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Wieso Zibris mehr Rockband als Distributor sein will

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Der VAD Zibris hat im Juli überraschend das gesamte Schweizer Team des Assemblierers Terra-Wortmann übernommen. Auch nächstes Jahr hat Zibris viel vor. Im Februar bezieht der VAD neue Büros und will zur Drehscheibe für Hersteller, Partner und Endkunden werden. Geschäftsführer Mariano Isek erklärt.

(Source: Netzmedien)
(Source: Netzmedien)

Wie geht es Zibris?

Mariano Isek: Zibris geht es blendend. Wir sind sehr zufrieden, wie sich das Unternehmen entwickelt hat. Die Veränderungen, die wir angestossen haben, tragen langsam Früchte. Wir haben viel investiert in neue Mitarbeitende und werden im Frühling auch einen neuen Firmensitz beziehen. Diese Investitionen werden unser weiteres Wachstum ermöglichen.

Welche Veränderungen sprechen Sie konkret an? Die Übernahme des Wortmann-Teams diesen Sommer?

Das ist ein Teil davon. Aber die Veränderungen gehen viel tiefer. Wir möchten nachhaltig wachsen und haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder gefragt, wohin wir mit unserem Unternehmen wollen und mit welcher Strategie wir am Markt agieren wollen. Wir haben unser Profil geschärft und wollen als Anbieter von Technologie rund um das Rechenzentrum wahrgenommen werden. Dabei suchen wir immer weiter nach den richtigen Produkten der richtigen Hersteller, um unser Portfolio zu erweitern.

Wie viele Personen sind denn zu Ihnen gestossen?

Von Wortmann kamen 7 neue Mitarbeitende, heute sind wir 25 und im März werden wir 28 sein. Und auch in der Westschweiz werden wir noch weiter ausbauen, da es dort auch sehr gut läuft.

Wie hat die Integration der neuen Mitarbeitenden funktioniert?

Wir hatten natürlich Respekt vor dem Schritt und haben uns Gedanken darüber gemacht, wie das wohl funktionieren würde. Aber da ich den ehemaligen Wortmann-Geschäftsführer Andy Beck schon lange kenne und ihm vertraue, und damit auch abschätzen konnte, wie seine Mitarbeitenden ticken, haben wir den Schritt gewagt. Und es war der richtige Schritt. Wir haben eine vergleichbare Art und Weise zu denken, ähnliche Ideen und leben die gleichen Werte sowohl auf der privaten als auch auf der geschäftlichen Ebene. Und das ist mir sehr wichtig. Denn das Business kann nur stimmen, wenn es auch menschlich stimmt.

Warum brauchten Sie so viele neue Mitarbeiter?

Wir hatten natürlich viele Produkte im Sortiment, wohl damals auch zu viele, und das konnten wir fast nicht mehr stemmen. Bei der Planung des neuen Geschäftsgebäudes hatten wir uns auch entschieden, mehr Fläche zu nehmen und das muss sich ja auch rechnen. Als wir dann die Gelegenheit hatten, 7 Top-Leute auf einen Schlag einzustellen, passte plötzlich alles perfekt zusammen. Die vielen tollen Produkte in unserem Sortiment, der baldige Umzug ins neue Geschäftsgebäude und die neuen Mitarbeitenden. Man hätte es nicht besser planen können.

Was ist Ihre Geschäftsstrategie?

Wir wollen der Infrastrukturanbieter für die IT in Rechenzentren sein und bieten rund um die innovativen Produkte unserer Lieferanten massgeschneiderte Services für unsere Partner. Das geht von Marketing, Telesales über Leadgeneration bis Konfiguration und SLAs. Früher lag unser Fokus auf Server und Storage. Heute bieten wir mit Aruba auch das gesamte Netzwerk und Security an. Ich glaube, so sind wir gut gewappnet für die Zukunft. Denn die Unternehmen müssen weiter digitalisieren und ihre IT fit für die Zukunft machen, damit sie sich durch digitale, datenbasierte Geschäftsmodelle einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können. Unser Fokus ist es, zusammen mit unseren Partnern die Bausteine bereitzustellen, um die Digitalisierung voranzutreiben. Das wird für uns auch im kommenden Jahr zentral bleiben.

Mit Pure Storage setzten Sie schon früh auf Flash-Storage. Wie entwickelte sich das Storage-Geschäft bei Zibris seither?

