ICT-Reseller-Index November

Erste Reseller kehren dem Handel den Rücken

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Die Stimmung im Schweizer ICT-Fachhandel nähert sich wieder dem Jahrestief vom August und liegt nun bei minus 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der ICT-Reseller-Index von Proseller ist im November dieses Jahres weiter abgesackt. Er ging im Monatsvergleich um 4 Prozent auf 68 Punkte zurück. Damit ist er nur noch vier Punkte vom diesjährigen Tiefstwert entfernt. Im Jahresvergleich sank der Index um 30 Prozent, wie Proseller mitteilt.

Ähnlich sieht es beim kumulierten Umsatz aus. Die Differenz zum Vorjahr vergrösserte sich auf minus 20 Prozent, wie Thomas Czekala schreibt. Er ist Mitglied des Verwaltungsrats bei Proseller und Verfasser des Indexes.

Der PC hat ein Plateau erreicht

Laut Czekala sind alle Sortimentbereiche der ICT-Reseller betroffen. Es gebe keine Ausreisser. Ausserdem stoppte die im Jahr 2014 eingesetzte Sortimentsverschiebung. PCs seien mit einem Umsatzanteil von rund 35 Prozent seit etwa 12 Monaten stabil. "Sie haben wohl ein neues Plateau erreicht", schreibt Czekala.

Früher machten PCs allerdings über 42 Prozent des Handelsumsatzes der Reseller aus. Den Platz übernahm wohl das Rand- und Ergänzungssortiment. Die Sparte stieg von 34 Prozent im Jahr 2014 auf heute rund 40 Prozent. Es sei nun eine neue Struktur zu erkennen.

Fachhandel reduziert sich auf wenige, grössere Händler

Den eher ernüchternden Zahlen zum Trotz geht es laut Czekala vielen ICT-Resellern sehr gut. Ihre Arbeitlast sei zum Teil sehr hoch. Doch das sei nur eine Seite. "Eine Reihe von Resellern reduzieren ihre Handelsaktivitäten", schreibt Czekala. Einige würden sogar ganz aufhören, Produkte zu verkaufen.

Der Fachhandel reduziere sich auf weniger und dafür grössere Händler. Diese Veränderung werde 2017 weitergehen, vermutet Czekala. Dabei sei völlig offen, wie viele grössere oder spezialisierte ICT-Reseller übrig bleiben werden.

Neun Faktoren zwingen Reseller zum Umdenken

Für Czekala gibt es neun Faktoren, die diesen Trend verstärken. Diese Faktoren würden allesamt von aussen auf die ICT-Reseller einwirken.

  1. Produktverschiebung: Was früher Server konnten, machen heute PCs. Was früher PC konnten, machen heute Notebooks. Was früher Notebooks konnten, machen heute Tablets oder sogar Smartphones.

  2. Funktionsintegrations: Drucker sind heute auch Scanner. Handys sind heute zu fast 100 Prozent Smartphones mit Kamera, Game- und Online-Plattform, Wecker und Taschenlampe. Tablets und Notebooks sind fast vollwertige Arbeitsplätze

  3. Neue Geschäftsmodelle: Service statt Produktverkauf.

  4. Globalisierung: Viele Konsumenten haben spätestens nach dem Franken-Schock am 15. Januar 2015 auch einmal Preise und Kaufprozesse bei ausländischen Anbietern ausprobiert. Viele haben gute Erfahrungen gemacht und viele ausländische Hersteller haben den Schweizer Markt für sich entdeckt.

  5. Online statt offline: E-Commerce ist nicht mehr exotisch. Konsumenten und professionelle Einkäufer werden mutiger, komplexere und physisch grössere Artikel online zu bestellen.

  6. Preis-Skipiste: Auch wenn alle spätestens seit der Pleite von Praktiker-Baumärkte wissen müssten, dass Rabatt-Schlachten keine Gewinner haben, nimmt die Frequenz und Heftigkeit von Rabatt-Tagen und Aktionen enorm zu. Selbst ohne Rabatt haben ICT-Reseller kaum noch Marge.

  7. Kaufverzögerung: Wenn die technologische Entwicklung in 6 Monatszyklen neue, bessere und billigere Produkte serviert, und die installierten Produkte ihren Dienst zumindest halbwegs gut tun, lohnt sich das Zuwarten mit einem Kauf. Investitionen werden verschoben, Entscheidungsprozesse verlieren ihren Druck.

  8. Herstellervertikalisierung: Die zunehmende Vernetzung führt zu immer mehr und besseren Kontakten der Hersteller mit den Endverbrauchern und Nutzern. Der Schritt zu Direktgeschäften ist für viele Hersteller bereits in den Strategien enthalten, wenn sie es nicht jetzt schon versuchen oder bereits tun.

  9. Fachhandel wird zum Vertrauenspartner: Preisfokussierte und kurzfristig handelnde Kunden, die Produkte in einer einfachen, nicht vernetzten Basiskonfiguration brauchen, werden nicht mehr zum ICT-Reseller kommen. Kunden mit Bedarf an Qualität, Kompetenz und Lösung von Komplexität werden aber weiter den ICT-Reseller aufsuchen.

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