Chip fühlt, schmeckt und hört

IBM ist dem künstlichen Gehirn einen Schritt näher

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IBM hat einen Computerchip vorgestellt, der dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist. Er soll mehrere Rechenprozesse parallel lösen können und dabei bedeutend weniger Energie benötigen als bisherige Systeme.

"TrueNorth" heisst IBMs neustes Wunderkind. Ein Computerchip, der wie das menschliche Gehirn arbeiten soll. Zehn Jahre haben Forscher von IBM an der Prozessortechnologie getüftelt, wie IBM Research mitteilt.

Das Ergebnis ihrer Entwicklungsarbeit veröffentlichten die Forscher am Donnerstag im Wissenschaftsmagazin Science. "TrueNorth" soll demnach sogar fühlen, schmecken und hören können. Dadurch könnten künftig bisher unvorstellbare Anwendungen möglich sein. Beispielsweise ein Thermometer, das riecht, weiss welche Krankheit ein Patient hat und ihn dann gegebenenfalls zum Arzt schickt.

46 Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde

Doch wie funktioniert das? Die Forscher kreierten eine Chiparchitektur, die mehrere Arbeitsprozesse gleichzeitig bewältigen kann. So wie das im menschlichen Gehirn in jedem Augenblick der Fall ist. Jeder Chip besteht hierzu aus 4096 einzelnen Kernen mit einer Speicherleistung von 100'000 Bits, 1 Million Neuronen und 256 Millionen Synapsen. Pro Sekunde und Watt kann ein Chip so 46 Milliarden synaptische Rechenoperationen ausführen.

Diese Architektur kann nach Angaben von IBM jederzeit beliebig ausgebaut werden und so eine nahezu unendliche Rechenleistung ermöglichen. In einem Testlauf schlossen die Forscher 16 der Chips zusammen. Das Ergebnis: "Ein Supercomputer von der Grösse einer Briefmarke, dem Gewicht einer Feder und dem Stromverbrauch eines Hörgerätes", sagte Dharmendra Modha, Chefentwickler bei IBM Research. Ein einzelner "TrueNorth"-Chip nimmt laut IBM nur 70 Milliwatt Energie auf. Heutige Chips in Smartphones oder Tablet benötigen zwischen 3 und 4 Watt. "Das ist eine radikale Innovation", sagt Modha.

Noch keine passende Software vorhanden

Obwohl IBM einen ersten Prototyp des Chips bereits vor drei Jahren präsentierte, gibt es bislang noch keine passende Software für "TrueNorth". IBM entwickelte den Chip allerdings als Hardware-Implementierung für das bestehende Software-Paket Compass.

Der Konzern setzt nun darauf, dass Programmierer und Ingenieure Software und Hardware für den Chip entwickeln. "Viele haben gedacht, so etwas sei unmöglich", sagt Modha. "Wir haben das Unmögliche möglich gemacht. Jetzt hoffen wir, dass das Mögliche schon bald zur Realität wird."

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