Schwerpunkt Providermarkt Schweiz

"Auf technologische Entwicklungssprünge in der Verbindungstechnik ist Verlass"

Uhr | Updated
von Marc Landis

An dieser Stelle finden Sie immer am Freitag ein Interview mit einem wichtigen Exponenten der Schweizer ICT-Branche. Heute beantwortet Marco Quinter, Senior Vice President, UPC Cablecom Business, Fragen zur Zukunft des Providermarktes in der Schweiz.

Marco Quinter, Senior Vice President, UPC Cablecom Business. (Quelle: UPC Cablecom)
Marco Quinter, Senior Vice President, UPC Cablecom Business. (Quelle: UPC Cablecom)

Wie muss sich der Channel aufstellen, um im Geschäft mit Provider-Dienstleistungen Geld zu verdienen?

Marco Quinter: Unsere Partner unterscheiden sich klar in ihrer Ausrichtung auf verschiedene Zielsegmente mit unterschiedlich breitem Dienstleistungsangebot. Allen Partnern gemein ist ihre Funktion als Navigator – sie verstehen die wachsende Vielfalt an Kundenbedürfnissen und geben ihren Kunden Orientierung. Erfolgreiche Channels mit Fokus auf das Kleinstfirmensegment legen grossen Wert auf effiziente Vertriebsprozesse bei niedrigen Transaktionskosten. Als Provider arbeiten wir an der Automatisierung und Integration von Produktionsprozessen, um den hohen Qualitätsansprüchen der Endkunden auch bei kleinen Budgets gerecht zu werden. Geld verdienen Partner hier nachhaltig, wenn sie sich kontinuierlich schulen, um den Nutzen von Lösungen erklären zu können und dazu wenige, aber intensive Partnerschaften mit Providern pflegen. Klassische Partner im Grosskundensegment verstehen es, ihre Dienstleistungen mit  Provider-Produkten zu komplettieren. Systemintegratoren, Software-Consultants oder Hardware-Distributoren wollen beispielsweise alle eine Cloud-Karte spielen. Ein Riesenpotenzial für den Channel: Er bietet seine Cloud-Lösung als «End-to-End-Pakete» an und entzieht sich damit der Vergleichbarkeit und reduziert den Preisdruck. Um dieses Modell erfolgreich zu betreiben, ist eine enge Partnerschaft zwischen Channel und Provider unabdingbar. Beide Parteien müssen ihre gegenseitige Value Proposition kennen und verstehen, um dem Markt gemeinsam einen Mehrwert zu bieten.

Wie entwickelt sich der Provider-Markt?

Der Provider-Markt profitiert in der Schweiz von wachsender Mitarbeiter-Mobilität und zunehmender Kollaboration über Standorte und Ländergrenzen hinweg. Kunden erkennen die gewaltigen Möglichkeiten zur Kosteneinsparung durch konsequenten Einsatz von IP-basierten Kommunikationslösungen. So steigen die Anforderungen entlang aller Kundensegmente im Hinblick auf Bandbreite, Latenz und Verfügbarkeit, etwa für Videokonferenzen oder zur Cloud-Nutzung. Unsere Kunden suchen zudem nach Möglichkeiten zur Kosteneinsparung und werden immer häufiger bei "Managed Services"-fündig, womit Leistungen im Netzwerk- und Sicherheitsbetrieb nicht mehr durch die internen IT-Abteilungen, sondern direkt durch Carrier kosteneffektiv erbracht werden. Im KMU-Bereich lässt sich die Ergänzung und Ablösung der klassischen analogen und ISDN-Telefonie durch flexible internetbasierte Lösungen beobachten. Durch Flatrates und Minutenkontingente entfalten sich zusätzliche Kosteneinsparungen. Der Markt wächst also weiterhin, wenn auch nicht primär durch reine Transportleistungen, sondern vielmehr durch die Verknüpfung unserer Kernprodukte mit zusätzlichen Diensten.

Wohin entwickelt sich die Technologie im Provider-Geschäft?