Wir hatten natürlich ein Riesenglück, dass wir damals, 2013, schon erkannt haben, welche Vorteile Flash im Storage mit sich bringt. Trotz den noch sehr hohen Preisen nahmen wir die Flash-Storage-Lösungen des damaligen Start-ups Pure Storage ins Sortiment und setzten damit aufs richtige Pferd. Alle sagten, es sei noch viel zu früh für Flash, das sei nur ein Nischenprodukt und so weiter. Auch ich selbst hatte Respekt davor, mit diesem neuen Business anzufangen. Aber es hat sich ausgezahlt. Heute spricht niemand mehr von Harddisk, alle reden nur noch von Flash. In diesem Thema sind sich auch herstellerübergreifend alle einig. Disk setzt man heutzutage nur noch für Secondary Storage ein.

Können Sie sich auch vorstellen, ausser Pure Storage auch weitere Flash-Anbieter ins Sortiment aufzunehmen?

Momentan ist Pure Storage bei uns ganz klar im Fokus. Wir sind auch sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit und ich freue mich, dass wir in der Schweiz wieder eine vollständige und funktionsfähige Pure-Storage-Länderniederlassung haben. Ich sehe zurzeit keinen Mitbewerber von Pure Storage, den ich lieber im Zibris-Sortiment hätte.

Wie funktioniert das Storage-Business heutzutage? Wie hat es sich in den letzten Jahren verändert?

Am meisten hat sich die Art und Weise des Verkaufens von Storage verändert. Früher diskutierte man mit einem System Engineer vor allem etwa über technische Details wie etwa Performance-Tuning, Architektur und RAID-Designs, komplexe Hochverfügbarkeitskonzepte und Tiering-Möglichkeiten und auch darüber, wie man am einfachsten und effizientesten die Migration "überlebt". Wenn ein Storage am Ende seines Lifecycles angekommen war, ging der ganze vorhin beschriebene Zauber von vorne los. Heute sprechen wir mit dem CTO, dem CFO oder auch mit dem CEO, weil die IT und vor allem der Storage für viele Unternehmen geschäftskritisch sind. Und wir sprechen nicht nur über TCO, sondern auch über ROI. Wir erklären den Entscheidungsträgern den Businessnutzen des schnelleren, effizienteren Storage für ihre Geschäftstätigkeit. Da geht es nicht mehr um Bits und Bytes im Sinne einer benötigten Infrastruktur, sondern darum, die Digitalisierung der eigenen Geschäftsmodelle voranzutreiben. Wir sprechen über Big Data und Analytics und darüber, welche Rolle der Storage dabei spielt. Es ist ja auch klar, dass es für solche Anwendungen einen schnellen Storage braucht. Wenn man etwa in einem Formel-1-Rennstall eine Aerodynamik-Analyse machen will und für die Auswertung nur noch eine Stunde statt einer Woche benötigt, ist das ein Wettbewerbsvorteil im Rennen um den ersten Platz. Und im Zeitalter von Big Data und den damit verbundenen Datenfluten brauchen wir Systeme, die ohne Migrationen trotzdem erneuert werden können. Komplett einfach und ohne Unterbrechungen für das Business. Ebenfalls benötigen die neuen Use-Cases neue Data-Protection-Ansätze, das klassische heute verbreitete Back-up wird es so nicht mehr geben.

Sind Ihre Partner in der Lage, die Kunden auf C-Level zu beraten, wenn sie es doch bislang vor allem mit den Technikern zu tun hatten?

Ja, unsere Partner haben sich die entsprechenden Kenntnisse angeeignet. Natürlich mussten sie umdenken und sich mit den Bedürfnissen ihrer neuen Ansprechpartner auseinandersetzen. Die Account Manager bei unseren Partnern müssen sich heute viel mehr auch mit dem Geschäft der Kunden befassen, dieses verstehen. Dafür mussten und müssen sich Account Manager weiterbilden oder sie bekommen eben andere Aufgaben.

Wie unterstützen Sie Ihre Partner dabei, diese neue Art des Verkaufens umzusetzen?

