Tablet zu schreiben, gleicht eher einer halbwegs kontrollierbaren Rutschpartie. Etwa so, als ob man mit Sneakern auf einer Eisbahn herumtanzt. Auf einem Remarkable zu schreiben, ist in diesem Vergleich der Schlittschuh einer Eiskunstläuferin. Hier hat der Hersteller nicht zu viel versprochen. Es wirkt wie echtes Papier, sodass man geneigt ist, Schreibfehler wild durchzustreichen. Denn manchmal vergisst man für einen Moment, dass es einen Undo-Button sowie eine Ausschneide- und Löschfunktion gibt. Beim Schreiben reagiert das Gerät nur auf den proprietären Stift. Das heisst, man kann die Hand dabei problemlos auf dem Display abstützen. Der Stift lässt sich übrigens magnetisch am Tablet befestigen
Das Remarkable 2 ist viel mehr als nur eine digitale Imitation von Papier; es ist sinnvoll digitalisiertes Papier. Mit wenigen Klicks lassen sich beispielsweise die handschriftlichen Notizen in Maschinenschrift konvertieren und per Mail verschicken. Die Erkennung funktioniert dabei erstaunlich gut - sogar wenn man eine eher unregelmässige Handschrift hat wie beispielsweise die Testperson. Im Hands-on erkannte das Remarkable den geschriebenen Text jeweils mit nur wenigen Fehlern. Das Konvertieren ist optional. Man kann auch die handschriftlichen Notizen als PDF verschicken. Alternativ unterstützt das Remarkable 2 auch Dropbox und Google Drive. Zudem kann man mit einer Smartphone- oder Desktop-App ebenfalls Dateien synchronisieren.
Was manchmal fehlt, ist eine Anbindung an einen Drucker. Irgendwie wäre das aber auch ein wenig heuchlerisch. Schliesslich will der Hersteller mit seinen Produkten ja das Bedürfnis abschaffen, etwas ausdrucken zu müssen. Ein weiterer Nachteil: Um das Remarkable zu nutzen, ist man abhängig von externen Lichtquellen. Eine Hintergrundbeleuchtung - wie man es von gewissen E-Readern kennt - fehlt. Während ein Tablet seine eigene Lichtquelle ist, sieht man auf einem Remarkable nur so viel, wie die aktuellen Lichtverhältnisse zulassen. Eben genauso wie ein Blatt Papier.
Der fiese Haken an der Sache
Mitte Oktober führte Remarkable ein Abo-Programm namens "Connect" mit zwei Preisstufen ein. Seitdem muss man für den vollen Funktionsumfang monatlich zahlen. Für diejenigen, die schon zuvor ein Remarkable hatten, bleiben sämtliche Features kostenlos.
Der Preisplan sieht folgendermassen aus. Wer nicht zahlt, kann schlicht die absolut grundlegendsten Funktionen weiterhin verwenden: also Schreiben und Lesen. Für den uneingeschränkten Cloud-Speicher muss man bereits das kostengünstigere der beiden Abomodelle, "Connect Lite" für 4,99 Euro pro Monat, lösen. Mehr hat dieses allerdings auch nicht zu bieten.
Eine Übersicht des Abomodells. (Source: Netzmedien)
Alle Features kann man nur nutzen, wenn man jeden Monat 7,99 Euro zahlt. Das "Connect"-Abo beinhaltet den uneingeschränkten Cloud-Speicher, die Integration von Dropbox und Google, die Erkennung der eigenen Handschrift, eine Screen-Sharing-Funktion sowie "More powerfull features", wie der Hersteller schreibt.
Das Gerät alleine kostet bereits 399 Euro. Wer gleich für 3 Monate "Connect" bestellt, kriegt zwar einen Rabatt von 100 Euro. Dennoch wirft das neue Abomodelle die Kosten-Nutzen-Frage auf. Schliesslich braucht man noch einen Stift für entweder 59 oder 129 Euro (Marker Plus mit eingebautem Radierer). Optional kann man noch eine einfache Hülle für 79 Euro oder eine aufklappbare Hülle dazu kaufen: Letztere ist für 119 (Polymer-Gewebe) oder 169 Euro (schwarzes oder braunes Leder) erhältlich.
Fazit
Das Remarkable spaltet die Gemüter klar in zwei Lager. Wer ein multifunktionales Gerät will, das in jeder Situation einen gewissen Nutzen bringt, wird mit dem Remarkable 2 nicht glücklich werden. Wer aber gerne von Hand schreibt, trotzdem diese Notizen digital braucht und seinen Papierberg verringen will, sollte sich das Gerät einmal näher ansehen. Oder noch besser: Einfach einmal den Stift in die Hand nehmen und es selbst ausprobieren. Die wiederkehrenden monatlichen Kosten für Features, die teilweise zu den Grundfunktionen zählen sollten, machen es jedoch schwierig, das Gerät bedingungslos weiterzuempfehlen.