Marktstart in der Schweiz

Pure Storage fordert den Schweizer Speichermarkt

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Pure Storage will in der Schweiz durchstarten. Der Hersteller von All-Flash-Arrays setzt auf durchdachte Technik und ein attraktives Partnerprogramm. Heute, 20. November, ist offizieller Marktstart von Pure Storage in der Schweiz.

Der Markt für Speichersysteme auf Basis von Flash, sogenannte All-Flash-Arrays, soll während der kommenden zwei Jahre jährlich um knapp 60 Prozent wachsen. Im Jahr 2016 könnten am weltweiten Speichermarkt 1,6 Milliarden US-Dollar mit Flash-Speicher-Systemen erwirtschaftet werden, rechnet IDC in einer Studie vor.

Praktisch alle grossen Speicheranbieter offerieren ihren Kunden inzwischen Flash-Arrays. Hierfür kauften sie meistens spezialisierte Start-ups ein. Doch einige dieser kleinen Unternehmen konnten sich der Übernahme entziehen und versuchen ihren eigenen Weg zu gehen. Zu ihnen zählen die Speicherhersteller Nimble und Purestorage. Letzterer präsentiert heute in Zürich sein Schweizer Team.

Zeiten selten besser für Flash

Die Zeiten, um mit Flash-Speichern Geld zu verdienen, schienen nie besser als heute, glaubt man dem Hersteller Pure Storage. Denn Flash ist bereits seit Jahren im Endkundensegment angekommen, gilt als akzeptiert und zuverlässig, wie Steven Rose, VP EMEA, in einem Hintergrundgespräch sagte. Im Enterprise-Segment würden allerdings noch Features fehlen, wie etwa die einfache Skalierbarkeit.

Pure Storage adressiert grundsätzlich drei Anwendungsbereiche, womit der Hersteller bis zu einem Dutzend verschiedene Zielgruppen erreichen will: Datenbanken- und Analytik-Anwendungen, Virtualisierung und virtuelle Desktop-Infrastrukturen (VDI). Mit Pure-Storage-Speichern sollen diese Anwendungen zwischen 10 – 20 Mal schneller ablaufen als mit Harddisk-Drives und dabei nur ein Zehntel Energie verbrauchen. Ausserdem liessen sich Kühlschrank-grosse Speicherschränke durch Speicher in zwei Rack Units unterbringen. Der Preispunkt ist nach Unternehmensangaben vergleichbar mit jenem von HDD-Speichersystemen, was aber noch lange nicht bedeutet, dass sich Pure Storage-Produkte Jedermann leisten kann. Die Preise liegen im 6-stelligen Bereich. Dafür verlangt Pure Storage nichts für seine Software. Diese bietet Enterprise-Funktionen wie Replikation, Back-up, etc.

Aktuelle Flash-Technik sei auch ausdauernder als HDD-Technik, sagt Rose. Den Lifecycle gibt er mit 5-7 Jahren an, eine VMAX von EMC müsse früher ausgetauscht werden, sagt er weiter. "Der Enterprise-Markt ist 15 Milliarden US-Dollar schwer", sagt Rose. Dieser Markt werde von Unternehmen wie EMC, Netapp und HP bestimmt. Von Branchenriesen, deren Technik 30 Jahre alt sei, wie Rose betont.

Pure Storage - Futter für die Grossen?

Die Technik von Pure Storage wurde hingegen in den letzten 6 Jahren entwickelt und rein auf Flash optimiert. Den Flash für seine Speicher bezieht Pure Storage von Samsung und S-Tec. Die Speicherzellen werden auf Karten aufgetragen, die sich wie Festplatten hot-swap-fähig im laufenden Betrieb austauschen lassen. Die Speicher-Systeme können im laufenden Betrieb auch einem Upgrade unterzogen werden. Die grossen Hersteller kauften allerdings verschiedene Flash-Start-ups. Pure Storage wäre ein idealer Übernahmekandidat.

Dem widerspricht Rose: "Wir glauben, dass der Markt Platz bietet für einen unabhängigen Flash-Anbieter." Ausserdem sei Pure Storage mit seiner Technik den Mitbewerbern um zweieinhalb Jahre voraus. Zu den Kunden wiederum zählen illustre Namen wie Facebook. Nach eigenen Angaben wuchs das Unternehmen 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 700 Prozent und konnte seit seiner Gründung über 1000 Unternehmen als Kunden für sich gewinnen.

