Marktreport Shopping-Center 2014

Vom "alles unter einem Dach"-Shopping-Center zum "Pleasure Dome"

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Der Marktreport Shopping-Center 2014 zeigt, dass die Shopping-Center-Fläche überproportional zur Bevölkerung zunimmt. Die hohe Dichte ist aber nicht etwa ein Indiz für höhere Umsätze. Viele Center haben Revitalisierungsbedarf.

Die Detailhandelsfläche der Schweiz ist im Europavergleich mit 1,88 Quadratmetern pro Einwohner am dichtesten. Auch in Bezug auf die Shopping-Center-Dichte liegt die Schweiz mit ungefähr 0,31 Quadratmeter pro Einwohner ganz vorne. Zwischen 2000 und 2012 entstanden rund 88 Prozent zusätzliche Verkaufsfläche in Shopping-Centern und, obwohl die Schweizer Bevölkerung zwischen 2005 und 2012 nur um 7,8 Prozent zulegte, kamen in dieser Zeitspanne 27 Prozent Shopping-Center-Fläche hinzu.

Wie dem von Stoffelzurich herausgegebenen Marktbericht zu entnehmen ist, sättigte sich der Markt und intensivierte sich der Wettbewerb. Konsequenz dieser Sättigung ist, dass auch umsatzstarke Shopping-Center seit zwei Jahren an Umsatz und Produktivität verlieren. Die Center verzeichnen erstmals Verluste an Marktanteilen.

Der aktuelle Marktanteil der 169 Shopping-Center beträgt insgesamt 17 Prozent am Schweizer Retail-Markt. Dieser Anteil sei im internationalen Vergleich eher tief, wie der Autor Marcel Stoffel im Report erklärt. Dies habe hauptsächlich damit zu tun, dass die Schweiz über begehrte Einzelhandelsstandorte in attraktiven und gut funktionierenden Innenstädten verfüge. Stoffel geht davon aus, dass der Marktanteil weiter sinken wird.

Von der negativen Umsatzentwicklung im stationären Handel sind vor allem die Händler, die sich einmieten, betroffen. Trotz der Marktsättigung geht GfK Switzerland davon aus, dass in den nächsten Jahren die bestehenden 2,5 Millionen Quadratmeter Shopping-Center-Fläche um etwa 20 Prozent vergrössert werden sollen.

Verhältnis von Fläche und Umsatz

Obwohl zwischen 2010 und 2012 in den 56 Schweizer Centern mit einem Umsatz von über 100 Millionen Franken 34'000 Quadratmeter (+2,8 Prozent) zusätzliche Verkaufsfläche entstanden, reduzierte sich der Umsatz in diesen Centern schweizweit um 3,3 Prozent. Nur 12 Center konnten ihren Umsatz während dieser Zeit halten oder steigern. Auch für das Jahr 2013 rechnen die Experten mit Umsatz- und Marktanteilverlusten der Center.

Die Shopping-Malls, die vor mehr als 20 Jahren gebaut wurden und keine wesentlichen Erneuerungsmassnahmen realisierten, verloren zwischen 2010 und 2012 doppelt so viel an Umsatz als neuere Center (6, respektive 3 Prozent). Die fünf bis zehn Jahre alten Center büssten mit -1,4 Prozent am wenigsten ein. Die Umsätze von neun Standorten an Bahnhöfen konnten auf hohem Niveau gehalten oder sogar erhöht werden.

Im stationären Handel verlangsamte sich das Umsatzwachstum nach Jahren stabilen Wachstums vor allem im Jahr 2011 (-1,6 Prozent). Dies sei die wertmässig schlechteste Umsatzentwicklung im Schweizer Detailhandel seit 1990. 2012 erreichte der Umsatzzuwachs jedoch mit 0,5 Prozent wieder positive Werte. Insbesondere der Non-Food-Markt, der 50 Prozent des Gesamtmarktes ausmacht, verliert weiter an Umsatz. Eine Expertenumfrage, welche das Retail Forum Switzerland im Herbst 2013 mit 115 Experten durchführte, prognostiziert keine rosigen Zeiten für den Detailhandel. Mehr als 35 Prozent der Befragten rechnen mit einem Umsatzrückgang in den nächsten drei bis fünf Jahren und nur 9 Prozent gehen von einem Zuwachs aus.

