Vis-à-Vis

Wie David Pedevilla mit Infinidat den Schweizer Storage-Markt durchschütteln will

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von Coen Kaat

Seit Oktober 2018 hat Infinidat einen Chef für das Schweizer Geschäft. Für die Position gewann das Unternehmen David Pedevilla. Im Interview erzählt der erste Schweiz-Chef des Storage-Herstellers, warum die Zeit reif war für eine Schweizer Länderorganisation, wie er diese aufbauen will und was nun auf die Schweizer Storage-Branche zukommen wird.

David Pedevilla, Country Sales Manager Schweiz, Infinidat. (Source: zVg)
David Pedevilla, Country Sales Manager Schweiz, Infinidat. (Source: zVg)

Sie sind seit Oktober Country Manager von Infinidat. Der erste Country Manager für die Schweiz. Wie sind Sie dazu ­gekommen?

David Pedevilla: Infinidat kam auf mich zu und bot mir die Stelle an. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits begeistert von dem Unternehmen und zwar aus verschiedenen Gründen. Aufgrund meiner früheren Tätigkeiten war ich mit dem Magic Quadrant von Gartner für Storage-Anbieter bestens vertraut. Damals war Infinidat noch als Visionär eingestuft, kroch aber mit jeder Ausgabe näher und näher an den begehrten Leader-Quadranten heran. Nun will diese Firma in der Schweiz Fuss zu fassen, und da will ich natürlich dabei sein.

Und was waren die weiteren Gründe?

Ich bin und bleibe ein Vertriebler – auch in meiner neuen Rolle als Schweiz-Chef. Darum muss ich auch hinter den Produkten stehen können, die wir auf den Markt bringen. Infinidat ist nicht einfach ein Start-up, das sich noch einen Namen machen muss. Externe Rezensionen wie Gartner Peer Insights zeugen von einer sehr hohen Wiederempfehlungsrate von 99 Prozent. Wir lösen reale Herausforderungen und adressieren konkrete Bedürfnisse von Kunden. Und wir reden hier nicht von Kapazitäten im Terabyte-, sondern im Petabyte-Bereich. Was Infinidat auf Papier verspricht, ist genau das, was sie auch wirklich liefert. Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich, dass hinter der Firma Moshe Yanai steht, industrieweit besser bekannt als der «Godfather of Storage».

Sie haben schon einige Erfahrungen bei anderen Storage-­Anbietern gesammelt. Wie unterscheidet sich Infinidat von diesen?

Durch die Agilität und Flexibilität, die Infinidat ermöglicht. Unseren Kunden gegenüber pflegen wir einen «Yes, we can»-Ansatz. Wir sagen nur selten «Nein» zu Kundenwünschen, sondern versuchen, alles möglich zu machen. Mit nur 600 Mitarbeitern ist das Unternehmen zudem noch relativ klein. Das hält auch unsere Prozesse etwa bei der Produktentwicklung effizient. So können wir die Inputs der Kunden ohne grosse Mühen rasch in neue Features umwandeln. In einer solchen Geschwindigkeit habe ich das noch nie erlebt.

Wie viele dieser 600 Mitarbeiter arbeiten in der Schweiz?

Momentan baue ich die hiesige Organisation erst auf und wir setzen aktuell noch auf externe Ressourcen: Ich kann jederzeit ohne Probleme auf meine Kollegen in Italien, Frankreich und Deutschland zurückgreifen. Auch die Kollegen aus Israel fliegen immer gerne in die Schweiz. Sie alle sind immer bereit, zu unterstützen und zu helfen.

Werden Sie weitere Mitarbeiter in der Schweiz anstellen?

Wir treiben den Ausbau in der Schweiz Schritt für Schritt voran und behalten dabei die Entwicklung der Geschäfte in der Schweiz im Auge. Aktuell sind wir auf der Suche nach weiteren Presales-Mitarbeitern. Ansonsten müssen wir natürlich erst mal sehen, wie der Markt auf Infinidat reagiert. Wir glauben aber, dass wir hier auf eine hoffentlich ähnlich gute Resonanz stossen werden wie in den anderen europäischen Märkten, die wir in den letzten Jahren nach und nach aufgerollt haben.