Nach dem US-Markt drängt Pure Storage nach Europa und somit auch auf den Schweizer Markt. In Europa beschäftigt Pure Storage 70 Mitarbeiter, bis Ende dieses Jahres könnten es bereits 100 sein. Der Vertrieb soll zu 100 Prozent über den Channel ablaufen, betont Rose, mit Ausnahme von Facebook und verschiedenen Kunden aus Regierungskreisen. Dennoch achtet der Hersteller nach eigenen Angaben darauf, Partner in Geschäftsabschlüsse einzubinden.

Vertrieb über Partner

Die Strategie: Über Distributoren sollen Partner auf lokaler Ebene betreut werden. Mit den Partnern sollen dann Märkte in der Breite aber auch vertikale Märkte angegangen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt möchte der Hersteller mit Computacenter als einem paneuropäischen Partner Topend-Enterprise-Kunden bedienen.

Pure Storage ist zudem stolz auf seine schmale Verkaufscrew, was die Preise für die Speicher im Rahmen halten soll. Auf der anderen Seite soll das Distis und Resellern attraktive Margen bescheren. Distributoren erhalten eine Marge im hohen einstelligen, Fachhändler im gesunden zweistelligen Bereich. Ergänzend bietet Pure Storage Marketing-Unterstützung an.

Bedarf am Schweizer Markt für Flash wächst enorm

Für das Training bindet Pure Storage die Distributoren ein. In der Schweiz kooperiert Pure Storage mit Zibris und Abo-Storage. Beide sind ausgewiesene Speicher-Spezialisten. Aber warum haben sie sich für Pure Storage entschieden?

"Der Bedarf am Schweizer Markt für Flash wächst enorm", sagte Mariano Isek, Managing Director von Zibris. Denn Chips in Servern, Netzwerk-Geräten und Clients würden schneller, während der Speicher zunehmend zum Flaschenhals werde. Flash ist zwar als Lösung bekannt, doch bisher waren die Preise zu hoch. Bei Pure Storage läge der Preis pro Gigabyte im Bereich von Gigabyte-Preisen von Harddisk-Drives.

"Vor zwei Jahren hiess es noch, Flash sei zu teuer, vor einem Jahr galt Flash als sinnvoll, aber immer noch zu teuer. Heute ist Flash attraktiv", schwärmt Isek. Und er hebt hervor: "Wir stehen am Anfang dieser Entwicklung." Ein Schweizer Maschinenfabrikant konnte mit den Pure Storage-Arrays seine Analytik-Zeit von acht Stunden auf 45 Minuten drücken. Das erlaubt es dem Unternehmen wiederum, mehrmals pro Tag Auswertungen vorzunehmen.

Pure Storage ist als Ergänzung zu verstehen

Zielgruppen der Pure-Storage-Speicher sind aus Sicht Iseks mittelgrosse Betriebe bis zu Enterprise-Kunden. Vorteile sieht Zibris' Managing Director unter anderem bei VDI-Umgebungen. Dadurch ergäben sich niedrige Kosten pro User. Pure Storage biete durchschnittlich eine Datenreduktionsrate von einem Faktor fünf. Das spart Speicherplatz und somit Kosten. Die Installationszeit soll bei einer Stunde liegen. Innerhalb von wenigen Stunden soll das System optimal eingerichtet sein.

"Kunden waren erschrocken, wie einfach der Storage zu installieren ist", sagt Isek. Bei soviel Enthusiasmus stellt sich die Frage, ob Pure Storage Hersteller wie Netapp im Portfolio ablösen soll. Dem sei nicht so, betont Isek: Pure Storage sei als Ergänzung zu sehen, je nach Einsatzgebiet. Ausserdem sei der Storage-Markt gross genug für verschiedene Hersteller und ihre Produkte.

Zehn starke Partner für den Schweizer Markt

Pure Storage verlässt sich massgeblich auf seine Distributoren. Diese nehmen eine Schlüsselrolle in der Go-to-Market-Strategie des Speicherherstellers ein. Um diese in der Schweiz umzusetzen, setzt Zibris auf Partner die im Storage-Markt zu Hause sind. "Ein Partnerunternehmen sollte ein Storage-Kompetenz-Center sein", umschreibt Isek den idealen Partner. Insgesamt will Zibris mit etwa zehn starken Partnern den Schweizer Markt bearbeiten. Dies sei ein sauberes Fundament, gibt sich Isek überzeugt.

