Chatbots für die öffentliche Verwaltung

Abraxas übernimmt Zürcher Start-up Byerley

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von René Jaun und kfi

Der IT-Dienstleister Abraxas übernimmt Byerley. Das Zürcher Start-up entwickelt Chatbots für die öffentliche Verwaltung. Die Übernahme soll es ermöglichen, die Angebote der beiden Unternehmen enger zu verzahnen und zu skalieren. Peter Gassmann von Abraxas und Labinot Demaj von Byerley sagen, was hinter dem Deal steckt.

(Source: Doc RaBe / Fotolia.com)
(Source: Doc RaBe / Fotolia.com)

Der St. Galler IT-Dienstleister Abraxas hat Byerley übernommen. Die Kompetenzen und Services des Zürcher Start-ups ergänzen das Abraxas-Angebot ideal, heisst es in einer Mitteilung. Gemeinsam wolle man die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung voranbringen. Sämtliche Byerley-Mitarbeitende wurden per 1. Februar 2021 übernommen und Services für die bestehenden Kunden von Byerley werde Abraxas übergangslos weiter betreiben.

Nahe an menschlichen Fähigkeiten

Während sich Abraxas als IT-Dienstleister für die öffentliche Hand und private Organisationen einen Namen gemacht hat, ist Byerley noch kaum bekannt. Tatsächlich habe man aufgrund vieler anstehender Projekte die Kommunikation eher tief priorisiert, sagt Labinot Demaj, Co-Gründer von Byerley und neu Leiter Bot-Team bei Abraxas, auf Anfrage. "Unser Ziel ist, einen digitalen Verwaltungsmitarbeiter in Form eines Chatbots zu bauen", erklärt er. "Konkreter versuchen wir, Wissen der Verwaltung zu formalisieren und 24/7 zur Verfügung zu stellen."

Labinot Demaj, Co-Gründer von Byerley und neu Leiter Bot-Team bei Abraxas. (Source: zVg)

Er und Patrick Sägesser gründeten Byerley 2016, so Demaj weiter. Zuletzt zählte das Start-up drei Vollzeit-Mitarbeitende und weitere Teilzeit-Mitarbeitende. Ihre Vision sei gewesen, Systeme zu entwickeln, die möglichst nahe an menschliche Fähigkeiten herankommen, ohne aber mit echten Menschen verwechselt zu werden. Die Inspiration zum Unternehmensnamen fand Sägesser in einer Geschichte des Science-Fiction-Autors Isaac Asimov: Darin wird der Protagonist, Stephen Byerley, beschuldigt, ein humanoider Roboter zu sein.

Von der Partnerschaft zur Übernahme

Gefragt, wie es zur Übernahme durch Abraxas gekommen sei, erzählt Demaj vom ersten Kontakt der beiden Dienstleister. "Vor etwa zwei Jahren gleisten wir ein gemeinsames Projekt für die Stadt St. Gallen auf", erinnert er sich. "Damals zeigte sich der Mehrwert eines Bots, wenn man ihn an Fachverfahren und Gemeindesysteme anbindet. Da Abraxas Know-how und Systeme in diesem Bereich besitzt, war für uns eine Zusammenarbeit naheliegend und wurde durch den CDO der Stadt St.Gallen aktiv gefördert."

Seitens Abraxas stellen die Byerley-Chatbots eine Möglichkeit dar, gegen die "siloisierung" anzukommen: "Häufig hat jede Fachdomäne innerhalb einer öffentlichen Verwaltung ihre eigene, massgeschneiderte Lösung", sagt Peter Gassmann, Leiter Software Engineering bei Abraxas. "Aus Sicht der Verwaltungsmitarbeiter funktioniert dies gar nicht so schlecht. Aber für einen Bürger ergibt sich eine Zersplitterung in viele verschiedene Einzeldienste." Abraxas sei schon lange im Bereich der spezialisierten Lösungen tätig, so Gassman weiter. Ein Chatbot-Interface sei ein sehr eleganter Weg, die verschiedenen technischen Lösungen wieder zusammenzubringen.

Peter Gassmann, Leiter Software Engineering bei Abraxas. (Source: zVg)

Für die komplette Übernahme habe man sich nach einem mehrmonatigen Prozess entschieden, verrät Gassmann. Es sei die ideale Lösung, um die von Byerley und Abraxas erarbeiteten Systeme zu skalieren und voranzutreiben.

Mehr als Q&A-Bots

Wie viele Chatbots Byerley derzeit betreibt, gaben die Unternehmen nicht bekannt. Man sei auf Gemeinde- und Kantonsebene aktiv, sagt Labinot Demaj. Peter Gassmann spricht von "einigen zahlenden Kunden". Als Beispiel verweisen sie auf die Gemeinde Pfäffikon ZH, die seit ihrem letzten Website-Relaunch einen Gemeinde-Bot anbietet.

Zukünftig sei zunächst geplant, die bestehenden Produkte – namentlich ein Bot für Gemeinden und einer für kantonale Verwaltungen – weiter zu skalieren, erklärt Gassmann. Demaj stellt in Aussicht, dass dank der Übernahme die Qualität der Chatbots weiter verbessert werden könne. "Was wir nicht wollen, sind Q&A-Bots, wie man sie auf einigen Websites findet", sagt er. "Stattdessen möchten wir ganze Verfahren, individuelle Fallabklärungen in den Bot implementieren können und Drittsysteme anbinden."

Für Abraxas sind die Byerley-Chatbots längerfristig nur einer von vielen Entwicklungsschritten der Behördeninformatik, wie Peter Gassmann erklärt. Sein Unternehmen beschäftige sich auch mit automatisierter Dokumentenextraktion, mobilen Apps und mit einer domänenübergreifenden Datenverwaltung. Schlussendlich gehe es darum, für die Kunden öffentlicher Behörden neue, schlankere und stets verfügbare Prozesse zu schaffen.

Bei vielen Verwaltungen sind Chatbots im Rahmen der digitalen Transformation ein Thema. So gab etwa der Kanton Glarus bekannt, Chatbots und weitere Tools für die amtsstellenübergreifende Kommunikation einsetzen zu wollen. Derweil scheinen Schweizer Chatbots gegenüber aufgeschlossener zu sein. Dies zeigte zumindest eine Studie aus dem Jahr 2018. 70 Prozent der Befragten - 30 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor - gaben damals an, bereits mit einem Chatbot interagiert zu haben oder dass sie sich vorstellen können, dies zu tun.

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