Marktübersicht

Der Schweizer Markt für Rechenzentren wächst mit Cloud-Services

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Der Rechenzentrumsmarkt in der Schweiz floriert. Seine Nutzfläche ist seit 2016 um über 20'000 Quadratmeter gewachsen. Neue Anbieter drängen in den Markt, die Grossen werden indes noch grösser. Die Branche setzt immer mehr auf Cloud-Services. Dies bringt Chancen für den Channel.

(Quelle: blacklight_trace / iStock.com)
(Quelle: blacklight_trace / iStock.com)

Der Schweizer Markt für Rechenzentren (RZ) wächst, wie unsere Marktübersicht zeigt. Seit dem vergangenen Jahr entstanden hierzulande mindestens sechs neue Datacenter. Sie erweiterten die Nutzfläche der hiesigen RZs um insgesamt über 20'000 Quadratmeter. Dies entspricht knapp der Fläche dreier Fussballfelder.

Der Markt durchläuft allerdings weiterhin eine Phase der Konsolidierung. Die grossen Anbieter stärkten seit 2016 ihre Marktstellung. Sie bauten ihre RZs aus und kauften Anlagen von Mitbewerbern auf.

 

Equinix und Green kaufen zu

Equinix übernahm im Februar das Rechenzentrumsgeschäft der Zürcher Firma ICT-Center. Mit dem Kauf stieg die Rechenzentrumsfläche von Equinix in der Schweiz um über 10 Prozent auf insgesamt 9500 Quadratmeter. Das US-Unternehmen betreibt in der Schweiz nun sechs RZs. Zwei davon in Genf und vier in der Region Zürich. Equinix gilt im Schweizer Colocation-Geschäft als Marktführer, wie die NZZ berichtet.

Green akquirierte im vergangenen Jahr das Datacenter der Zurich Versicherung in Schlieren samt Kunden. Der Internetprovider betreibt nun fünf RZs, allesamt im Raum Zürich. Green startete auch den Ausbau seiner grössten Anlagen. Ausser seinem neuen Hauptsitz in Lupfig erweitert Green seine RZ-Nutzfläche auf über 11'000 Quadratmeter. Nach Abschluss des Ausbaus wird das Unternehmen eigenen Angaben zufolge über 14'000 Quadratmeter an nutzbarer RZ-Fläche in der Schweiz bieten.

 

Das grösste Schweizer RZ nimmt seinen Betrieb auf

Das Genfer Unternehmen Safe Host eröffnete im Mai das bislang grösste Datacenter der Schweiz. Das Serverzentrum namens SH2 liegt in Gland im Kanton Waadt. Die Anlage bietet zurzeit eine Nutzfläche von 1800 Quadratmetern, wie das Unternehmen gegenüber dem "ICTjournal" mitteilt. Nach abgeschlossenem Ausbau soll die Nutzfläche 14'400 Quadratmeter betragen. Das neue RZ ist bereits die dritte Anlage von Safe Host.

Nicht nur die Grossen der Branche bauten ihre Position am Markt aus. Auch neue Anbieter brachten sich in Stellung. Sie wollen sich insbesondere lokal profilieren und eine hohe Energieeffizienz bieten.

 

Neue RZs entstehen ausserhalb der Ballungsgebiete

Datahub eröffnet im kommenden Herbst sein zweites RZ in Biel. Es soll eine Nutzfläche von 3000 Quadratmetern bieten. Datahub will mit der Anlage eine Lücke in der Rechenzentrumslandschaft der Schweiz schliessen, wie das Unternehmen mitteilt. Bisher konzentrierten sich Datacenter in den Ballungszentren wie Genf, Zürich oder Bern. Mit dem neuen RZ in Biel wolle Datahub hingegen das Potenzial des Espace Mittelland erschliessen und insbesondere KMUs ansprechen, schreibt das Unternehmen.

Die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK) wollen mit dem Rechenzentrum Ostschweiz ebenfalls eine Alternative zu den Rechenzentren in Zürich, Basel oder Bern bieten. Die Anlage in Gais im Kanton Appenzell Ausserrhoden soll im kommenden Jahr ihren Betrieb aufnehmen. Die SAK legen besonderen Wert auf die Umweltfreundlichkeit der Anlage. Sie soll das "energieeffizienteste Rechenzentrum der Schweiz" werden, wie die Betreiber mitteilen. Zu diesem Zweck setzten die SAK eigenen Angaben zufolge auf neue Technologien zur Kühlung.