Wie haben Sie sich in Ihre neue Rolle eingelebt?

Das war eine sehr lebhafte und intensive Zeit. Nur wenige Wochen nach meinem Antritt wurde ich bereits zur VMworld in Barcelona geschickt, wo Infinidat jedes Jahr mit einem Stand vertreten ist. Dort habe ich gemerkt, wie viel wirkliches Interesse für diese Firma vorhanden ist. Zu der Zeit liebäugelten wir übrigens erst noch mit dem Leader-Bereich des Magic Quadrant. Der Aufstieg kam kurz danach. Das hat noch keine Firma mit 600 Mitarbeitern in nur vier Jahren geschafft.

Warum wurden Sie für diese Position ausgewählt?

Das müssen Sie meinen Chef fragen (lacht)! Ich weiss nur, dass Infinidat einen Kandidaten mit relevanter Berufserfahrung suchte. Diese bringe ich mit: Ich war 15 Jahre lang im Storage-Bereich tätig. Mit der Erfahrung verfügt man natürlich auch über ein entsprechend breites Netzwerk sowie Kenntnisse vom Markt. Wenn man einen Ländermarkt von Grund auf neu aufbaut, muss man das auch wirklich wollen. Die Tatsache, dass ich für diese neue Rolle meine Komfortzone verliess und mich weiterentwickeln will, war für Infinidat wohl auch ein Grund, sich für mich zu entscheiden. Dass ich 5 Sprachen beherrsche, hilft bei so einem vielsprachigen Markt wie der Schweiz natürlich auch.

Welche Sprachen sind das?

Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch und Spanisch.

Was war Ihre erste offizielle Amtshandlung als Infinidat?

Mein Auftritt auf der VMworld. Parallel dazu gleiste ich aber schon erfolgreich erste Distributionsverträge auf. Nun sind wir in der Schweiz durch Arrow ECS und Exclusive Networks vertreten.

Warum war dies der richtige Zeitpunkt für Infinidat, in den Schweizer Markt einzusteigen?

Wir wachsen kontinuierlich seit mehr als 20 Quartalen. Eine gute Basis, um eine globale Expansion voranzutreiben. In den grossen europäischen Ländern wie Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien ist Infinidat bereits präsent. Die Schweiz ging bislang noch ein wenig unter im DACH-Raum. Aber das positive Wirtschaftsklima und die Präsenz grosser internationaler Unternehmen zeigten Infinidat, dass es hier durchaus Potenzial gibt.

Was ändert sich dadurch für die Schweizer Reseller und ­Systemintegratoren?

Infinidat wird den Markt richtig durchschütteln – insbesondere das Segment ab Kapazitäten von 125 Terabytes. Vielleicht sind die lokalen Reseller und Systemintegratoren zunächst noch etwas zurückhaltend. Aber wie es in den übrigen Ländern schon der Fall war, wird auch der Schweizer Channel merken, was Infinidat zu bieten hat. Der Erfolg ist da und die Projekte werden kommen. Einige sind auch schon aus eigener Initiative auf uns zugekommen, weil sie sich mit unseren Lösungen von ihren Mitbewerbern differenzieren können.

Was meinen Sie konkret mit «durchschütteln»?

Wenn es um wirklich grosse Kapazitäten geht, also im Bereich von mehreren Petabytes, fühlen wir uns pudelwohl. Unsere Lösungen ergeben aber bereits ab 125 Terabytes Sinn. Denn wir lösen ein grundlegendes Problem für jeden Kunden: den ewigen Spagat zwischen Performance, Zuverlässigkeit und Preis. Bei vielen Herstellern geht eine dieser Variablen immer verloren. Yanai hatte jedoch genau diese Balance zwischen diesen drei Faktoren im Hinterkopf, als er die Firma gründete. Darum wird Infinidat in der Schweiz auch einiges anders machen als die bereits vertretenen Hersteller.

Können Sie da noch etwas konkreter werden?

