Vis-à-vis Drazen-Ivan Andjelic

Wie der neue Schweiz-Chef Damovo zum Erfolg führen will

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von Coen Kaat

Seit März hat der Systemintegrator Damovo wieder einen Schweiz-Chef: Drazen-Ivan Andjelic, der Erfahrungen von Atos, Unify und Co. mitbringt. Die Stelle war zuvor fast ein Jahr vakant. Warum, sagt Andjelic im Interview. Ausserdem erklärt er, weshalb er die Schweizer Niederlassung umkrempelte und wie er mit Damovo in der Schweiz Erfolg haben will.

Drazen-Ivan Andjelic, Managing Director, Damovo Schweiz. (Source: Netzmedien)
Drazen-Ivan Andjelic, Managing Director, Damovo Schweiz. (Source: Netzmedien)

Seit rund drei Monaten sind Sie nun Chef von Damovo in der Schweiz. Wie ist es Ihnen in der Zeit ergangen?

Drazen-Ivan Andjelic: Ich habe ein starkes Unternehmen mit einer sehr motivierten Mannschaft angetroffen. Dennoch war das Team froh, wieder einen Geschäftsführer zu haben – vor allem einen branchenkundigen und ortsansässigen.

Warum war die Stelle vor Ihrem Antritt so lange vakant?

Ich bin froh, dass sich Damovo so lange Zeit gelassen hat (lacht). Das gab mir die Möglichkeit, bestehende Projekte und Kunden bei meinem vorherigen Arbeitgeber sauber in neue Hände zu übergeben. Es war mir sehr wichtig, dass es nicht zu einem Einschnitt kommt. Denn ich bin davon überzeugt, dass sich eine ordentliche Stabsübergabe früher oder später positiv bemerkbar macht.

Ist es so lange gegangen, weil Damovo spezifisch auf Sie gewartet hat?

Ein Grund für die Verzögerung war sicherlich meine Kündigungsfrist. Damovo hat sich aber auch die notwendige Zeit genommen, den Markt zu verfolgen und die richtigen Kandidaten zu finden. Diese Zeit hat Damovo sehr gut überbrückt, indem die Kollegen aus Deutschland eingesprungen sind. Einerseits kennen sie den Schweizer Markt sehr gut und andererseits sind sie den Mitarbeitern vertraut. Die enge Zusammenarbeit innerhalb der einzelnen Länderorganisationen ermöglicht es, solche Überbrückungszeiten problemlos zu organisieren.

Weshalb ist Ihr Vorgänger gegangen?

Was in der Vergangenheit passiert ist, kann ich nicht beeinflussen und darum auch nur schwierig beurteilen. Ich konzentriere mich lieber auf die Zukunft und auf das, was meine Mitarbeiter und Kunden heute beschäftigt.

Was war Ihre erste Handlung als Chef?

Ich wollte möglichst schnell eine Verbindung zu meinem Team aufbauen. Darum habe ich mir zuerst die nötige Zeit reserviert, meine Mitarbeiter in direkten Gesprächen persönlich kennenzulernen. So wollte ich die Lage im Unternehmen sondieren und Feedback einholen.

Was haben Sie mit dem Feedback gemacht?

Ich bin selbst ein wenig überrascht, was ich in den vergangenen drei Monaten bereits bewegen konnte. Das Erste, was mir klar wurde, war, dass ich im Grossraumbüro zwischen meinen Mitarbeitern sitzen muss. Dies verkürzt einerseits die Entscheidungswege, andererseits sollen die Mitarbeiter so aber auch merken, dass ich mich nicht abgrenze, sondern dass ich einer von ihnen bin. Das Büro, das früher für den Managing Director gedacht war, ist nun ein Sitzungszimmer, das jeder Mitarbeiter nutzen kann.

Wie reagierten die Mitarbeiter auf diese Veränderungen?