Zu den bisherigen Partnern zählen BSR & Partner. Das Unternehmen gehört zur Allgeier-Gruppe und tritt als Gold-Partner von Pure Storage auf. Der IT-Dienstleister bietet nach eigenen Angaben agile Data-Center-Lösungen für mittlere und grosse Unternehmen. In der Romandie ist Darest Informatic ein Pure-Storage-Gold-Partner und integriert IT-Lösungen und Technologie-Produkte.

Mit Dalco konnte Zibris zudem einen Server-Assemblierer im High-End-Bereich als Silber-Partner gewinnen. Seinen Partnern bietet Zibris Schulungen, Zertifizierungen und Trainings an. Hierzu kooperiert der Disti auch mit dem Schulungsanbieter im Datacenter-Umfeld Kybernetika. Auch Marketing-Support bietet Zibris an. Um die Flash-Technik am Markt zu promoten, hat Zibris Peter Rüfenacht als Manager Corporate Marketing & Operations verpflichtet.

Flash wird langsam für KMU interessant

"Ich bin euphorisch, das ist der beginn eines neuen Zeitalters", sagt Norbert Kopp, Geschäftsführer des Speicher-Distributors Abo-Storage. Der Spezialdistributor ist der zweite Vertriebspartner in der Schweiz für den US-Storage-Hersteller. Flash sei heute normal und da die Preise für Flash-Speicher stetig sinken würden, seien Speichersysteme auf Flash-Basis auch bald für KMUs bezahlbar, begründet Kopp seinen Enthusiasmus.

Bisher seien die Pure Storage-Modelle aber noch nicht für kleine KMU erschwinglich, da die Preise noch bei knapp unter 100'000 Franken lägen. Es sei denn ein KMU mache eine übergeordnete Rechnung auf, bei der verschiedene Faktoren, wie etwa Schulungen oder Spezielle Arbeitslasten, mit hinein gerechnet würden. Bei VDI-Modellen etwa ergebe sich eine deutliche Zeitersparnis. Die Zeit um sich morgens einen Kaffe zu holen während der virtuelle Rechner hochfährt entfalle mit Pure Storage-Systemen. "Die Art wie wir arbeiten wird sich beschleunigen", sagt Kopp.

Davor hätten auch manche Hersteller und Distributoren Angst. Dabei seien Partner und Endkunden schon weiter als gedacht. Vor allem bei Endkunden sei der Trend hin zu Flash eindeutig. Er zieht einen Vergleich zur Fotografie, wo heute praktisch ausschliesslich Flash-Medien in Form von Speicherkarten eingesetzt werden. Film hingegen wird meist nur noch von Liebhabern der Analogfotografie belichtet.

Neue Ära im Speichergeschäft

Auch die Speicherindustrie hat die Zeichen der Zeit erkannt. Kopp verweist auf den Festplattenhersteller Seagate. Dieser hatte im Sommer dieses Jahres den Flash-Spezialisten LSI Sandforce übernommen. Für Kopp ein Indiz dafür, dass eine Ära zu Ende geht und eine neue beginnt. Die Speichertechnik gehe weg von komplizierter Mechanik und hin zu einer einfachen Technik. Und hier habe Pure Storage einen guten Job gemacht.

Es biete sich ein grosses Potenzial da Pure Storage zu 100 Prozent über den Channel arbeite, sagt Kopp mit Hinweis auf das Vertriebsmodell zudem auch eine dedizierte Schweizer Verkaufmannsschaft gehört. Ein Vorteil, wenn man als neuer Hersteller den Schweizer Markt adressieren möchte. Pure Storage habe seine Hausaufgaben gemacht, hebt Kopp hervor.

Neues Verkaufsmodell

Für Partner verändere sich mit der neuen Technik auch die Art des Wiederverkaufs. Da die Systeme des US-Herstellers bei bestimmten Anwendungen ihre Vorteile, wie etwa Arbeitsgeschwindigkeit oder Deduplizierung ausspielen könnten, müssten Fachhändler ihre Angebote auf die Nutzungsszenariene ihrer Kunden abstimmen. So sei neben der Basisinstallation auch Consutling wichtig, etwa bei Datenbank-Anwendungen. Auch im Wartungsbereich ergäben sich neue Konzepte. Bei Pure Storage erhalte man etwa alle drei Jahre eine neue Infrastruktur. Dies sei einfacher zu kalkulieren und verändere die Kalkulation von einem Capex zu einem Opex-Modell. Aus Investitionskosten würden also Betriebskosten.

