Vis-à-vis

Michael Ulrich über den Wechsel vom Channel- zum Schweiz-Chef bei Barracuda

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von Coen Kaat

Ende November 2017 hat Michael Ulrich die Stelle als Country Manager Schweiz bei Barracuda angetreten. Kaum ein Monat darauf kündigte Thoma Bravo an, Barracuda zu übernehmen. Im Interview spricht Ulrich über den Wechsel vom Channel zum Country Manager und über seine Pläne für die Schweizer Partner.

Michael Ulrich, Country Manager Schweiz bei Barracuda. (Source: Netzmedien)
Michael Ulrich, Country Manager Schweiz bei Barracuda. (Source: Netzmedien)

Sie sind nun seit fast 100 Tagen im Amt als Country Manager von Barracuda Schweiz. Wie ist es Ihnen seit dem Start in der neuen Rolle ergangen?

Michael Ulrich: Es war eigentlich mehr eine formelle Umstellung. Viele Aufgaben hatte ich schon vor über einem Jahr interimistisch übernommen. Das gab mir die Zeit, in diese Rolle hineinzuwachsen. Jetzt bin ich bereits mittendrin. Ich muss also nicht zuerst 100 Tage analysieren, bevor ich entscheiden kann, wo ich eingreifen und was ich umkrempeln muss. Das Team in der Schweiz arbeitet bereits seit rund drei Jahren zusammen. Ich bin schon seit fünf Jahren für Barracuda tätig.

Welche Aufgaben sind nun neu hinzugekommen?

Ich habe nun mehr Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern. So kamen etwa verschiedene HR-Aufgaben dazu. Die Aufgaben wurden mit der Umstellung generell umfangreicher. Schliesslich übe ich meine bisherige Rolle als Channel Manager weiterhin aus.

Wieso diese Doppelrolle? Hat Barracuda festgestellt, dass man hierzulande auch mit einem kleineren Team zurechtkommt?

Das kann man so nicht sagen. Die Ernennung eines neuen Country Managers war auch ein Zeichen von Barracuda: Die Schweiz ist eine wichtige Region, und wir werden hier investieren. Natürlich kämpfe ich dafür, dass wir auch mehr personelle Ressourcen erhalten. Aktuell befinden wir uns in der Planungsphase für das neue Geschäftsjahr, das wir Anfang März beginnen. Im neuen Jahr werden wir hoffentlich neue Mitarbeiter einstellen können.

Wieso war die Stelle des Country Managers so lange vakant, wenn die Schweiz so wichtig ist für Barracuda?

Die Länderorganisationen wurden in der Zeit neu organisiert. Davor war die Schweiz noch mit verschiedenen südlichen Ländern zu einer Region zusammengefasst. Anschliessend gliederte Barracuda die Schweiz in Central Europe ein – zusammen mit Deutschland, Österreich und Osteuropa. In der Zeit ernannte das Unternehmen mit Chris Ross auch einen neuen EMEA-Verantwortlichen mit einer klaren Strategie.

Wie sieht diese Strategie aus?

Wir wollen uns künftig stärker auf unser Kerngeschäft fokussieren. Barracuda ist eine Security-Firma. Und das wollen wir nun wieder deutlich betonen. Data-Protection- mit Back-up- und Message-Archival-Lösungen werden wir weiterhin anbieten. Aber in den letzten Jahren versuchten wir uns etwa in den USA auch als Anbieter von IP-Telefonie oder lancierten mit Cudadrive ein eigenes Filesharing-System. Solche Produktkategorien, die nicht zu unserem Kerngeschäft gehören, werden wir nicht weiterverfolgen.

Und wie sieht Ihre Strategie für die Schweiz aus?

Ich werde hier nichts Verrücktes machen oder alles auf den Kopf stellen. Wir haben eine klare Strategie von der EMEA-Organisation. Diese Strategie will ich auch in der Schweiz verfolgen. Aber natürlich muss sie angepasst und ausbalanciert werden. Grundsätzlich habe ich freie Hand. Mein Ziel ist es, mit Barracuda näher an die Endkunden heranzukommen. Dafür gehe ich direkt auf sie zu.

Wollen Sie Direktgeschäfte machen?

Genau das wollen wir nicht machen! Barracuda ist ein Channel-Unternehmen. Wir sind auf unsere Partner und auf den Schub, den wir vom Channel erhalten, angewiesen. In der Schweiz machen wir überhaupt keine Direktgeschäfte, und so soll es auch bleiben. Wir wollen zwar näher an den Endkunden, aber den Channel wollen wir dabei nicht aussen vor lassen. Wir wollen mit dem Endkunden in Kontakt kommen. Wir wollen wissen, was er will, was seine Bedürfnisse sind. Die Leads bringen wir anschliessend in den Channel. Sofern es sinnvoll ist, nehmen wir den Partner auch von Anfang an ins Boot. Oder wir lassen uns von einem Reseller zu seinem Endkunden mitnehmen. Mein Ziel ist es, den richtigen Partner zum richtigen Kunden zu bringen. Bei der Frage, wer der richtige Partner ist, ist dessen Know-how entscheidend.