Sie waren sehr überrascht (lacht). Nicht nur, dass ich nun zwischen ihnen sitze. Nein, ich habe auch die Parkplatzzuweisung, die vorher bestand, aufgelöst. Wenn ich jetzt mit dem Auto komme, parkiere ich es einfach dort, wo gerade frei ist. Für gewöhnlich nutze ich aber nicht nur das Auto, sondern auch das Velo oder den ÖV.

Was wollen Sie mit diesem Kulturwandel erreichen?

Ich will nicht an unnötigen Privilegien festhalten. Für mich sind das Hindernisse auf dem Weg zu einem modernen, innovativen und agilen Unternehmen. Und dorthin will ich Damovo Schweiz führen. Aus diesem Grund schöpfe ich aus meinem Erfahrungsrucksack das Beste heraus und implementiere es bei Damovo. Diese Komponente ist für mich bei Entscheidungsfragen relevant und natürlich auch sehr hilfreich. So habe ich auch entschieden, dass ich der Chef sein will, der nahe bei den Mitarbeitern ist.

Spiegelt sich diese Sitzordnung auch in der Organisationsstruktur wider?

Ja, wir haben eine sehr flache Hierarchie im Haus. Mein Arbeitsplatz fördert die direkte Kommunikation und es steht jedem Teammitglied frei mich jederzeit anzusprechen zu können. Wenn das Lämpli rot leuchtet, wissen meine Mitarbeiter, dass ich gerade in einer Telefon-, Videokonferenz oder einem Kundencall bin und wir unseren Austausch auf später verschieben müssen.

War es schwierig, diesen Kulturwandel bei ihren Mitarbeitern herbeizuführen?

Nein. Einerseits – davon bin ich überzeugt – hatten sie bereits gehofft, dass solche Veränderungen kommen würden. Andererseits ist es mir stets wichtig, klar und transparent zu kommunizieren. Bei solchen Entscheidungen versuche ich die Mitarbeiter immer vorher abzuholen, sodass ich sie mit auf den Weg nehmen kann.

Was heisst das konkret?

Das Team erhält beispielsweise ein monatliches Update von mir. Darin halte ich fest, was meine Beobachtungen und Erkenntnisse sind und wo wir gemeinsam Massnahmen ergreifen müssen. So setze ich mich selbst auch ein wenig unter Druck, dass es nicht nur bei blossen Worten bleibt. Für mein Team wird es so verbindlicher und wir entwickeln uns stets weiter. Natürlich brauche ich diesen Druck nicht wirklich. Was meine Mitarbeiter beschäftigt, sind für mich wichtige Themen, die ich entsprechend anpacke. Das monatliche Update hilft mir dabei, den Überblick zu behalten.

Wieso entschieden Sie sich dafür, zu Damovo zu wechseln?

Damovo und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit: Ich habe früher für Ericsson Enterprise gearbeitet. Und Damovo ist 2001 aus Ericsson Enterprise entstanden. Ich kannte das Unternehmen also vorher schon gut – zum Teil auch aus der Perspektive eines Mitbewerbers. Was mich vor allem freut, ist dass ich nun die Chance habe, mich wieder etwas mehr auf die Schweiz zu konzentrieren.

Wie meinen Sie das?

Vor dem Wechsel zu Damovo war ich zuletzt als Vice President Channel Central Eastern Europe / Israel & Managing Director Switzerland für Unify tätig. Die letzten beiden Jahre habe ich bei Atos im Konzern neben Unify als Division auch die Verantwortung für den Telco Markt und das gesamte Portfolio getragen und Unify in der Geschäftsleitung vertreten. Das bedeutete vor allem eines: Ich war wirklich viel unterwegs. Rund 100 Flüge und 40'000 Kilometer pro Jahr. Als junger Familienvater von zwei Kindern im Schulalter will ich meine freien Stunden nicht im Flugzeug oder Auto absitzen. Diese Zeit verbringe ich lieber mit meiner Familie.

Wie sieht Ihre Strategie für die Schweiz aus?