Konkurrenz und deren Konsequenz für Shopping-Center

Die klassischen Shopping-Center leiden nicht nur unter der Konkurrenz an Standorten wie Bahnhöfe, Flughäfen und Innenstädte mit sehr hohen Besucherfrequenzen, sondern auch vom vermehrt genutzten Online-Handel. Wie eine Studie der Universität St. Gallen zeigt, nahm der Online-Umsatz zwischen 2010 und 2012 in der Schweiz um über 17 Prozent zu.

Mittlerweile belaufe sich das Umsatzvolumen des Online-Handels auf 10 Prozent des gesamten Schweizer Detailhandelsumsatzes. Dem vorliegenden Bericht zufolge sollen Auslandeinkäufe dieses Jahr nicht ins Gewicht fallen, sie sollen stabil bleiben oder nur leicht zunehmen. Die befragten Retail-Experten gehen davon aus, dass das sich Wachstum der Auslandeinkäufe abschwächen wird.

Aufgrund der Marktsituation ist es nicht überraschend, dass sich die Nachfrage nach mehr Fläche im stationären Handel in Grenzen hält. Im Jahr 2012 betrug das Flächenwachstum nur 0,3 Prozent. Es werde mittlerweile nur noch so viel Fläche wie nötig angemietet. Viele Händler reagieren sogar mit einer Reduktion der Verkaufsfläche oder gar der Schliessung von Filialen. Im Gegensatz zu GfK Switzerland rechnen 45 Prozent der befragten Retailer mit einer sinkenden Nachfrage nach Verkaufsfläche. 36 Prozent der befragten Experten rechnen ausserdem mit einer Verkleinerung des Filialnetzes in der Zukunft. Mieter gehen auch vermehrt mit der Bitte um eine Mietzinsreduktion auf die Vermieter zu. Die Mehrheit der Mieter zahlt eine fixe Mindestmiete und nicht eine variable Umsatzmiete. Die Mietzinsreduktion stellt die wirksamste Massnahme zur Kosteneinsparung dar. Sie ist aber gleichzeitig auch sehr schwierig umzusetzen.

Revitalisierungsbedarf

Die Shopping-Center müssen dem gesellschaftlichen Wandel und dem heutigen Konsumverhalten gerecht werden. Der moderne Schweizer gebe sich nicht mehr mit dem Convenience-Konzept zufrieden, sondern wünsche sich einen "Third Place", ein erlebnisreiches Center, das gleichzeitig sozialer Treffpunkt ist.

Viele Schweizer Center haben Revitalisierungsbedarf. Damit ist aber nicht etwa die Bausubstanz oder Technik gemeint, sondern die Marktposition an und für sich. Es fehle vielen Centern an einer Strategie, welche eine langfristige Differenzierung und Profilierung gegenüber der wachsenden Konkurrenz gewährleiste. Das Center-Management muss also professionell sein und nicht nur die Strategie-, sondern auch Konzeptentwicklung beherrschen. Zur Revitalisierung zählen etwa ein bauliches Gesamtkonzept, insbesondere in Bezug auf Vertikalerschliessungen und Kundenfluss oder auch das Vermarktungs- und Vermietungsmanagement.

Stoffzurich erachtet fünf Erfolgskriterien und Markentreiber für Shopping-Center und Retail-Destinationen als besonders wichtig. Zum Kriterium Standort gehören etwa Marktgebiet, Marktpotenzial und Zielgruppe. Die Marktleistung (Nutzungsmix, Branchen- und Mietermix, Angebotsstruktur etc.) ist ein weiteres. Kommunikation, Mood-Management und Mall-Architektur sind drei wichtige Faktoren. Es sei fundamental, diese Kriterien nicht nur zu erfüllen, sondern sie mit dem Ziel der Verfestigung der Marke aufeinander abzustimmen.

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