Wie helfen Sie dem Channel dabei, dieses Know-how aufzubauen?

Wir bieten auf unserer Ausbildungsplattform alles, was es dazu braucht: Webinare, Onlinekurse, virtuelle Klassenzimmer. Zudem bieten wir unseren Channelpartnern auch Hands-on-Demos und Trainings an. Natürlich braucht es auch vom Partner hier ein gewisses Engagement. Aber wir lassen niemanden im Stich. Wir lassen auch nicht zu, dass sich ein Partner an einem Projekt die Zähne ausbeisst, weil der Auftrag vielleicht doch eine Nummer zu gross für ihn ist. In solchen Fällen können wir unsere Partner etwa mit professionellen Services unterstützen.

Was hat ein Reseller davon, wenn er gemeinsam mit Ihnen zum Kunden geht?

Der Reseller profitiert davon, dass der Hersteller deutlich näher an der Lösung ist, die er verkaufen will. Als Hersteller bringe ich eine Expertise mit, die ein Reseller, der verschiedene Produkte verschiedener Hersteller anbietet, vielleicht nicht auf dem Level hat. Ausserdem kann ich, falls nötig, noch System Engineers hinzuziehen und eine Live-Demonstration durchführen. Aber auch den psychologischen Effekt darf man nicht unterschätzen. Es macht Eindruck auf den potenziellen Kunden, wenn der Hersteller ihm persönlich zeigt, dass er ihn als Kunden will. Es ist wichtig, dass wir mehr Hand in Hand gehen. So stärken wir den Channel.

Was bedeutet das konkret für die Schweizer ­Partner?

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, mit unseren Partnern richtig Gas zu geben. Dabei lautet unsere Maxime: mehr Qualität statt Quantität. Ich will künftig etwas gezielter vorgehen und mich auf unsere Authorized und Prefered Partner, also auf unsere Value-Added-Reseller (VAR) konzentrieren. Ich will diese Partner näher an Barracuda heranbringen, sie weiterentwickeln, ihr Know-how aufbauen und ihre Selbstständigkeit fördern. Schliesslich investieren diese Partner auch in uns. Ich meine damit nicht unbedingt Geld, sondern auch Zeit, Engagement etwa für Trainings oder für gemeinsame Aktivitäten.

Welche Unterstützung können die Partner im Gegenzug von Ihnen erwarten?

Es gibt viele Möglichkeiten, gemeinsam aktiver zu werden. Wir haben etwa ein super Programm, dass unsere VARs im Bereich Marketing unterstützt. Für jeden Franken, den unsere Partner in Werbekampagnen oder Eventauftritten investieren, zahlt Barracuda noch einen oben drauf. Das heisst, wir finanzieren bis zu 50 Prozent der Marketingaktivitäten unserer Partner. Was mich allerdings erstaunt, ist, wie wenig dieses Angebot genutzt wird.

Wie viele Authorized und Prefered Partner haben Sie in der Schweiz?

In meiner Zeit als Channel Manager habe ich mit rund 100 Partnern Geschäfte abgewickelt. Etwa 40 davon sind Authorized oder Prefered Partner. Mit diesen machen wir aber rund 80 Prozent unseres Umsatzes. Die übrigen Partner kaufen vielleicht ein Mal im Jahr eine Firewall. Das ist auch wichtig. Aber nun will ich mich zunächst auf die Authorized und Prefered Partner konzentrieren.

Was wird dieses Jahr auf die Partner zukommen?

Wir wollen das Partnerprogramm besser ausspielen. Wir wollen etwa neue Vorteile schaffen für die top-zertifizierten Partner. Um dies zu erreichen, werden durchaus noch Veränderungen im Partnerprogramm kommen. Aktuell diskutieren wir, ob unser Programm mit seinen vier Partnerstufen gestrafft werden soll. Ich jedenfalls finde, dass wir auch mit drei Stufen gut auskommen würden.

Wollen Sie sich von kleineren Partnern verabschieden?

Nein, bei Barracuda werden immer alle Partner willkommen sein. Die Registered-Partner-Stufe behalten wir. Das ist sozusagen die Einstiegsstufe. Dafür muss man sich lediglich registrieren. Danach ist man sogleich Partner und kann unsere Produkte anbieten. Unser Fokus wird aber sein, die gut zertifizierten Partner weiterzuentwickeln.