Wenn Sie heute unser Portfolio anschauen, sind wir sehr gut aufgestellt in den Bereichen Kommunikation und Kollaboration, Netzwerk, Security, Alarming, Consulting und Managed Services. Diese Marktstellung will ich weiter ausbauen. Trotzdem fehlen meiner Meinung nach ein paar Komponenten. Darum bauen wir nebenbei auch unsere Stellung in den Bereichen UC-as-a-Service, Software-as-a-Service und Cloud aus.

Wie etabliert sind solche As-a-Service-Modelle heute im Markt?

Ich komme von einem Hersteller, der genau diese Themen forcieren wollte. Daher weiss ich, dass diese Themen die Schweizer Partnerlandschaft teilweise noch überfordern. Einige Integratoren verstehen das Geschäftsmodell nicht – andere haben ihr Geschäftsmodell noch nicht in diese Richtung entwickelt. Aber: As-a-Service-Modelle werden immer wichtiger. Und ich bin überzeugt, dass sich Damovo einen Platz in dem Bereich sichern wird.

Welche Rolle spielt die Cloud dabei?

Die Cloud spielt eine sehr wichtige Rolle. Wegen Datenschutzthemen sind heute nicht alle Kunden bereit, in die Cloud zu wechseln. Ebenfalls heisst das auch, dass wir unser heutiges Geschäftsmodell im Cloud-Bereich anpassen müssen. Ich bin überzeugt, dass viele Kunden aufgrund der Covid-19-Situation offener gegenüber Cloud-Lösungen geworden sind. Somit sind aktuell die Hybrid-Ansätze wohl die gefragtesten Lösungen.

Wie wollen Sie diese Strategie umsetzen?

Die Damovo-Gruppe hat vor Jahren bereits begonnen, intern eine Cloud-Lösung zu nutzen. Heute setzen wir die modernsten Tools und Lösungen ein, die im Markt verfügbar sind. Damit ist der erste Schritt bereits getan. Die Mitarbeiter werden regelmässig in diese Richtung geschult, damit sie den Kunden nicht nur bezüglich der klassischen Welt, sondern auch was Cloud-Themen angeht, zur Seite stehen können. Darum war es mir wichtig, hier sehr agil die Portfoliostrategie umsetzen zu können.

Wie sieht diese Portfoliostrategie aus?

Aktuell bieten wir unseren Kunden Cloud-Lösungen von Zoom, Microsoft, Cisco, Avaya, Mitel, Bluejeans und Genesys an. In den nächsten drei Monaten kommen neue Lösungen hinzu, die ich momentan aber noch nicht nennen möchte. Was ich ebenfalls neu eingeführt habe, ist die Zusammenarbeit mit internationalen Start-ups aus den Bereichen künstliche Intelligenz und dem Internet der Dinge. Wir haben zwar noch ein wenig Arbeit vor uns. Aber ich bin mir sicher, dass man in naher Zukunft bei diesen Themen öfters von Damovo lesen und hören wird.

Wie unterstützen Sie Ihre Kunden beim Thema Automatisierung?

Wir haben in Deutschland ein eigenes Development Center für Software-Lösungen. Dort entwickeln wir eigene Lösungen, mit denen unsere Kunden ihre Prozesse automatisieren können. Auf dieser Automatisierungsplattform namens "Damovo Service Plaza" lassen sich diverse Hersteller (Voice und Netzwerk) gleichzeitig integrieren und über eine Oberfläche verwalten.

Wie sieht das Verhältnis zwischen eigenen Entwicklungen und Komponenten von Herstellern aus?

Der Anteil Eigenentwicklungen liegt bei etwa 15 Prozent. Aber überlegen Sie sich doch mal, wenn Sie ins Auto einsteigen jedoch keinen Schlüssel haben. Was bringt ihnen selbst das teuerste Auto ohne Schlüssel? Nichts! Mit diesem Beispiel möchte ich zeigen, dass auch ein einziges Prozent einer Lösung ein absolut essentieller Bestandteil sein kann.

