"Wir vergessen nicht, wer uns von Anfang an unterstützt hat"
Huawei ist seit drei Jahren auf dem Schweizer Markt präsent. In den Teilmärkten Carrier, Consumer, und neuerdings auch Enterprise, fordern die Chinesen mit Kampfgeist Firmen wie Ericsson, HTC und Cisco heraus. Der Ex-Swisscom-Mann Felix Kamer leitet als Verkaufsdirektor das Business Development bei Huawei.

Wie haben Sie den Markteintritt in der Schweiz erlebt?
Felix Kamer: Huawei ist seit zehn Jahren in Europa vertreten und seit drei Jahren in der Schweiz. In den letzten drei Jahren haben wir viele Erfahrungen gesammelt und konnten uns schon sehr gut etablieren. Die Schweiz ist d 28. Land in Europa, in dem Huawei eine Niederlassung gegründet hat. Das Unternehmen hat also schon einige Erfahrung mit Markteintritten. Trotzdem: Jedes Land hat natürlich seine Eigenheiten. In der Schweiz ist etwa der Qualitätsanspruch sehr hoch. Wir Schweizer sind wohlorganisiert, und die Wirtschaft gibt innovativen Lösungen gerne eine Chance. Huawei erlebt die Schweiz als ein Land, das offen ist für Veränderungen. Damit es eine Chance gibt, müssen neue Pro- dukte und Lösungen aber "Leading Edge" sein.
Gab es auch Vorbehalte gegen Huawei als Netzwerkausrüster?
Natürlich gab es die. Wir muss- ten viel und oft erklären, was wir machen, woher wir kommen, was unsere Fähigkeiten sind. Unsere Kunden fragten sich auch, wie wohl die Zusammenarbeit mit Huawei als asiatisches Unternehmen funktioniert. Viele atischem unserer Ingenieure und Technikspezialisten sprechen kein Deutsch, und ihr Englisch klingt anders. Die Sprache ist eine Hürde.
Und was ist Ihr Erfolgsrezept?
In der Schweiz setzen wir konsequent auf die innovativsten Produkte aus unserem Sortiment, die technologisch "top of the range" sind. Unser Ziel in der Marktbearbeitung ist, dass wir Projekte da gewinnen wollen, wo wir durch führende Technologie überzeugen können. Wir fokussieren auf höchste Qualität, auch in der Betreuung unserer Kunden.
Der Preis spielt keine Rolle?
Eine untergeordnete. Andere Märkte in Europa sind viel preissensitiver, dort muss man über den Preis verkaufen. Zu diesen Märkten zählt der Schweizer Markt aber eindeutig nicht.
Wie stellen Sie die Qualität in der Kundenbetreuung sicher?
Indem wir lokale Teams aufbauen, die nahe bei den Kunden sind und die Kunden sehr gut kennen. Wir stellen technisches Know-how zur Verfügung und bilden unsere Partner aus.
Sind Sie zufrieden mit dem Schweizer Geschäft?
Wir sind sehr zufrieden. Wir sind weit über unseren Erwartungen. Wenn ich vergleiche, wie sich Huawei in anderen Ländern nach dem Markteintritt entwickelt hat, so haben wir in der Schweiz ein deutlich schnelleres Wachs- tum hingelegt. Aber wir hatten natürlich auch Glück, und wir haben hart gearbeitet.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie in der Schweiz?
Zurzeit sind wir 80. Ende des Jahres werden wir knapp 100 sein, und wir werden weiter wachsen. und IP unter den Top-3- Playern ist.
Gibt der Arbeitsmarkt denn genug qualifizierte Mitarbeiter her?
Leider nicht. Das ist wirklich ein grosses Problem. Wir könnten noch schneller wachsen, wenn wir genügend qualifizierte Mitarbeiter finden würden, die zu uns passen. Sie wachsen aber trotzdem sehr schnell.
Ist es für Huawei manchmal ein Problem, dieses Wachstum auf den Boden zu bekommen?