Welche technologischen Themen werden dieses Jahr bei den ­Barracuda-Partnern dominieren?

Die Branche ist in einem permanenten Veränderungsprozess. Es kommen immer wieder neue Themen auf. Für uns ist aktuell der Bereich Managed Services sehr wichtig. Unser Angebot umfasst zwar bereits Software-as-a-Service. Aber wir wollen uns im Bereich Cloud-Dienste weiter verstärken. Wir entwickeln unser Angebot auch dahingehend weiter, dass unsere Partner sie als Whitelabel-Lösung anbieten können. Das wird sich natürlich auf die Lizenzmodelle auswirken und so wiederum auch auf den Umsatz, wenn die Partner zeitlich beschränkte Lizenzen verkaufen statt permanente On-Premises-Lösungen.

Wo hostet Barracuda diese Services?

Den EMEA-Raum bedienen wir von zwei Rechenzentren aus; diese stehen in London und in Frankfurt. Wir liebäugelten auch mit der Idee, uns in ein Rechenzentrum von Swisscom einzumieten. Schliesslich entschieden wir uns jedoch dafür, stattdessen den Standort in Frankfurt auszubauen. Der Schweizer Markt ist nun mal überschaubar und wird von oben als Teil von Europa angesehen.

Vermissen Ihre Kunden die Option, auf ein Schweizer Rechenzentrum zurückgreifen zu können?

Das ist immer eine Frage des Vertrauens. Egal wo das Rechenzentrum steht, wir betreiben und betreuen es: Barracuda, eine amerikanische Firma. Wer wirklich skeptisch ist, wäre deshalb wohl schon misstrauisch – auch wenn wir die Dienste auf der Infrastruktur von Swisscom hosten würden. Deswegen sehe ich es auch nicht als ein Problem, dass wir die Schweiz zusammen mit dem EMEA-Raum von Frankfurt und London aus betreuen.

Können Ihre Partner das Angebot auch bei sich selbst hosten?

Nein, denn wir sehen unsere Partner mehr in der Rolle des Service-Brokers. Die Partner sollen aus verschiedenen Angeboten für ihre Kunden das optimale Paket zusammenschnüren. Das heisst, dass sie vielleicht Office 365 von Microsoft als Basis nehmen, es dann mit der E-Mail-Security von Barracuda anreichern und das Paket schliesslich mit den eigenen Services krönen. Das könnte etwa eine Managed Firewall oder eine Back-up-Lösung sein. Die Dienste muss der Partner nicht alle selbst erstellen. Er bündelt sie lediglich zu einem einheitlichen Angebot für seine Kunden. Dem ist es vermutlich ohnehin egal, von wem die einzelnen Services ursprünglich kommen.

Die Private-Equity-Firma Thoma Bravo hat Barracuda Ende November aufgekauft. Wie wird sich das auf die Partner und Kunden auswirken?

Die Übernahme wird sich auf das Tagesgeschäft nicht gross auswirken. Unsere Partner und Kunden werden wohl nicht viel davon mitkriegen. Thoma Bravo hat sich klar dafür ausgesprochen, die bisherige Strategie von Barracuda weiterzuführen. Zu diesem Zweck stärkte die neue Muttergesellschaft dem bisherigen Management den Rücken. Wir sind nun allerdings nicht mehr an der Börse. Deswegen werden wir wohl etwas flexibler sein, wenn es um eigene Investitionen geht.

Der Deal soll nächsten Monat unter Dach und Fach sein. Ist die Übernahme noch im Zeitplan?

Davon gehe ich aus. Wenn das nächste Geschäftsjahr beginnt, soll die Übernahme abgeschlossen sein.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Channel?

Der Channel lebt! Wir sollten also positiv bleiben. In letzter Zeit werden zwar vermehrt kritische Stimmen laut. Diese fragen dann, wofür es den Channel überhaupt noch braucht, oder wie lange er überleben wird. Die richtige Frage ist aber nicht ob, sondern wie: Wie wird der Channel in Zukunft aufgestellt sein? Ich komme selbst aus dem Channel. Ich war zehn Jahre lang für einen Systemintegrator tätig, bevor ich zunächst zu einem Distributor und dann vor fünf Jahren zu einem Hersteller, Barracuda, wechselte. So konnte ich selbst sehen, welche Rolle der im Channel hat. Diese gesamte Partnerlandschaft steht nun unter dem Druck, sich zu ändern. Das ist nichts Neues, wird sich aber noch weiter verstärken. Für den Channel ist es daher wichtig, auch für neue Themen offen zu bleiben. Denn es wird noch immer sehr viel in Technologie investiert. Das sehen wir an Trends wie etwa dem Internet der Dinge. Für den Channel sind also genügend Chancen vorhanden.

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