Wir sehen uns als Enabler unserer Partner. Die Idee von Zibris ist, dass wir die Partner von Pre-Sales bis Post-Sales vollumfänglich unterstützen. Das fängt an bei Leadgeneneration, wo wir im Sinne einer Kaltakquise selbst aktiv auf Endkunden zugehen und nach Geschäftsmöglichkeiten suchen. Wir haben einen eigenen Telesales, der auf allen unseren Produkten geschult ist, betreiben Marketing mit unserer eigenen Abteilung. So gewonnene Leads geben wir dann an den am besten geeigneten Partner weiter, und wir besuchen dann den Kunden gemeinsam mit dem Partner, um die bestmögliche Lösung für diesen zu erarbeiten.

Ist das ein übliches Vorgehen, dass VADs den Markt auf diese Weise bearbeiten, wie Sie das tun?

Nein. Soviel ich weiss und was mir unsere Partner auch bestätigen, sind wir die Einzigen, die das so machen. Aber so verstehe ich die Value-Add-Distribution. Und unsere Partner schätzen unser Vorgehen sehr, wie sie uns immer wieder bekräftigen.

Und wie viele Partner nutzen diese Dienstleistung?

Momentan arbeiten wir auf diese Art mit zehn Fokuspartnern zusammen.

Welche Pläne haben Sie mit Zibris? Welche weiteren Ausbauschritte sind geplant?

Nun, wie Sie wissen, beziehen wir im ersten Quartal 2018 unsere neuen Büros nur ein paar hundert Meter von hier an der Station-Ost 7 in Rothenburg. Wir haben dort ein ganzes Stockwerk mit 1500 Quadratmetern nur für uns. Wir werden dort deutlich mehr Platz haben als hier und wollen mit moderner, cooler Einrichtung auch einen Raum mit kollaborativer Atmosphäre schaffen, wo sich die Leute an verschiedene Orte für die gemeinsame oder individuelle Arbeit zurückziehen können. Aber wir wollen unsere Räume auch Dritten zur Verfügung stellen. Mit unserer App, die wir zurzeit programmieren, könnten Sie dann etwa einen Working Space bei uns buchen, wenn Sie im Raum Luzern unterwegs sind und für ein paar Stunden einen Platz zum Arbeiten benötigen. So wollen wir eine Art Drehscheibe – vom Hersteller über den Disti bis zum Endkunden – schaffen. So sollen neue Kontakte und neue Ideen entstehen. Wir werden auch einen Event- und Schulungsraum – unser Innovationszentrum – mit einer Grösse von 350 Quadratmetern haben, mit einer topmodernen Infrastruktur, die es uns erlaubt, neue Ansätze etwa im Bereich IoT erlebbar zu machen, inklusive neuester Präsentationstechnik und voll ausgestatteter Küche. Vom Stil her wird dieser Raum aber nicht den staubigen Geruch eines Klassenzimmers haben, sondern eher eine Mischung zwischen Lounge und Sportbar sein. Natürlich werden wir dort auch regelmässig Zibris-Partys veranstalten.

Was ist Ihre Botschaft an den Channel?

Damit ein Geschäft erfolgreich ist, braucht es Kunden. Und Kundenbeziehungen funktionieren nur, wenn man sie als Partnerschaft lebt. Wir wollen Partner sein für unsere Lieferanten. Wir wollen Partner sein für unsere Reseller. Dabei sehen wir uns nicht mehr als klassischen Distributor. Eigentlich wollen wir eine Rockband sein.

Persönlich: Mariano Isek ist in Emmenbrücke aufgewachsen und hat auch dort die Grundschule besucht. Nach seiner Ausbildung zum Elektrozeichner, einem Jahr Aufenthalt in der USA und ein paar anderen Geschichten machte er sich selbstständig und eröffnete 1989 ein Reifenhaus in Emmenbrücke. Im Jahr 1997 fing die Zibris-Story gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Claudio Brogna an. Im Reifenhaus, in einem 7 Quadratmeter grossen Büro, fingen die beiden an, Ersatzteile für Server und Storage international zu handeln. Seit einigen Jahren widmet sich das Unternehmen der Value Add Distribution. Hewlett-Packard, Aruba, Pure Storage, Rubrik und Artec sind die Hauptprodukte in ihrem Sortiment. Isek frönt in seiner Freizeit vor allem seiner grossen Leidenschaft, dem Motorradfahren und seiner Familie. Mariano Isek ist verheiratet und hat eine Tochter (17) und einen Sohn (18).

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