Auf technologische Entwicklungssprünge in der Verbindungstechnik ist Verlass – das macht das Provider-Geschäft für den ICT-Channel spannend. Mit der Glasfaser werden höchste Bandbreitenansprüche erfüllt. Der Aufwand zur Erschliessung der Firmenstandorte ist vielerorts jedoch sehr hoch. Mithilfe moderner Technologien lassen sich Kupferverbindungen auch die nächsten Jahre für hohe symmetrische Bandbreiten einsetzen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen bietet das hybride Kabelnetz zudem für viele Anwendungsfälle noch über viele Jahre hinweg hohe Leistungsreserven. Bewegung kommt auch in das Thema Service Level Agreements. Mit zunehmender Abhängigkeit von innovativen Kommunikationslösungen sinkt die Bereitschaft, selbst kurze Ausfallzeiten hinzunehmen und sich dazu zum Beispiel als Kleinstbetrieb mit Privatkundenprodukten zufriedenzugeben. Auf die Nachfrage mittlerer und grosser Kunden nach flexiblen und kostengünstigen Transportdiensten reagieren wir mit innovativen Carrier-Ethernet-Lösungen. Damit läuten wir auch die Wachablösung teurerer SDH-Leitungen ein.

Wo sehen Sie Probleme/Herausforderungen im Provider-Geschäft via Channel?

Der ICT-Markt ist ständigem Wandel unterworfen. Kunden sind immer weniger daran interessiert, IT-Assets zu betreiben oder gar zu besitzen. Da sehe ich Systemintegratoren vor einer Herausforderung stehen. Ihr Projektgeschäft bewegt sich in Richtung sogenannter «Services». Der Kunde bezieht nicht mehr Hardware, sondern den Dienst an sich. Damit rücken Finanzierungsmodelle in den Vordergrund, um Vorabinvestitionen gegen "On-Demand" Modelle einzutauschen. Partner mit KMU-Fokus setzt der Schulungsaufwand für die eigenen Mitarbeiter unter Druck. Permanent am Ball zu bleiben, ist aber Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg. Der Firmenkunde ohne eigene Infrastruktur-Expertise verlässt sich auf die Kompetenz des Channels und erwartet rasche Installationszeiten, hohe Betriebsqualität und kurzfristige Hilfe, selbst bei niedrigen Budgets. Auch für uns als Provider ist es nicht immer einfach, mit unserem gesamten Portfolio wahrgenommen zu werden. Es kommt leider immer wieder vor, dass sich Partner im Gespräch positiv überrascht zeigen über die grosse Bandbreite unserer ICT-Lösungen.

Wie sind die Zukunftsaussichten im Provider-Business für den Channel?

Eine gute Prognose stelle ich vor allem für Partner, die Netzwerk-Kompetenz mit Telekommunikations-Expertise verbinden können, um konvergente Lösungen anzubieten. Für den Channel ist es dazu wichtig, den richtigen Provider ins Boot zu holen. Er sollte sich gut überlegen, ob er dazu einen Telekompartner wählt, der ihm in seinem Kerngeschäft Konkurrenz machen kann, oder ob er nicht besser fährt mit einem Partner, der sein eigenes Portfolio ergänzt. Damit eröffnet sich der Channel neue Kundensegmente, wie die One-Stop-Shopper, die bisher vielleicht nicht erreicht werden konnten. Viele Unternehmenstransaktionen zwischen Schweizer ICT- und Telekom-Providern in den letzten Monaten haben gezeigt, wie wichtig deren Zusammenarbeit ist. Die Praxis zeigt jedoch, dass eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Channel und Provider statt einer Übernahme kurzfristig höhere Synergien bringt. Auch in Zukunft werden die "Kosten pro übertragenem Bit" durch ständige Technologiesprünge fallen. Damit einher gehen Differenzierungsmöglichkeiten, die die Komplexität der angebotenen Lösungen weiter steigern werden. Der Channel bleibt deshalb im Provider-Business weiterhin ein unverzichtbarer Orientierungspunkt. 

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