Gabriel Meinhard, Country Channel Sales Manager PSG, Hewlett Packard

"Durch die Spezialisierung stehen wir heute vor dem Problem, dass ein Mangel an Fachkräften herrscht"

Uhr | Updated
von Marc Landis

Vor rund einem Jahr hat HP in der Schweiz die interne Channel-Organisation auf den Kopf gestellt. Jede Business-Unit betreut ihre Channel-Partner selbst. Die übergeordneten, channelrelevanten Aktivitäten werden von Gabriel Meinhard (Bild) koordiniert, der das Channel-Leadership-Team leitet.

Welche Entwicklungen im Channel haben Sie positiv überrascht in den letzten Jahren?

In der IT-Branche hat wie in kaum einer anderen eine grosse Spezialisierung stattgefunden. Unsere Business-Partner haben das nachvollzogen: Sie haben viel investiert und ihre Kompetenz in den verschiedenen Fachbereichen enorm gesteigert.

Was meinen Sie genau mit Spezialisierung?

Unser Portfolio ist immer breiter geworden. Und die Bedürfnisse der Kunden wurden vielfältiger und spezifischer. Kaum ein Partner kann oder will alles abdecken. Und kaum ein Partner kann alle verschiedenen Kundengruppen gleich gut betreuen. So haben sich die Reseller auf verschiedene Segmente spezialisiert und sich in ihrem jeweiligen Segment ein profundes Knowhow von Markt, Kunden und Technologie an geeignet.

Was limitiert den Markt heute?

Die positive Entwicklung in Richtung Spezialisierung hat auch ihre Schattenseiten. Durch die Spezialisierung stehen wir heute vor dem Problem, dass ein Mangel an Fachkräften herrscht.

Wie begegnen Sie diesem Problem?

Wir bieten unseren Partnern Aus- und Weiterbildungsseminare mit Zertifizierung an, damit sie unsere Produkte optimal verkaufen und installieren können. Ganz besonders stolz sind wir auf unsere Channel Academy, die sich an die Führungskräfte unserer Business-Partner richtet. Wir haben sie zusammen mit dem Malik Management Zentrum, St. Gallen, und der Hochschule für Wirtschaft in Luzern auf die Beine gestellt.

Und wie viele Lehrlinge bildet HP selber aus?

In der Schweiz bieten wir zurzeit 48 Ausbildungsplätze – wir tun also auch etwas für den Nachwuchs. Zudem bildet eine grosse Anzahl unserer Partner Lernende aus.

Wie wichtig ist der Channel eigentlich für HP?

Sehr wichtig. Wenn Sie sich vorstellen, dass rund 70 Prozent des HP-Umsatzes über Reseller generiert wird, können Sie verstehen, wie wichtig.

Was macht diese Zusammenarbeit so erfolgreich?

Einerseits bietet HP ein Sortiment, das, so glauben wir, «state of the art» ist. Dieses Sortiment, gepaart mit der Fachkompetenz unserer Partner, ermöglicht es, Lösungen für eine Vielzahl verschiedenster Kunden mit vielen verschiedenen Bedürfnissen bereitzustellen. Nur durch die intensive Zusammenarbeit mit Partnern kann HP den Gesamtmarkt so effektiv abdecken. Es ist eine Symbiose in der 1 und 1 definitiv nicht 2, sondern mindestens 3 ergibt.

Aber HP verkauft auch direkt . . .

Ja, das stimmt, etwa ein Drittel erwirtschaften wir mit dem Direktverkauf. HP ist z. B. bei PSG seit sechs Jahren im Direktgeschäft tätig. Das Direktgeschäft geht aber nicht zulasten des Partnergeschäftes. Der Direktvertrieb richtet sich vor allem an global tätige Unternehmungen. Wir konnten zudem auf beiden Vertriebswegen markant zulegen.

Wie unterstützen Sie Ihre Channelpartner?

Neben den erwähnten Aus- und Weiterbildungsprogrammen mit Zertifizierungen helfen wir im Marketing, unterstützen mit unserem Aussendienst und durch unseren technischen Support. Zudem übernehmen unsere Distributoren eine wichtige Funktion in der gesamten Vertriebskette, wie etwa Logistikaufgaben, bei der Finanzierung oder beim Informationsmanagement.

Vor rund einem Jahr hat HP die interne Channel-Organisation in der Schweiz auf den Kopf gestellt. Was hat es gebracht?

In einem Wort: Fokus.

Was heisst das?

Heute haben wir drei für den Channel besonders wichtige Geschäftsbereiche: ESSN (Enterprise Storage, Servers and Networking), IPG (Imaging and Printing Group), PSG (Personal Systems Group). Jeder Geschäftsbereich hat seine Eigenheiten und erfordert fundiertes Fachwissen für die optimale Beratung und Betreuung der Partner. Die jeweilige Business Unit operiert mit einer eigenen Partnerorganisation. Meine Aufgabe als Chef des Channel-Leadership-Teams ist es, neben der vollen Verantwortung für das Commercial- und Consumer-Geschäft bei PSG, die übergeordneten, channelrelevanten Aktivitäten zu steuern. Dazu gehören der Auftritt der Partnerorganisationen gegen aussen, die Aus- und Weiterbildung, Events, Verträge etc. In dieser Funktion nehme ich auch Einsitz in der erweiterten Geschäftsleitung.