 

Wachstumstreiber Cloud-Services

Immer mehr Unternehmen verlagern Workloads und Daten in die Cloud. Die grossen RZ-Betreiber wollen ihre Anlagen aus diesem Grund möglichst direkt mit Cloud-Providern verbinden. "Der einfache, direkte Zugang zu den lokalen Cloud-Anbietern und den Hyperscalern wie AWS und Microsoft wird immer wichtiger", sagt Thomas Kreser, Marketing und Business Development Manager bei Interxion Schweiz. Dass Kunden in der Schweiz immer mehr Cloud-Dienste und insbesondere die Angebote der Hyperscaler Azure und AWS nutzen, erwartet auch Roberto Cazzetta, Marketing Director bei Equinix Schweiz. Der RZ-Betreiber setzt insbesondere auf Hybrid-Cloud-Angebote. "Unser Businessmodell baut darauf auf, dass die Hybrid Cloud wächst – und wir mit ihr", sagt Cazzetta.

Die meisten Betreiber von RZ vermieten ihren Kunden längst nicht nur Platz und Infrastruktur, sondern bieten eine Reihe von Cloud-Services. Für Acdalis Informatik, dem Betreiber des Datacenter Zug, zählen solche Dienstleistungen zum Kerngeschäft. "Wir machen bereits 90 Prozent unseres Umsatzes mit Cloud-Services und fokussieren uns darauf", sagt Michael Keinersdorfer, Geschäftsführer von Acdalis Informatik. Auch für der Genfer RZ-Betreiber Infomaniak sind On-Premise-Projekte die Ausnahme. "Die Miete von physischem Raum in unseren Datacentern stellt nur 2 Prozent unseres Umsatzes dar", sagt Boris Siegenthaler, CEO von Infomaniak.

 

Mehrwert für den Kunden

Mit Cloud-Service-Angeboten reagieren RZ-Betreiber auf die veränderte Nachfrage bei den Kunden. "As-a-Service"-Modelle lösen die traditionelle IT-Beschaffung ab, wie Frank Boller, CEO von Green, erklärt. "Kunden erwerben Rechenleistung, Netzwerkinfrastruktur und Storage immer mehr als skalierbare On-Demand-Lösungen", sagt Boller. Datacenter werden zwar nach wie vor ihre klassischen Dienstleistungen wie Colocation und Server Housing anbieten, wie Stephan Berger, Geschäftsleiter von Begasoft, erklärt. "Doch die Nachfrage nach Cloud-Services wie Infrastructure-as-a-Service (IaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) und Software-as-a-Service (SaaS) steigt stetig", sagt Berger.

Diese Ansicht teilt auch Peter Gorini, Partner und Chief Marketing Officer bei Datahub. "Wir kommen weg von der Rolle des klassischen Datacenter-Providers und müssen Mehrwerte anbieten", sagt Gorini.

 

Chancen für den Channel

Mit solchen Angeboten wie Iaas und SaaS könnten RZ-Anbieter ihre Zielgruppen um ein Vielfaches erweitern, erklärt Martin Ming, Teamleader Marketing Communication bei Quickline. Manche Betreiber bieten solche Services aus eigener Hand. Die meisten setzen jedoch auf eine stärkere Zusammenarbeit mit ihren Partnern.

Quickline will seine Vertriebswege enger verzahnen, wie Ming erklärt. "Dabei übernehmen Reseller eine sehr wichtige Rolle." Der RZ-Betreiber plane, seine Partner stärker zu unterstützen. "In einem ersten Schritt werden wir unseren Resellern eine Plattform zur Verfügung stellen, auf der sie sowohl unsere Cloud- als auch Internet- und Telefoniedienste passgenau für den Kunden zusammenstellen und die Bestellung auslösen können", sagt Ming. Auf diese Weise will Quickline die Zusammenarbeit seiner Reseller mit deren Kunden optimieren. "Sie wird günstiger, individueller und schneller", sagt Ming.

Eine Plattform für seine Partner bietet auch Equinix, wie Maria Neustifter, Channel Managerin bei Equinix Schweiz, in der März-Ausgabe des "IT-Markt" erklärte. Um mit Cloud-Diensten weiter zu wachsen, bräuchten die Betreiber von RZs Partner wie etwa Softwareanbieter und Provider von Managed Services, sagte Neustifter. Erst in Zusammenarbeit mit dem Channel könnten sich Rechenzentren zu Schnittstellen entwickeln, wo alle Fäden zusammenlaufen.

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