Kopp nennt ein Beispiel: Ein Vertrag wurde für 5 Jahre abgeschlossen. Darin enthalten sind der Preis für die Hard- und Software sowie für die Wartung. Heute besitzt sein System eine Geschwindigkeit x. Nach drei Jahren erhält das Speichersystem des Kunden im Rahmen des vereinbarten Wartungs-Set-ups einen schnelleren Prozessor und verbesserte Speicher-Bauteile. Das vereinfacht die Kalkulation für den Kunden. Er muss nur den Wartungsvertrag verlängern. Bei den Pure Storage-Produkten bräuchten Kunden auch kaum Schulungen an den Systemen, da sich die Speicher einfach handhaben liessen.

All dies werde die Art des Verkaufs für den Fachhandel ändern, sagt Kopp. "Für den Fachhandel mag dieses Modell im ersten Augeblick noch nicht sehr attraktiv erscheinen. Auf lange Sicht aber schon. Denn der Beratungsanteil werde zunehmen, um das Storage-System auf die Bedürfnisse des Kunden auszurichten. Ausserdem seien Services, etwa der Einbau und die Implementierung der Systeme nicht gratis", führt Kopp weiter aus.

Auch wenn Kunden weniger Schulungen an den Pure Storage benötigen sollen: Fachhändler müssen sich ganz genau auskennen mit den Applikationen, um ihren Kunden das richtige System anbieten zu können. Abo-Storage bietet seinen Partnern Trainings für Technik und Verkauf an. Zusätzlich würden Trainings mit Urs Alder von Kybernetika angeboten und um Kosten und Nutzen anhand von praktischen Beispielen aufzuzeigen.

Lob von Kybernetika

Urs Alder betreibt das Schulungsrechenzentrum Kybernetika. In diesem können die IT-Systeme der unterschiedlichsten Hersteller auf Herz und Nieren getestet werden. Wie sieht er das Potenzial des amerikanischen Flash-Speicherherstellers? Die Leistungsfähigkeit der Systeme von Pure Storage sei hervorragend, sagt Alder. Das System bewältige "locker" die Schulungsanforderungen, viele virtuelle Maschinen gleichzeitig und schnell aus Vorlagen zu klonen.

Hierzu nennt er ein Beispiel: Pure Storage wird derzeit in dem Labor für VMware-Kurse von Digicomp Academy eingesetzt. Dabei haben beispielsweise 12 Kursteilnehmer die Aufgabe, aus einer ihrer Vorlagen je 4 virtuelle Maschinen mit Disks zu je 4 Gigabyte zu klonen. Das ergebe praktisch gleichzeitig 48 virtuelle Maschinen mit einer Disk-Kapazität von 48 x 4 Gigabyte. Das Sytem "zuckt nur kurz" und die Aufgabe sei erledigt, sagt Alder. "Damit habe ich kleine Wartezeiten bei Übungen und die Teilnehmer sind begeistert."

Partner-Schulungen für die Pure Storage-Fachhändler in Zusammenarbeit mit den Distributoren seien in Arbeit. Die Lernkurve sei aber sehr flach, bestätigt Alder die Meinung der Distributoren. "Ein Laie könnte das System in 30 Minuten einrichten", sagt Alder. Im Vergleich hierzu seien die Systeme der grossen Hersteller wie Hitachi Data Systems oder EMC kompliziert.

Hohe Erwartungen 

Ein weiteres Problem seien die Betriebssysteme. Die Software für Flash-Speicher-Systeme wäre häufig adaptierte Software bisheriger, also mechanischer, Speicherlösungen. Pure Storage sei dahingehend der radikalste Hersteller, der konsequent seine Software auf Flash ausrichte. Schwächen bei den Pure Storage-Systemen sieht Alder derzeit bei der indirekten Integration, bei den meisten Backup-Produkten und in dem noch kleinen Bekanntheitsgrad des Herstellers.

Die Vorschusslorbeeren für Pure Storage sind hoch. Die Erwartungen auch. In wie weit der Hersteller diese erfüllen kann, wird die Zukunft zeigen.

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