Sagen wir es so: Es ist ein Thema, das wir aktiv managen. Wachstum bedeutet auch, dass die Strukturen im Unternehmen mit- wachsen müssen. Wir mussten schon Projekte ablehnen, weil wir die erfolgreiche Umsetzung nicht hätten garantieren können. Uns fehlten schlicht die Leute. Huawei steigt nun neben dem Carrier- und dem Consumer-Markt auch in den Enter- prise-Markt mit Switches und Router ein. Mit Cisco haben Sie da aber einen potenten Konkurrenten.
Wie adressieren Sie den Enterprise-Markt? Warum sollten Unternehmen von Huawei statt Cisco kaufen?
In einem Markt mit einem dominierenden Anbieter wie dem Enterprise-Markt sind normalerweise die Margen dünn und die Preise hoch. Wir glauben zu hoch. Huawei bietet hochwertige Produkte für das ganze Unternehmensnetzwerk zu sehr konkurrenzfähigen Preisen. Wir haben ein vollständiges Portfolio mit Routern, Switchen, Unified-Communications-Lösungen, Telepresence- und Callcenter-Lösungen. Wir sehen für uns sehr gute Marktchancen.
Wie sieht Ihre Marktbearbeitungsstrategie in diesem Teilmarkt konkret aus?
Im Enterprise-Markt sind wir noch in einer frühen Phase. Wir machen das in der Schweiz ja erst seit Anfang dieses Jahres. Wir sind jetzt dabei, die Vertriebsstrukturen zu etablieren und gehen die Unternehmenskunden sowohl direkt als auch indirekt an.
Welche Geschäfte machen Sie direkt, welche über Partner?
Für grosse Projekte grosser Unternehmen ist es sinnvoll, dass wir die Kunden direkt betreuen. Den breiten Erfolg und den Multiplikationseffekt im Markt erreichen wir via Channelpartner. Da wir aber in der Etablierung der Channelstrukturen noch am Anfang stehen, haben wir den Ansatz, dass wir in einer ersten Phase Kunden vor allem direkt ansprechen wollen. Einen Distributionspartner haben Sie aber bereits im Channel … Sie sprechen damit unsere Vertriebspartnerschaft mit Computerlinks an. Ja, wir haben mit dem Unternehmen kürzlich eine Vertriebsvereinbarung auf europäischer Ebene getroffen und sind im Gespräch mit weiteren möglichen Partnern. Wir sind der festen Überzeugung, dass unser Partnergeschäft schon innerhalb dreier Jahre deutlich wichtiger sein wird als der direkte Kanal. Für unsere Pläne im Enterprise-Segment werden wir zudem auch auf lokale Distributionspartner setzen, und wir freuen uns auch auf Anfragen von Resellern, die mit uns den Markt erobern wollen.
Wie wollen Sie Ihre Partner dabei unterstützen?
Für Systemintegratoren, die mit uns zusammenarbeiten wollen, lancieren wir – wohl schon im ersten Halbjahr 2012 – ein Partnerprogramm, das Ausbildung, Zertifizierung und Support-Dienstleistungen umfasst, damit sie unsere Produkte bei ihren Kunden optimal verkaufen können.
Wie grenzt sich Huawei zu seinen Mitbewerbern ab?
Eine wichtige Stärke von Huawei ist die Forschungsabteilung. Von total 120 000 Huawei- Mitarbeitern arbeiten rund 51 000 an der Entwicklung neuer Produkte. Damit ist es für uns einfacher, unsere Produkte exakt an die Kundenwünsche anzupassen. Wir können auch sehr kurzfristig neue und nötige Features entwickeln. Wir decken im Carrier-Markt Festnetz, Mobilfunk und IP-Telefonie ab. Wir sind der einzige Telko-Hersteller, der ein End-to-End-Angebot hat und gleichzeitig in Fix, Mobile und IP unter den Top-3-Playern ist.
Ist die Schweiz mit ihrer doch überschaubaren Grösse für Huawei überhaupt ein relevanter Markt?
Die Schweiz ist für uns sogar ein sehr wichtiger Markt. Es ist ein sehr herausfordernder Markt, weil die Kunden technologisch führend sind. Wenn wir hier erfolgreich sind, werden wir im Rest von Europa auch erfolgreich sein.
Warum glauben Sie das?
