IT-Markt Report 2012

Marketing aufgrund von Fakten statt Vermutungen

Uhr | Updated
von Marc Landis

Im Vorfeld des "IT-Markt Reports 2012" hat Martin Maurer von Profondia Fakten zum Schweizer IT-Markt aus Sicht von Anwendern vorgestellt. Dazu erhob Profondia Daten von gut 10'000 der grössten Schweizer Unternehmen. Dabei trat Erstaunliches zu Tage. Wie etwa beim Trend-Thema "Bring your own Device" (BYOD).

Zum Auffrischen, hier eine kurze Einführung in die Theorie rund um Marktforschung und ihre Methoden: In der Marktforschung wird zwischen Primärmarktforschung (eigene Datenerhebung mit anschliessender Auswertung) und Sekundärmarktforschung (bestehende Daten werden ausgewertet) unterschieden.

Sekundärmarktforschung kann aber nur so gut sein wie die Qualität der ihr zugrundeliegenden Daten. Die folgende Marktbetrachtung basiert auf bestehenden, von Profondia erhobenen Informationen. Profondia ist als Market-Research-Unternehmen seit über 20 Jahren darauf spezialisiert, Daten über die installierte IT- und Kommunikationsinfrastruktur bei den rund 10 000 Schweizer Unternehmen zu erheben, die 30 oder mehr Mitarbeitende und zehn oder mehr Computerarbeitsplätze zählen.

Diese Daten stellt Profondia interessierten IT-Anbietern und -Dienstleistern kostenpflichtig zur Verfügung, damit diese ihr Marketing aufgrund von Fakten statt Vermutungen optimieren können. Es leuchtet ein, dass diese Erhebungen für die IT-Branche von grossem Wert sind. Denn wer weiss, wie es um die installierte Basis der IT- und Kommunikationsinfrastruktur bei potenziellen Unternehmenskunden steht, kann daraus effiziente Marketingmassnahmen ableiten und Kunden gezielt angehen. Diese Unternehmensdaten geben etwa Auskunft darüber, wie viele Desktop- und wie viele Laptop-PCs in Schweizer Unternehmen eingesetzt werden, oder darüber, welche Storage-Lösungen welcher Hersteller installiert sind, wie viele Geräte der Druckerpark umfasst etc.

BYOD in der Schweiz kaum ein Trend

Interessant ist auch, Profondias Erhebungen bei Schweizer Unternehmen den "Markttrends" gegenüberzustellen, die international tätige Marktforscher kolportieren. Der "Megatrend" BYOD ("Bring your own Device") etwa widerspiegelt sich in den erhobenen Daten kaum: Nur in rund acht Prozent der befragten Unternehmen werden zurzeit beispielsweise Tablets offiziell als Arbeitswerkzeug eingesetzt. Und diese Gerätekategorie würde ja eigentlich stellvertretend für den BYOD-Trend stehen.

Eine plausible Erklärung dafür ist, dass für die befragen ITLeiter nach wie vor nur die Produkte zum Firmen-Equipment zähen, die durch das Unternehmen beschafft wurden und von der Informatikabteilung supportet werden. Sollte es den BYOD-Trend wirklich geben, melden die Mitarbeiter ihre privaten Geräte ohne das Wissen der IT-Verantwortlichen im Firmennetzwerk an. Wenn dem so ist, sind diese Unternehmensnetzwerke deutlich stärker in ihrer Sicherheit gefährdet, als solche, deren IT-Abteilungen BYOD bereits auf strategischkonzeptioneller Ebene in die Architektur der Unternehmens-IT einbinden.

Im Folgenden werden die von Profondia erhobenen Daten nach Kategorien analysiert.

Kategorie: Betrieb

Was in der Kategorie "Betrieb" der Datenerhebung von Profondia auffällt, ist, dass die Anzahl der Mitarbeiter in den IT-Abteilungen der befragten Unternehmen mit 250 oder mehr PCs relativ gesehen viel höher ist als bei kleineren Firmen. Durchschnittlich sind in diesen Unternehmen knapp 29 Mitarbeiter damit beschäftigt, die Unternehmens-IT am Laufen zu halten. Sehr wahrscheinlich ist dies auf zwei Faktoren zurückzuführen: Zum einen auf den zunehmenden Trend zur Zentralisierung und Konsolidierung der IT-Infrastruktur, zum anderen auf die komplexeren Softwarearchitekturen, die in den grösseren Unternehmen eine höhere Anzahl von Applikationsspezialisten erforderlich macht. Dies würde zum Teil auch erklären, wieso die ITInfrastruktur an kleineren Standorten mit beinahe halb so viel Personal betrieben werden kann. Zum Vergleich: in Unternehmen mit bis 50 PCs sind durchschnittlich nur knapp 1,5 Mitarbeiter in einer IT-Abteilung beschäftigt, beziehungsweise für IT-Support und -Betrieb verantwortlich. In Unternehmen mit 50 bis 249 PC- Arbeitsplätzen sind es im Schnitt rund vier.