Das beginnt schon bei der Lizenzierung, geht aber bis zum Support. Wir halten nichts von Softwarelizenzierungen und sind auch gegen eine Lizenzierung auf Kapazitätsbasis. Unsere Kunden erhalten ab dem ersten Tag sämtliche Features – auch alle zukünftigen. Dafür müssen sie nur einen Wartungsvertrag abschlies­sen. Wir verkaufen nicht im Nachhinein noch zusätzliche Features. Für unsere Kunden bedeutet dies einen gewissen Investitionsschutz, da es nicht zu bösen Überraschungen und zusätzlichen Kosten kommt. Ein Firmware Update genügt! Unser Capacity-on-Demand-Vertriebsmodell ermöglicht zudem, die Zielkapazität in drei bis fünf Jahren schon heute zu beziehen, ohne dafür jetzt zu bezahlen. So können unvorhergesehene Business-Anforderungen sofort adressiert werden. Die Extra-Storage-Kapazität steht bereits nach wenigen Minuten statt nach mühsamen mehrwöchigen Beschaffungszyklen zur Verfügung – und dies zu im Voraus abgemachten Konditionen. Und wer Storage als reines Konsumptionsgut betrachtet, kann bei uns mit dem «FLX»-Modell Storage-as-a-Service beziehen. Der Kunde erhält die Vorteile der Public Cloud vor Ort im eigenen Rechenzentrum. Somit behält das Unternehmen zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle über seine Daten.

Und was ist mit dem Support?

Normalerweise kommt eine Anfrage rein und landet im L1. Es verstreichen einige Tage, die Anfrage wird eskaliert und irgendwann setzt sich noch der zuständige Sales-Mitarbeiter des Herstellers für den Kunden ein, damit etwas geschieht und die Anfrage endlich im L3 ankommt. Danach wird das Problem hoffentlich gelöst, aber es sind nun schon mehrere Tage, gar Wochen vergangen, was zu grossen Frustrationen beim Kunden führt. Infinidat kippte die Support-Pyramide (L1 über L2 bis L3) einfach um. Bei uns kommt jede Anfrage automatisch ins L3 rein – ohne Aufpreis.

Diese Pyramide gibt es nicht ohne Grund. Das klingt so, als ob der Support schnell überlastet ist.

Nein, wenn hinter der Anfrage nur ein Standardfall ist, wird der Kunde an L2 und L1 zurück delegiert. Wichtig ist aber, dass die wirklichen Problemfälle umgehend adressiert und behandelt werden, und nicht erst noch mühsam eskaliert werden müssen. Jedem Kunden, beziehungsweise jeder Infinibox- oder Infiniguard-Lösung wird ein Technical Advisor zugewiesen. Dieser ist von der Implementierung bis zum Support die zentrale Anlaufstelle für den Kunden. Er ist aber auch der Customer Advocate und für die Zufriedenheit des Kunden verantwortlich. Dieses System ist sehr kostspielig, aber es lohnt sich.

Sie sprechen immer wieder von Petabytes. Das sind extrem ­grosse Speicherkapazitäten. Gehören KMUs überhaupt noch zu Ihrer Zielgruppe?

Das Enterprise-Segment ist unser Sweetspot. Ab einem Speicherbedarf von 125 Terabytes kann aber jedes Unternehmen von uns profitieren. Historisch entstand Infinidat aus der Genforschung, einem Bereich mit extrem hohen Datenmengen. Yanais Sohn war in dem Umfeld tätig und brauchte Storage-Lösungen, die eben diese Balance zwischen Performance, Zuverlässigkeit und Kosten meisterten, um sein Forschungslabor zu verwirklichen. Also kehrte Yanai aus dem Ruhestand zurück und legte den Grundstein für das, was später Infinidat werden sollte.

Spürt man den Anfang in der Genforschung heute noch bei Infinidat?

Wir haben eine besondere Affinität zu dem Bereich. Aber unsere Lösungen sind aufgrund ihrer Architektur so universell, dass wir jede Branche angehen können.

Was für ein Potenzial gibt es in der von KMUs dominierten Schweiz dann für Infinidat?

Den Löwenanteil der KMUs wollen wir indirekt angehen: über die Cloud-Provider, die ihre eigenen Dienstleistungen auf unserer Plattform aufbauen, wie beispielsweise die Firma Achermann ICT-Services aus Luzern. Aber wie gesagt, ab 125 Terabytes eignen sich unsere Produkte, und Kapazitäten in dieser Grössenordnung sind wirklich keine Seltenheit mehr. Zum Teil ist man aber auch überrascht, welche Unternehmen bereits Petabytes an Daten beherbergen. Ich sehe also definitiv einen Markt für Infinidat hier in der Schweiz, auch über KMUs hinaus.

