Nachgefragt

Der Scanner für die Hosentasche

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Vergangenen Sommer hat das Schweizer ETH-Spin-off Dacuda eine Kickstarter-Kampagne für seinen kabellosen Dokumenten­scanner gestartet. Die Kampagne übertraf alle Erwartungen. Doch wie geht es jetzt weiter?

Michael Born, CFO und Mitgründer von Dacuda. (Quelle: Michael Born, Mitgründer und CFO von Dacuda.)
Michael Born, CFO und Mitgründer von Dacuda. (Quelle: Michael Born, Mitgründer und CFO von Dacuda.)

Vier Studenten besuchen gemeinsam einen Kurs zum Thema Unternehmensgründung an der ETH. Beim Brainstorming im Kurs kommt ihnen eine Idee: Eine Computermaus, die gleichzeitig ein Scanner ist. Ein Jahr später, 2008, gründen Michael Born, Alexander Ilic, Martin Zahnert und Erik Fonseka das Unternehmen Dacuda. Bis heute würden weltweit über eine Million Menschen Computermäuse mit der Technologie des Unternehmens nutzen, sagt Born im Gespräch.

Im vergangenen Jahr begann das Zürcher Start-up mit inzwischen rund 25 Mitarbeitern, an einem neuen Produkt zu arbeiten. Eines, das Dacuda unter eigenem Namen produziert und vertreibt. Die Scanmäuse werden nämlich in Lizenz von Herstellern wie Hama oder Iris hergestellt. Das neue Produkt sollte, anders als die Maus, ohne Kabel auskommen. "Pocketscan" tauften sie das Gerät. Ein Dokumentenscanner in der Grösse eines Bostitchs. Inzwischen ist der Taschenscanner fertig und kann mehr als nur Dokumente einlesen. Er übersetzt, liest vor und wandelt die Dokumente in verschiedene Ausgabedateien um, beispielsweise in eine Excel-Tabelle.

Ausgefeilte Algorithmen

Streng genommen ist es jedoch nicht der Scanner, der all das schafft. Das Gerät selbst ist "relativ dumm", wie sich Born im Gespräch ausdrückt. Es ist kaum mehr als eine Webcam, ein Spiegel und ein Bluetooth-Modul. "Die wahre Stärke liegt in der Software", sagt der CFO des Start-ups. Dacuda entwickelte ausgefeilte Algorithmen für die Zusammensetzung der gescannten Einzelbilder und inte­grierte Texterkennungssoftware sowie externe Applikationen, zum Beispiel Googles Übersetzungsdienst.

Doch woher kam das Geld für die Entwicklung? Dacuda lancierte Mitte des letzten Jahres eine Kickstarter-Kampagne. 50 000 US-Dollar waren das Ziel. Eine halbe Million Dollar landeten am Ende auf dem Konto des Unternehmens. Ging Dacuda den Weg über die Crowdfunding-Plattform nur des Geldes wegen? "Die Kickstarter-Kampagne bot für uns die Möglichkeit, unsere künftigen Kunden kennenzulernen und die Zeit bis zum Markteintritt zu verkürzen", erklärt Born. Natürlich sei es dem Team auch um die finanzielle Unterstützung gegangen. Crowdfunding hat für Born aber in erster Linie etwas mit Marktintelligenz zu tun. Ohne Kick­starter wäre es für Dacuda bedeutend schwerer gewesen, überhaupt den Weg in den Markt zu finden.

Jetzt läuft die Produktion, und die ersten Unterstützer haben ihren Pocketscan erhalten. Die Entwicklung des Geräts geht unterdessen weiter. Die Software ist für iOS, Windows und Mac OS verfügbar. Android-Nutzer müssen sich noch etwas gedulden. Dacuda steht nun vor einer weiteren Herausforderung, und zwar dem Aufbau eines effizienten Vertriebs für Pocketscan.

Suche nach Vertriebspartnern

Bislang bietet Dacuda Pocketscan nur über einen eigenen Shop auf der Unternehmenssite an. Das soll sich ändern. Dafür braucht Dacuda aber weltweit Partner. "Wir wollen in Kürze auch auf Distributoren zugehen", sagt Born. Ein Partnerprogramm will das Unternehmen demnächst aufbauen. Born glaubt an das Potenzial des Produkts und an eine breite Zielgruppe: Aussendienstmitarbeiter, Lehrer und Studenten, Sekretariatsmitarbeiter, Sehbehinderte oder Menschen mit einer Leseschwäche. Born rechnet fest damit, dass Pocketscan noch erfolgreicher sein wird als die Scanmaus. Bei der Maus stehe Dacuda vor der Herausforderung, dass Anwender verstehen müssten, dass die Maus gleichzeitig auch ein Scanner sei. Das Problem erübrige sich beim Pocketscan. In ein bis zwei Jahren seien Stückzahlen in Millionenhöhe denkbar.

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