Auch signifikant sind die Unterschiede bei der Anzahl der PCs pro IT-Mitarbeiter. Während es in Unternehmen mit bis zu 50 PCs 14,5 sind, kommt in Unternehmen mit 51 bis 249 PCs ein IT-Mitarbeiter auf knapp 59 PCs. In Unternehmen mit mehr als 250 PCs sind es rund 27 PCs pro IT-Mitarbeiter.

Kategorie: Host-Systeme

Der Trend geht bei den Hosts eindeutig in Richtung Server: Von 9825 Unternehmen setzen 9702 Server, 203 Workstation-Server, 1023 Midrange-Systeme und 83 Mainframes ein. Das sind total 11 011 Nennungen, was bedeutet, dass 1186 von Unternehmen stammen, die unterschiedliche Host-Arten einsetzen.

Bei den Servern werden am häufigsten HP, Dell und IBM eingesetzt, wobei HP mit 55 Prozent Anteil als Marktführer klar an der Spitze steht. Aber nicht alle Unternehmen setzen beim Servereinsatz auf einen einzigen Hersteller: 1416 System-Nennungen stammen von Unternehmen, die sogenannte Multi- Vendor-Umgebungen betreiben. Es werden also Server von mehr als einem Hersteller eingesetzt.

Wer Server einsetzt, kann diese auch virtualisieren. Die Server-Virtualisierung ist vor allem in Firmen mit mehr als zehn Servern sehr weit fortgeschritten. Fast 70 Prozent der Unternehmen mit 10 bis 49 eingesetzten Servern virtualisieren diese. In IT-Infrastrukturen mit mehr als 50 Servern sind es gar 85 Prozent. Doch auch Unternehmen mit weniger als 10 Servern virtualisieren: Die Quote liegt dort bei knapp 54 Prozent. Bei Unternehmen mit weniger als fünf Servern sind es immerhin schon 20 Prozent.

Kategorie: PC-Systeme

Bei der installierten PC-Basis gibt es wie bei den Servern wenig Überraschendes. In rund der Hälfte der befragten Unternehmen werden HP-Desktopsysteme eingesetzt und in 44 Prozent der Unternehmen HP-Notebooks. Dell liegt in beiden Gerätekategorien auf dem zweiten Platz mit je rund 22 Prozent Anteil. Aus den Zahlen lässt sich auch ableiten, dass heute in fast jeder Schweizer Firma Notebooks eingesetzt werden. Zudem ist ersichtlich, dass Firmenkunden auch bei den PCs nicht durchs Band auf einen einzigen Hersteller setzen. Bei den Desktopsystemen stammen 1631 Nennungen aus Multi-Vendor-Umgebungen, bei den Notebooks war dies sogar bei 1727 der genannten Systeme der Fall.

Interessant ist, dass Apple-Desktops wie iMacs, MacPros, MacMinis immerhin bei knapp fünf Prozent der befragten Unternehmen im Einsatz stehen. Bei den Laptop- Systemen liegt Apples Anteil in den 10 000 grössten Schweizer Unternehmen bei drei Prozent.

Kategorie: Operating Systems

Das mittlerweile über zehnjährige Windows XP ist mit knapp 60 Prozent Anteil nach wie vor das am meisten verbreitete Betriebssystem in den 10 000 grössten Unternehmen der Schweiz. Windows 7 gewinnt zwar immer mehr an Fahrt. Das ungeliebte Windows Vista rangiert mit vier Prozent auf dem dritten Platz.

Bei den total 14'677 Nennungen von PC-Betriebssystemen an 9'788 Standorten stammen 4'889 Nennungen aus Firmen, die mehr als nur ein PC-Betriebssystem im Einsatz haben. Dies lässt darauf schliessen, dass in vielen Unternehmen ein Migrationsprozess im Gange ist.

Kategorie: Printers

Im Durchschnitt sind in Schweizer Unternehmen beachtliche 30 Drucker pro Standort im Einsatz. Diese Zahl schliesst auch Multifunktionsgeräte ein. Die Anzahl Drucker ist – wenig erstaunlich – direkt abhängig von der Menge der eingesetzten PCs pro Standort. In Unternehmen mit weniger als 50 PCs sind im Schnitt 8,5 Drucker im Einsatz, in solchen mit 50 bis 249 Druckern sind es durchschnittlich knapp 28, in grösseren Unternehmen sind es rund 164. Im Druckerbereich scheint es also durchaus noch Konsolidierungspotenzial zu geben.

Kategorie: Storage

Bei den Firmen, die zehn und mehr Server oder 100 und mehr PCs einsetzen, ist HP bei den heute installierten SAN/NAS-Systemen mit 28 Prozent Marktführer.

Allerdings gewann Netapp in den vergangenen Jahren stetig Marktanteile dazu und kommt auf knapp 14 Prozent. EMC und IBM sind mit 12 Prozent bei den Storage- Systemen gleichauf.

Bei den total 2234 Nennungen an 1711 Stand orten stammen 523 Herstellernennungen aus Multi-Vendor-Umgebungen.