Wie entwickelt sich das Geschäft von Damovo in der Schweiz?

Trotz der Massnahmen rund um die Coronapandemie laufen unsere Geschäfte gut und stabil. Glücklicherweise hat sich kein einziger Mitarbeiter der ganzen Unternehmensgruppe mit dem Virus angesteckt. Nun fahren wir den Betrieb rollend wieder hoch. Das heisst, die Mitarbeiter gehen wieder ins Büro und die Kundenbetreuung erfolgt auch wieder persönlich vor Ort und nicht mittels Kollaborationstools.

Wie wirkte sich das Coronavirus auf Damovo aus?

Wir haben vermehrt Anfragen erhalten im Bereich Collaboration. Die kommen von Unternehmen, die nicht schnell ad hoc einfach irgendetwas haben wollen. Stattdessen sind sie – trotz des schnellen Wechsels ins Homeoffice – auf der Suche nach einer durchdachten Lösung, welche sich richtig in bestehende Systeme integrieren lässt. Auf lange Sicht macht sich das bezahlt.

Wie wichtig ist der Schweizer Markt für Damovo?

Die Schweiz ist sehr wichtig innerhalb der Gruppe. Viele Grosskonzerne haben hier ihren Hauptsitz. Mit unserer lokalen Organisation und Expertise, können wir sie hier abholen und dank der Ressourcen der Unternehmensgruppe weltweit bedienen. Vielleicht eine kleinere, aber eine äußerst wichtige Rolle. So gesehen sind wir also wieder beim Schlüssel und dem Auto.

Und wie wichtig ist Damovo für den Schweizer Markt?

Es gibt genügend ICT-Integratoren in der Schweiz. Wir sind nicht der Grösste, aber wir sind sicher auch nicht der Kleinste auf dem Markt. Da wir Teil einer grossen Unternehmensgruppe sind, decken wir alle Leader aus dem Gartners Magic Quadranten ab. Das können nur wenige Integratoren europaweit von sich behaupten. Aus diesem Grund ist Damovo auch für den Schweizer Markt wichtig.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Channel?

Für mich ist das Image von Damovo im Markt ausschlaggebend. Selbstverständlich achte ich auch auf meinen persönlichen Ruf, und dann natürlich auch den der Partner. Aus diesem Grund ist eine langfristige Planung wichtig, denn wer nur auf den kurzfristigen Erfolg aus ist, wird diesen nicht lange haben. Das ist auch die Erfolgsstory von Damovo. Die Kunden, die wir früher hatten, haben wir immer noch. Gemeinsam entwickeln wir uns stetig weiter, sodass wir ihnen ein immer breiteres Portfolio an Services und Lösungen bieten können. Aufgrund dessen – was dies betrifft – sehe ich mich auch ein bisschen als Wirtschaftspatriot.

Was hat das mit Patriotismus zu tun?

Mit unseren Services tragen wir alle zur Innovationskraft und Zuverlässigkeit von Schweizer Unternehmen und somit zur Schweizer Wirtschaft bei. Wir sind alle ein Teil des Erfolgs der Marke «Schweiz». Dafür setze ich mich ein – auch wenn in meiner Brust zwei Herzen schlagen.

Die Meldung zu Drazen-Ivan Andjelics Stellenantritt können Sie hier nachlesen.

Persönlich: Drazen-Ivan Andjelic (Draschi) ist Managing Director von ­Damovo Schweiz. In seiner Verantwortung liegt es, die Damovo-Strategie für das ICT-Solution-, Cloud- & Managed-Service-Portfolio vo­ranzu­treiben. Bevor Andjelic zu ­Damovo wechselte, hatte er bei Unify (auch Atos UCC Division) als Vice President Channel Central Eastern Europe & Israel den Markt transformiert und ausgebaut. Pa­rallel hatte er die Verantwortung als Managing Director bei Unify und Mitglied der Atos-Geschäftsführung für das Marktsegment Telekommunikation für die Schweiz weiterentwickelt. (Source: Damovo)

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