Delegiertenversammlung auf dem Wasser

ICT-Switzerland feiert 40-jähriges Bestehen im Schatten des Cybercrime

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von Coen Kaat

In Luzern hat am 28. März die 40. Delegiertenversammlung von ICT-Switzerland stattgefunden. Teil der Veranstaltung war auch die Präsentation einer neuen Studie zum Thema IT-Sicherheit in der Schweiz. Den Ergebnissen zufolge sind 15 Prozent der Schweizer bereits Opfer einer Cyberattacke gewesen - mit finanziellen und emotionalen Folgen.

Der Abschluss der Delegiertenversammlung fand auf dem historischen Raddampfer Uri statt. (Source: Netzmedien)
Der Abschluss der Delegiertenversammlung fand auf dem historischen Raddampfer Uri statt. (Source: Netzmedien)

Für die 40. Delegiertenversammlung von ICT-Switzerland reicht ein Schiff nicht aus. Darum verteilte sich der Anlass gleich auf zwei: der offizielle Teil fand im modernen Katamaran Cirrus statt, das Abendessen auf dem historischen Raddampfer Uri – Baujahr 1901.

Der Anlass begann mit einem Blick zurück. Geschäftsführer Andreas Kaelin liess die vergangenen 40 Jahre des Dachverbands der Schweizer ICT-Wirtschaft Revue passieren. Die Cebit 2016 stach als "wichtiger Meilenstein" heraus. Die Schweiz war damals Gastland.

Die Cebit 2016 fand vor fast genau 2 Jahren statt – Mitte März 2016. Johann Schneider-Ammann war als Bundespräsident bei der Eröffnung zugegen. Was er über seine eignen beruflichen Anfänge als Elektroingenieur und über seine Hoffnungen für den technologischen Fortschritt sagte, können Sie hier nachlesen.

Der offizielle Teil der Delegiertenversammlung fand auf dem Katamaran Cirrus neben dem KKL statt. (Source: Netzmedien)

"Nach der Cebit 2016 spürte man auch im Ausland, was die Schweiz im IT-Bereich zu bieten hat", sagte Kaelin auf der Cirrus. "Zudem ist die IT damit auch mehr zum politischen Thema geworden." Eine gute Überleitung auf den nächsten Redner: Marcel Dobler, Nationalrat und seit 2 Jahren Präsident von ICT-Switzerland. An der Versammlung wurde Dobler für das Amt wiedergewählt – ohne Gegenstimmen und ohne Gegenkandidaten.

"Das ist meine erste Delegiertenversammlung", sagte Dobler. "Auf einem Schiff", ergänzte er. "Das nicht fährt", vollendete er den Scherz. Obwohl die Uri während dem Dinner eine Rundfahrt über den Vierwaldstättersee machte, blieb die Cirrus neben dem KKL in Luzern verankert. Die Schifffahrt komme scheinbar gut an beim Verband: 82 der 95 Delegierten seien zugegen.

Die Führung von ICT-Switzerland (v.l.): Geschäftsführer Andreas Kaelin zusammen mit Präsident Marcel Dobler und Vizepräsident Franz Grüter. (Source: Netzmedien)

Der "Dachverband der 6. grössten Branche in der Schweiz", wie Dobler sagte, startete damals mit 8 Firmenmitgliedern. Heute sind es 31 – seit kurzem gehöre auch Facebook dazu. Abgerundet wird die Mitgliederzahl von den 21 Verbandsmitgliedern.

1 Million Schweizer von Cyberattacken betroffen

Ein wichtiges Thema der Veranstaltung war IT-Security. So präsentierte Nicole Wettstein von der SATW etwa die Ergebnisse einer gemeinsamen Studie von ICT-Switzerland, ISSS, SATW, SISA, Swiss-ICT, Switch und ISB – Melde- und Analysestelle Informationssicherung.

Nicole Wettstein präsentiert die Ergebnisse der IT-Security-Studie. (Source: Netzmedien)

Gemäss der Studie besitzen 92 Prozent der Schweizer Bevölkerung mindestens ein mit dem Internet verbundenes Gerät. 45 Prozent der Befragten gaben an, dass auch ihr Fernseher mit dem Web verbunden sei.

15 Prozent der Befragten waren laut der Studie bereits Opfer einer Cyberattacke. Hochgerechnet sind das rund 1 Million Personen. "Wir reden hier nicht von Spammails", sagte Wettstein. "Sondern von echten Cyberattacken, die eine finanzielle und emotionale Belastungen und Aufwände für die Schadensbereinigung verursachten.

Trotzdem gab über die Hälfte der betroffenen Personen an, ausreichend informiert zu sein, um sich vor Angriffen zu schützen. "Dieses Sicherheitsgefühl basiert meist auf technische Massnahmen", sagte Wettstein.

Dieser Widerspruch zwischen dem verursachten Schaden und der Einschätzung der eigenen Sicherheit zeige, wie wichtig flächendeckende Sensibilisierungsmassnahmen seien. Die Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken 2018-2022 sei dafür ein wichtiger Pfeiler.

Durchgeführt hat die Umfrage GFS Zürich. Der Marktforscher befragte dafür im Januar und Februar dieses Jahres 1000 erwachsene Personen in der Deutsch- und Westschweiz.

Staatsanwalt sucht mehr Know-how

Nicola Staub, Staatsanwalt im Kanton Schwyz, griff das Thema ebenfalls auf und beleuchtete das Thema Cybersecurity aus der Sicht der Staatsanwaltschaft. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verbrechen ist die Aufklärungsquote im Bereich Cybercrime eher gering. "Das liegt daran, dass wir, wenn es um Cybercrime geht, quasi immer gegen Unbekannt ermitteln", sagte Staub.

Bei konventionellen Verbrechen werden zwischen 18 und 46 Prozente der Fälle aufgeklärt. Bei Cybercrime sind es weniger als 1 Prozent. "Für einen Cyberkriminellen besteht also ein Risiko von nur 0,03 Prozent, dass man von der Justiz geschnappt wird", sagte Staub.

Nicola Staub, Staatsanwalt im Kanton Schwyz und Ambassador der Global Cyber Alliance. (Source: Netzmedien)

Die Zahlen sind zwar aus den USA, doch seien sie vergleichbar in der Schweiz. Die Aufklärungsquote bei herkömmlichen Verbrechen sei hierzulande aber wohl höher. Der Grund ist simpel: "Bei gewöhnlichen Verbrechen sind Opfer, Täter, Tatort und Beweise in der Schweiz", sagte Staub. "Bei Cybercrime sind jedoch nur Opfer (etwa ein KMU) und Tatort in der Schweiz. Die Beweise und die Täter verstecken sich in der Regel im Ausland."

"Um unsere Erfolgsquote zu steigern, müssen wir noch stärker zusammenarbeiten", sagte Staub. Dafür suche er auch die Kooperation mit der Privatwirtschaft. Denn um mehr aufzuklären, brauche die Staatsanwaltschaft mehr Spezialisten und mehr Know-how.

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