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Von leuchtendem Metall, Quantenchips und dem Silizium-Ende

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Wir befinden uns an einem kritischen Punkt. Herkömmliche Prozessoren aus Silizium stossen an ihre Grenzen. In Laboren rund um die Welt suchen Forscher nach Alternativen. Im Labor von IBM Research gab es unlängst einen Lichtblick. Es gibt aber noch ­andere spannende Projekte.

Das neu geschaffene Polymer von Niels Holten-Andersen reagiert auf kleinste Umweltveränderungen. Als Folge beginnt es zu leuchten. (Quelle: MIT)
Das neu geschaffene Polymer von Niels Holten-Andersen reagiert auf kleinste Umweltveränderungen. Als Folge beginnt es zu leuchten. (Quelle: MIT)

"Durchbruch ebnet den Weg für eine Post-Silizium-Zukunft mit Kohlenstoffnanoröhrchen". Das war der Titel einer Pressemitteilung Anfang Oktober. IBM-Forschern sei es gelungen, Transistoren aus Kohlenstoff stark zu verkleinern, ohne dass diese dabei an Leistung verloren hätten.

Die Forscher glauben, mit ihrer neuen Methode dereinst Transistoren von gerade einmal 1,8 Nanometer Grösse herstellen zu können. Davon seien sie jedoch noch vier Technologiegenerationen entfernt. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 50 Mikrometer oder 0,05 Millimeter "dick". Die Transistoren der Zukunft wären also mehr als 10 000 Mal dünner als ein einzelnes Haar.

Der "Durchbruch" gelang den Forschern, weil sie sich von traditionellen Schemata abgewandt hatten. Sie erfanden einen Verhüttungsprozess, der dem mikroskopischen Schweissen ähnelt. Sie banden Metallatome chemisch an die Kohlenstoffatome am Ende der Nanoröhrchen. Das erlaubte es den Forschern offenbar, die Kontaktflächen ihrer Transistoren auf unter 10 Nanometer zu schrumpfen, ohne die Kontaktfreudigkeit einzuschränken.

Bislang standen die Forscher vor dem Problem, dass der Widerstand mit der sinkenden Grösse der Kontaktfläche zunahm. Das führte zu schwächeren Transistoren und somit zu einem Leistungsabfall.

Auf dem Weg zum Quantencomputer

In Australien, an der University of South Wales, arbeiten ebenfalls ein paar schlaue Köpfe am Computer von morgen. Anders als ihre Kollegen von IBM setzen sie bewusst auf das bewährte Silizium. Auch sonst machen sie alles anders. Sie versuchen nicht, die Transistoren zu verkleinern. Sie arbeiten an Quantenprozessoren.

Den australischen Forschern gelang offenbar wie ihren Kollegen von IBM ein "Durchbruch". Sie bauten ein sogenanntes Quantengatter aus Silizium. Der so entstandene – noch rudimentäre – Chip erlaubt es zwei Quantenbits, kurz Qubits, miteinander zu kommunizieren und Berechnungen anzustellen.

Die Australier wollen zudem herausgefunden haben, wie sie ihr System skalieren können. Sie seien jetzt in der Lage, einen Quantenprozessor zu bauen, der Millionen von Qubits beherbergte.

Die Forscher nutzen nicht nur Silizium als Baustoff. Sie setzen auch auf gängige Produktionsverfahren für heutige Chips. Sie glauben deshalb, dass es vergleichsweise einfach sein werde, einen vollwertigen Quantenprozessor herzustellen.

Die Forscher meldeten bereits ein Patent für ihren Quantenprozessor an. Ihr Ziel ist es, innerhalb der nächsten fünf Jahre eine einfache Version eines Quantenchips zu entwickeln. Sobald sie den Chip haben, wollen sie einen funktionieren Quantencomputer bauen. Dieser würde dann die Informationsverarbeitung revolutionieren.

Metallisches Gel als Sensor

In den USA am Massachusetts Institute of Technology vergnügt sich das Team um Niels Holten-Andersen derweil mit "really funky" Organismen aus dem Meer. Inspiriert von den Tricks der Natur entwickelt das Team Polymere mit besonderen Eigenschaften: metallische Gele, die leuchten.

Die Gele emittieren Licht in verschiedenen Farben. Sogar reines Weisslicht sei möglich. Holten-Andersen betrachtet das neue Material als eine Art Sensor. Denn das Gel reagiert auf ein breites Spektrum von Umwelteinflüssen: Wärme, Kälte, Wasser, Toxine, Pollen.

Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen, schreiben die Forscher. Die Gele könnten sogar mechanische Veränderungen oder Stress in mechanischen Systemen wahrnehmen. So liessen sich etwa Kräfte in Flüssigkeiten visualisieren.

Holten-Andersen und sein Team verwendeten für das Gel ein Metall aus der Gruppe der Lanthaniden, eine Seltene Erde. Sie kombinierten das Metall mit dem viel verwendeten Polymer Polyethylene Glycol, kurz PEG. 

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