Kategorie: PC-Applications

Der Markt der Groupware wird mit über 77 Prozent Anteil bei den Installationen von den verschiedenen Microsoft-Exchange-Versionen dominiert. Dabei sticht heraus, dass noch viele Exchange-2003-Versionen im Einsatz sind. Die entsprechenden Migrationsprozesse sind im Moment jedoch in vollem Gang. IBMs Lotus Notes wird immerhin noch in rund zehn Prozent der Schweizer Unternehmen eingesetzt.

Kategorie: Strategical Applications

Die fünf grössten ERP-Anbieter mit der grössten installierten Basis machen gerade etwas mehr 27 Prozent des Marktes aus. Die restlichen Marktanteile sind auf mehr als 90 Anbieter von ERP-Lösungen verteilt! Im Durchschnitt ist heute eine ERP-Lösung in der Schweiz etwas mehr als elf Jahre im Einsatz. Kategorie: Datenbanken – E-Business Ein beträchtlicher Anteil der Schweizer Firmen setzte heute Webapplikationen für die interne und externe Zusammenarbeit oder E-Commerce ein. Ein Intranet betreiben knapp 50 Prozent, ein Extranet rund 19 Prozent und eine eigentliche E-Commerce- Plattform doch schon acht Prozent der befragten Unternehmen.

Die Zeit, in der Firmen einfach eine "Homepage" betreiben, neigt sich langsam, aber sicher dem Ende entgegen.

Kategorie: LAN

Die Verbreitung von LAN-Switches ist in Schweizer Unternehmen stark fragmentiert. Das hat damit zu tun, dass die Schweiz ein KMU-Land ist und es in diesem Segment eine beträchtliche Anzahl kleiner Switch-Anbieter gibt, die zusammengerechnet über einen beachtlichen Marktanteil verfügen.

Von den namentlich genannten Switch-Herstellern ist Cisco mit einem Anteil von rund 57 Prozent nach wie vor klarer Marktführer vor HP mit knapp 21 Prozent auf Platz zwei.

Kategorie: WAN

Bei der Anbindung ans Internet steht die Kupferleitung mit einem Anteil von fast 50 Prozent an erster Stelle, gefolgt von Glasfaser mit doch beachtlichen 41,6 Prozent. Mit 8,4 Prozent Anteil ist die WAN-Anbindung via Coax-Kabel bei Unternehmen nicht besonders verbreitet.

Kategorie: Voice Systems

Auch wenn die IP-Telefonie mit einem Marktanteil von rund 30 Prozent für reine IP- und Hybrid-Anlagen schon ein ordentliches Standing hat, nutzen fast 70 Prozent der Schweizer Unternehmen noch immer Telefonanlagen mit traditioneller Übertragungstechnik. Das mag damit zu tun haben, dass eine durchschnittliche PABX in der Schweiz schon seit über siebeneinhalb Jahren im Einsatz ist. Werden diese Systeme ersetzt, dürften viele Unternehmen, die jetzt noch traditionell telefonieren, auf VoIP wechseln. Kategorie: Security Eine Vielzahl von Security-Anbietern in der Schweiz kämpft um die Gunst der Unternehmenskunden. Angeführt wird das Feld von Symantec mit 25 Prozent, McAfee mit 21 Prozent und Trend-Micro mit knapp 17 Prozent. Kategorie: Services Bereits heute lässt rund ein Drittel der Schweizer Unternehmen zumindest einen Teil seiner Informatik als Managed Service betreiben. Interessant ist zudem, dass fast die Hälfe der Unternehmen bereits eine Applikation oder einen Dienst als Cloud-Service, entweder aus einer Private oder einer Public Cloud bezieht.

Die Unterschiede in der Informatisierung der Schweizer Wirtschaft sind von Branche zu Branche signifikant. Während bei Banken und Versicherungen mittlerweile deutlich mehr als ein PC pro Mitarbeiter im Einsatz ist, rückt im Baugewerbe die Quote allmählich immerhin schon an die 50-Prozent-Marke heran. Allerdings belegen die Erhebungen von Profondia: Die Informatisierung der Schweizer Wirtschaft nimmt laufend zu.

Hintergrund: Was wird wie erhoben?

Status Userbase-Datenbank per Dezember 2011

– Fokus auf Schweizer Unternehmen mit mindestens 30 Mitarbeitern und zehn eingesetzten PCs: 10 967

– Davon Anzahl Niederlassungen (mindestens 50 Mitarbeiter und ein kompetenter IT-Ansprechpartner): 691

– Standorte mit Informationen zur installierten Basis = zirka 89 Prozent Auskunftsrate

Datenerhebung via Telefoninterviews

Rollender Aktualisierungsprozess:

– Installierte Basis wird alle zwölf Monate überprüft

– Firmengrunddaten und Entscheidungsträger werden alle sechs Monate verifiziert

– Selbstdeklaration der befragten Firma basierend auf freiwilliger Teilnahme

Webcode
Mm87Hub3