Wozu wurde das Channel Advisory Board geschaffen und wie ist der Channel involviert?

Wir haben uns vor sechs Jahren, auch im Zuge des Mergers mit Compaq, überlegt, wie wir die Zusammenarbeit mit unseren Partnern verbessen könnten. Dazu wurde das Channel Advisory Board geschaffen. Es handelt sich dabei um ein Gremium, das sich aus ausgewählten Channel-Partnern und HP-Mitarbeitern zusammensetzt und das drei- oder viermal im Jahr tagt. In diesen Sitzungen wird über Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert, darüber, wie die Fehler vermieden und die Erfolge wiederholt werden können. Zudem sprechen wir über die Zukunft und über Markt- und Technologietrends. Heute ist das Channel Advisory Board ein wichtiger Think-Tank für uns. Wir erörtern etwa neu aufkommende Geschäftsfelder und versuchen gemeinsam im Gremium Wege zu finden, diese zu adressieren.

Wie wird 2010 für HP zu Ende gehen? Aus dem Channel hört man, dass in diesen letzten Wochen noch mit grossem Einsatz um Marktanteile gekämpft wird . . .

Dass um Marktanteile gekämpft wird, ist nicht neu. Wir kämpfen im Übrigen das ganze Jahr über und nicht nur zum Schluss (lacht). 2010 wird für unsere Partner und uns ein gutes Jahr werden. Wir merken, dass die Verunsicherung, wie wir sie 2009 noch verspürt haben, viel geringer ist. Kunden, v. a. Businesskunden, ziehen auf Eis gelegte IT-Projekte nun durch. Der Investitionsstau scheint sich aufzulösen.

Welches sind die Herausforderungen im Jahr 2011?

Allgemein hoffen, wir, dass der wirtschaftliche Aufschwung nachhaltig sein wird. Die Auswirkungen makroökonomischer Turbulenzen sind halt sehr schwierig abzuschätzen. Für den Channel wird die Herausforderung sein, gut qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen. Der Arbeitsmarkt ist ausgetrocknet, wenn es um Spezialisten geht.

Wie gehen Sie als Hersteller mit dem Preiszerfall bei Hardware etwa im Serverbereich um und was kann der Channel-Partner tun, um wegfallende Erträge zu kompensieren?

Die Standardisierung und Industrialisierung in der IT führt zu tieferen Preisen oder mehr Leistung für dasselbe Geld. Wir als Hersteller sind die Treiber der Standardisierung. Unterschiedliche Kunden haben unterschiedliche Ansprüche an ihren neuen Server. Wir wollen für verschiedene Kundenbedürfnisse im Markt das passende Produkt anbieten. Das heisst, es gibt Geräte vom untersten Preissegment bis hin zu High-End-Servern. Wir geben den Partnern damit ein Portfolio an die Hand, um die Bedürfnisse ihrer Kunden ideal abzudecken. Und mit dem Verkauf des Servers ist das Geschäft ja nicht erledigt. Dazu kommen Beratung, Installation, Wartung, Support usw. Zudem gibt es Peripheriegeräte, die ersetzt werden müssen, es gibt Supplies. Die meisten unserer Partner bieten viele dieser Mehrwert-Services sehr erfolgreich an. Immer mehr Dienstleistungen wandern in die Cloud. Die Grenzen zwischen fixer eigener Infrastruktur und von Fall zu Fall dazugekauften Kapazitäten und Services verschwimmen. Welche Strategie verfolgt HP? HP bietet heute schon Cloud Services an, etwa SAP-Infrastruktur. Dort haben wir ein klar definiertes Partnerkonzept, und wir haben dafür schon Channel-Partner mit im Boot. Wir werden unser Cloud-Angebot kontinuierlich ausbauen, und unsere Partner spielen dabei eine wichtige Rolle.

Braucht es den Channel in der Cloud überhaupt noch?

Ja. Die Bedeutung des Partners dürfte durch Cloud-Computing in Zukunft tendenziell eher steigen als sinken, vor allem im KMU-Bereich. Denn auch wenn HP oder andere solche Services anbieten, muss jemand Beratung, Installation, Wartung, Support usw. besorgen. Dafür ist der Partneram besten geeignet.

Ist der Channel fit für Cloud-Computing?

Ja, gerade im Value-Bereich tätige Reseller können heute schon gut mit diesem Thema umgehen. Der Wind im IT-Markt kann schnell drehen: Marktanteile sind schnell wieder weg oder aus Kooperationspartnern werden plötzlich Konkurrenten (Cisco).

Ist Coopetition mit anderen Herstellern mehr als nur eine Worthülse?

Ja, es ist täglich gelebte Realtität. Im Druckerbereich arbeiten wir mit Canon zusammen. Canon ist aber auch einer unserer wichtigsten Mitbewerber. Ähnliches gilt für Cisco. Wir arbeiten zusammen, haben gemeinsame Projekte, sind aber gleichzeitig Konkurrenten. HP hat mit der Übernahme von 3Com seine Netzwerkkompetenz gestärkt und kann auch in diesem Bereich ein umfassendes Portfolio anbieten. Die Konsolidierung der IT-Branche wird den Trend zur Coopetition noch verstärken.

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