Was Kunden wollen

Warum Postfinance die IT-Kompetenzen im Haus behalten will

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von Coen Kaat

Die Postfinance ist quasi der Zahlungsverkehr-Arm der Schweizerischen Post. Sie bietet Produkte und Dienstleistungen in den Bereichen Sparen, Anlegen, Vorsorgen und Finanzieren. Welcher IT-Aufwand hier dahintersteckt und was das Unternehmen von seinen IT-Partnern erwartet, erklärt CIO Markus Fuhrer im Interview.

"Wir haben noch vieles vor auf dem Weg zum Digital Powerhouse", sagt Markus Fuhrer, CIO von Postfinance. (Source: Rolf Siegenthaler)
"Wir haben noch vieles vor auf dem Weg zum Digital Powerhouse", sagt Markus Fuhrer, CIO von Postfinance. (Source: Rolf Siegenthaler)

Was beinhaltet Ihre tägliche Arbeit und wo kommen Sie mit IT-Dienstleistern in Berührung?

Markus Fuhrer: Als Head IT & Operations ist mein Tagesgeschäft vielseitig. Wir verantworten bei Postfinance sämtliche IT-Disziplinen wie Solution Engineering, Application-Management, IT-Operation-Management, IT-Infrastruktur-Management etc. selbst. Wir arbeiten aber fast in allen Disziplinen mit IT-Dienstleistern zusammen, vor allem bei den vielen Projekten, die wir in Umsetzung haben. Unser Ziel ist es, Postfinance zum Digital Powerhouse auszubauen, dabei nutzen wir den Service von diversen IT-Dienstleistern. Wir setzen auch viele Standardkomponenten ein; wenn jemand etwas besser kann als wir oder wenn "das Rad" schon erfunden ist, so bauen wir darauf auf. Nur so ist man heutzutage schnell.

Was sind die drei wichtigsten Eigenschaften, die Ihre ­IT-Dienstleister mitbringen müssen?

Ein IT-Dienstleister muss sich voll unseren strategischen Zielen verpflichten und Teil der gemeinsamen Erfolgsgeschichte sein wollen. Dies muss ich bereits in den Verhandlungen spüren. Weiter erwarte ich absolute Professionalität beim entsprechenden Thema. Daher entscheiden wir uns meistens erst nach einem Proof of Concept, bei dem wir eine erste Leistung sehen, für eine Partnerschaft. Als dritte Eigenschaft ist mir wichtig, dass der IT-Dienstleister mithilft, den Know-how-Transfer zu unseren Mitarbeitern sicherzustellen. Wir wollen, dass die Führungskompetenz und die konzeptionelle Kompetenz bei Postfinance-Mitarbeitern liegen.

Wo kaufen Sie die Komponenten, die Sie benötigen? Direkt beim Hersteller oder bei einem Fachhändler?

Angesichts unserer Grösse gehen wir Vertragsverhältnisse meistens direkt mit den Herstellern ein.

Welche Bereiche Ihrer Unternehmens-IT haben Sie ­ausgelagert?

Über Ostern 2018 konnten wir unsere Core-Banking-Transformation erfolgreich abschliessen. Mit diesem Grossprojekt haben wir in enger Zusammenarbeit mit externen IT-Partnern unsere IT-Landschaft weiter modernisiert. Dabei haben wir auch die über Jahre gewachsene IT-Architektur über alle Layer grösstenteils aufgeräumt. Wir verfügen nun über eine fast 100-prozentig virtualisierte IT-Infrastruktur, die insbesondere auf dem Infrastruktur-Layer mit modernsten Technologien standardisiert, automatisiert und konsolidiert ist. Da wir im Kosten-Benchmark mit anderen gut mithalten, betreiben wir die Systeme grösstenteils selbst in den beiden eigenen Rechenzentren. In den Bereichen Netzwerk und Arbeitsplatzinfrastruktur haben wir eine enge Zusammenarbeit mit der IT der Post.

Welche Bereiche würden Sie hingegen nie auslagern?

Aufgrund der Herausforderungen durch die Digitalisierung ist es im Banking wichtig, die Technologiekompetenz im IT-Bereich selbst im Hause zu haben. Technologiekom­petenz ist für eine Bank von strategischer Bedeutung. Daher wollen wir in allen Bereichen die Führungskompetenz und die konzeptionelle Kompetenz im Hause haben. Eine Bank muss das Thema Sourcing generell sehr vorsichtig angehen.

Was werden in der nächsten Zeit die grössten technischen Herausforderungen im Bereich IT für Sie sein?

Alle sprechen von agilen Methoden, Vorgehen und Tools, um an Flexibilität und Geschwindigkeit für die Weiterentwicklung zu gewinnen. Dies wird aber nur funktionieren, wenn man insbesondere in die technische Entkopplung der IT-Landschaft investiert, Stichwort "Microservices". Wo nötig, wollen auch wir diese Entkopplung weiter­treiben.

Wie können IT-Dienstleister Sie dabei unterstützen?

Wir haben noch vieles vor auf dem Weg zum Digital Power­house und sind offen für strategische Partnerschaften. Dabei stellen wir Qualität über Quantität und wollen die Zusammenarbeit auf einige wenige strategische Partner konzentrieren.

Die Redaktion fragt in der "IT-Markt"-Rubrik "Was Kunden wollen", was Unternehmen von ihren IT-Dienstleistern erwarten und wo die grössten Baustellen liegen. Die Auswertung der Interviews der vergangenen drei Jahre zeigt: IT-Dienstleister sollten auf ihre Kunden eingehen, einen Blick über den Tellerrand wagen und ruhig mal etwas mutiger auftreten. Lesen Sie hier die komplette Analyse.

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