Nehmen wir beispielsweise den Enterprise-Markt. Der ist in der Schweiz sehr weit entwickelt. Wir müssen hier viel besser sein als unsere Mitbewerber. Zudem ist die Schweiz für uns auch ein strategischer Markt, weil hier auch viele paneuropäisch und global tätige Unternehmen ihren Hauptsitz haben.
Wie sieht Ihre Consumer-Strategie aus?
Wir haben bereits eine gute Marktposition. Etwa mit dem mobilen Broadband-USB-Datastick, den die drei grossen Operator von uns einsetzen. Damit haben wir in diesem Segment einen Marktanteil von 100 Prozent. Hier werden wir schon bald eine Marktsättigung erleben. Der nächste grosse Markt, den wir angehen, ist der der mobilen Handsets, das heisst Smartphones. Wir setzen dabei auf das offene Betriebssystem Android. Mit einem ersten Produkt sind wir dieses Jahr bereits in allen drei Operator-Shops vertreten. Darauf sind wir stolz. Weitere hochwertige Geräte werden 2012 folgen. Auch im Tablet-Markt wird Huawei in Zukunft ein Wort mitreden. Die Herausforderung für uns ist, dass wir den Brand Huawei bei den Endkonsumenten bekannt machen. Wir wollen das vor allem mit Produkten erreichen, die für sich sprechen.
Wie sieht Ihre Carrier-Strategie aus?
Im Carrier-Markt finden wir die grössten spezifischen Kundenprojekte. Wir sind hier bereits mit Sunrise und Swisscom sehr erfolgreich unterwegs. An Orange arbeiten wir noch. Wir sehen im Carrier-Markt ein gutes Wachstum und freuen uns besonders über den weiterhin stark wachsenden mobilen Datenverkehr. Die Provider sind permanent daran, ihre Infrastruktur zu erneuern und müssen auch die nötigen Kapazitäten für die Zukunft schaffen. Die Aufrüstung auf LTE werden wir mit Huawei hautnah begleiten.
Wer verliert Marktanteile, wenn Huawei Marktanteile gewinnt?
Im Carrier-Markt sind es die dort traditionell tätigen Unternehmen, die in einer Sättigungsphase angelangt sind und im Moment nicht genug Mittel in Forschung und Entwicklung investieren. Im Enterprise-Markt wird wohl der Marktdominator einige Prozentpunkte an uns abgeben müssen. Im Con- sumer-Bereich sind die Entwicklungen sehr schnell. Es ist ein sehr volatiler Markt, in dem sich die Unternehmen behaupten, die sich am besten daran anpassen können. Mit den richtigen Produkten kann man sehr schnell sehr viel gewinnen, mit den falschen steht man bald auf verlorenem Posten. Huaweis Produktpipeline ist gut gefüllt. Wir werden unser Stück vom Kuchen abschneiden.
Was sind Ihre Wünsche an bestehende beziehungsweise zukünftige Partner?
Der Wunsch an unsere Partner, sowohl bestehende wie auch zukünftige, ist, dass sie mit einer offenen Situation umgehen können. Das heisst: Bei uns ist noch nicht alles perfekt und wohl definiert. Unsere Partner müssen mithelfen wollen, den Markt zu entwickeln. Sie müssen auch kämpfen, wie wir kämpfen. Wir werden niemals vergessen, wer mit uns etwas gewagt hat.
Wie sehen Sie das Schweizer Geschäft in Zukunft? Was sagt Ihr Businessplan?
2008 habe ich meinen letzten Businessplan für Huawei geschrieben: Darin stand, dass wir dieses Jahr elf Mitarbeiter haben, und etwa elf Millionen Franken Umsatz machen. Die Realität im Jahr 2011 sieht so aus, dass wir rund 80 Mitarbeiter sind und etwa 100 Millionen Franken Umsatz machen. So viel zum Nutzen eines Businessplans. Wir sind in einem so dynamischen Markt tätig und Huawei wächst so schnell, dass sich Businesspläne überholt haben, sobald sie geschrieben sind. Wir konzentrieren uns lieber darauf, einen guten Job zu machen und zufriedene Kunden zu haben.

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