Ständeratsdebatte über die BÜPF-Revision

"Die Gedanken sind frei zugänglich"

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Gestern hat die kleine Kammer der Bundesversammlung mit der Debatte über die Revision des BÜPFs begonnen. Bereits entschieden ist, dass die Telcos Daten neu zwölf anstatt sechs Monate aufbewahren müssen.

Im Ständerat wurde gestern über die Revision des BÜPF diskutiert (Quelle: parlament.ch)
Im Ständerat wurde gestern über die Revision des BÜPF diskutiert (Quelle: parlament.ch)

Die Telcos sollen ihre Daten nicht mehr sechs, sondern zwölf Monate aufbewahren. Dies war eine der Entscheidungen des Ständerats während seiner gestrigen Debatte zur Revision des "Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldegesetzes" (BÜPF).

Bereits seit Wochen war in der ICT-Branche über die anstehende Revision diskutiert worden. Viele kritische Stimmen meldeten sich zu Wort. Grundsätzlich befürchteten sie eine Aushöhlung des Rechtsstaates und eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, da insgesamt die Überwachung mit der Revision ausgebaut werden soll. Aus diesem Grund war auch eine Petition lanciert worden.

Verschärfungen durchgewinkt

Viel gebracht hat dies nichts. Die Debatte wurde gestern zwar noch nicht beendet. Die Ständeräte stimmten bisher allerdings allen wichtigen Verschärfungen zu. Wie bereits erwähnt, sollen Fernmeldedienstanbieter (FDAs) neu ihre Daten zwölf anstatt sechs Monate speichern müssen. Ein entsprechender Antrag wurde mit 22:14 Stimmen gutgeheissen.

Eine weitere Frage lautete, wer für die Kosten der Überwachung aufkommen muss. Die Provider alleine, Staat und Provider gemeinsam oder nur der Staat. Ein Antrag von Konrad Graber (CVP), der hier eine Gesamtentschädigung der FDAs forderte, war chancenlos. Der Luzerner Politiker zog ihn deshalb bereits vor der Abstimmung zurück. Die Anbieter werden nun weiterhin "angemessen", nicht aber "kostendeckend" für ihren Aufwand bei der Überwachung der Daten entschädigt werden.

Entscheidung über Staatstrojaner steht aus

Noch nicht diskutiert hat der Ständerat über die Einführung eines besonderen Spionagewerkzeugs, des sogenannten "Staatstrojaners". Dabei handelt es sich um eine Anwendung, die es dem Staat ermöglichen soll in private Computer einzudringen - mit dem Ziel die Aktivitäten einer Person zu überwachen. Am 19. März, wenn die Debatte fortgesetzt wird, wird der Ständerat hierüber entscheiden.

Für Denis Simonet, Pressesprecher der Piratenpartei Schweiz, ist davon auszugehen, dass der Ständerat in einer Woche der Einführung des Trojaners zustimmen wird. Er bedauert dies ausserordentlich und fragt: "Wer programmiert den Trojaner? Ist er wirklich sicher und wer kann alles mitlesen? Schafft die Installation eines Trojaners nicht zusätzliche Sicherheitslücken, die von Dritten genutzt werden können? Wie kann sichergestellt werden, dass wirklich nur die verdächtige Person überwacht wird?" Da es zurzeit keine zufriedenstellende Antwort auf diese Fragen gebe, sei auf eine Einführung zu verzichten.

Nichts aus der NSA-Affäre gelernt

Simonets Kritik richtet sich aber nicht nur gegen den "Staatstrojaner", sondern gegen die Revision allgemein. Er sagte der Netzwoche auf Anfrage, dass es zum Beispiel nicht bewiesen sei, dass die Vorratsdatenspeicherung überhaupt etwas bringe. Trotzdem werde sie nun ausgebaut. Man hätte vorderhand eine Studie in Auftrag geben sollen, die sich mit Sinn und Unsinn dieser Massnahme auseinandersetzt. Dies hätte wenigstens eine informierte Entscheidung ermöglicht. Das neue BÜPF lese sich wie ein Wunschkatalog an Maximalfoderungen der Strafverfolger.

Der Pirat fasst schliesslich zusammen: "Statt aus der NSA-Affäre zu lernen, ist der Ständerat drauf und dran, unsere rechtsstaatlichen Grundsätze über den Haufen zu werfen. Er verschärft das Überwachungsgesetz, ohne zu wissen, ob die bestehenden und neuen Methoden überhaupt etwas bringen." Insgesamt handle es sich um einen fundamentalen Angriff auf die Persönlichkeitsrechte der Schweizer Bürger. Die Piratenpartei werde dies nicht kampflos hinnehmen: "Diese Bankrotterklärung der freiheitlichen Schweiz werden wir mit allen Mitteln bekämpfen und falls notwendig ein Referendum unterstützen."

"Die Gedanken sind frei zugänglich"

Zu Beginn der Debatte hatte Ständerat Markus Stadler (GLP) an die anderen Mitglieder der kleinen Kammer appelliert: "Während es bei Friedrich II. und besonders bei Voltaire schon vor 250 Jahren geheissen hat: Die Gedanken sind frei, sollte es künftig nicht heissen: Die Gedanken sind frei zugänglich." Sie haben nicht auf ihn gehört.

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