Was sind das für Unternehmen?

Im Finanz- und Versicherungssektor können wir in der Schweiz viel bewegen. Dort sind zudem noch etliche Mainframes im Einsatz, für die unsere Speicherlösungen auch über die nötigen Anbindungen und Zertifizierungen verfügen. Hierzulande zählt etwa der Finanzdienstleister Stonehage Fleming zu unseren Referenzkunden dieser Branche. Die Firma ist im Bereich der Vermögensverwaltung tätig und setzt 1 Petabyte an Infinidat-Storage ein. Ferner sind aber auch die Forschung sowie Cloud- und Service-Provider für uns spannende Kundensegmente. Unser grösster Kunde in Europa ist übrigens BT mit rund 120 Petabytes.

Wie sieht Ihre Strategie für die Schweiz aus?

Verkaufen ist schön und gut. Aber man kann nur gewinnen, wenn man die Kunden an die Firma bindet. Ich will zunächst die Marke Infinidat bekannter machen in der Schweiz. Das geschieht etwa durch die Teilnahme an Events oder durch das Verfassen von Fachartikeln. Auch der Channel wird mir dabei helfen. Vor allem wenn es darum geht, einen Zugang zu Kunden zu finden, den ich vielleicht noch nicht habe. Ich denke da vor allem an Partner, die sich auf bestimmte Branchen konzentrieren, wie etwa die öffentliche Hand.

Wie wichtig ist der Channel für Infinidat?

Infinidat orientiert sich ganz klar am Channel. Wir machen zwar auch Direktgeschäfte – vor allem wenn es da­rum geht, einen Ländermarkt aufzubauen. Doch es wird immer schnell klar, dass der Channel der richtige Weg ist. Denn er ist der verlängerte Arm der Firma im Markt. Er ist am Puls der Zeit und hört die Inputs von bestehenden und potenziellen Kunden.

Machen Sie in der Schweiz noch Direktgeschäfte?

Die ersten Deals waren direkt, da uns zu dieser Zeit noch die Distributionsverträge fehlten. Nun haben wir aber zwei Distributoren etabliert und nutzen diese auch.

Wie viele Partner haben Sie in der Schweiz?

Noch befindet sich die Schweizer Partnerlandschaft im Aufbau. Mein erster Kunde ist für mich aber sehr symbolisch. Denn er war so überzeugt, dass er auch der erste Partner sein wollte und unsere Lösungen nun weiterverkauft. Das ist doch ein guter Anfang!

Wie sieht Ihr idealer Partner aus?

Es geht mir nicht darum, hunderte Partnerschaften aufzubauen. Ich will lieber wenige, erlesene Partner, die über bestimmte Kernkompetenzen verfügen und die sich differenzieren wollen. Was wir zu bieten haben, ist wirklich etwas Anderes. Sofern potenzielle Kunden und Partner offen sind für Neues, sehen sie schnell die Vorteile, die wir ihnen bieten können. Zudem können wir unseren Partnern auch grosszügige Incentives anbieten sowie Ausbildungen, gemeinsame Aktivitäten und Buybacks der bestehenden Umgebungen und alten Produkte.

Und was ist mit den Margen?

Die Höhe der Margen kann ich nicht bestimmen. Das überlasse ich den Partnern. Aber: Entweder wir gewinnen zusammen, oder wir verlieren zusammen. Wie ich von meinen Partnern höre, können die aber durchaus Profit machen mit unseren Lösungen. Das ist jedoch auch immer abhängig von der aktuellen Marktlage.

Wie lautet Ihre persönliche Botschaft an den Channel?

Infinidat ist gekommen, um zu bleiben. Das steht ausser Frage. Die Firma hat sich zum Schweizer Standort bekannt. Unsere Produkte sind mehr als nur eine valable Alternative zu den bekannteren Namen. Und wir wollen diese Lösungen gemeinsam mit dem Channel auf den Markt bringen.

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