Förderbeitrag in Millionenhöhe erhalten

Empa entwickelt Kohlenstoff-Nanomaterialien für Quantencomputer

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von Saray-Lien Keser und cka

Forschende des Empa-Projekts "CarboQuant" erhalten einen Förderbeitrag der Werner-Siemens-Stiftung in Höhe von 15 Millionen Franken. Damit weitet sich der Forschungshorizont bezüglich Quantenmaterialien erheblich aus.

Grafik eines Graphen-Nanoribbons. (Source: Empa)
Grafik eines Graphen-Nanoribbons. (Source: Empa)

Das Forschungsteam des Empa Projekts "CarboQuant" hat einen 15 Millionen hohen Förderbeitrag der Werner-Siemens-Stiftung (WSS) erhalten. Dies sei ein aussergewöhnlich hoher Förderbeitrag, schreibt die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa).

Das Projekt soll die Grundlagen für neuartige Quantentechnologien setzen. Das Besondere: Die von der Empa erforschten Technologien können sogar bei Raumtemperatur funktionieren - im Gegensatz zu den derzeitigen Technologien, die zumeist Kühlung bis nahe dem absoluten Nullpunkt benötigen, wie die Empa schreibt.

"Wir wagen mit diesem Projekt einen grossen Schritt ins Unbekannte", so Projektkoordinator Oliver Gröning. "Dank der Partnerschaft mit der Werner-Siemens-Stiftung können wir uns in diesem Projekt deutlich weiter vom sicheren Ufer wegbewegen, als es uns im "normalen" Forscheralltag möglich wäre."

Empa-Forscher Oliver Gröning koordiniert das Projekt CarboQuant. (Source: zVg)

Erste Erfolge

Bereits seit zwölf Jahren arbeiten die Empa-Forschenden Pascal Ruffieux, Oliver Gröning und Gabriela Borin-Barin unter Leitung von Roman Fasel mit Quantentechnologien. Im Jahr 2010 konnte das Team erstmals Graphenstreifen, sogenannte "Nanoribbons", aus kleineren, chemischen Vorläufermolekülen synthetisieren.

Mit diesem Syntheseansatz seien die Empa-Forschenden in der Lage, Kohlenstoff-Nanomaterialien mit atomarer Präzision herzustellen und damit die Quanteneigenschaften neu festzulegen. Graphen werde als ein mögliches Baumaterial für zukünftige Computer angesehen. Es bestehe aus Kohlenstoff und ähnele Graphit. Das Material sei gerade einmal eine Atomlage dünn und verspreche schnellere, leistungsfähigere Rechnerarchitekturen als die heute bekannten Halbleitermaterialien. 2017 gelang es dem Team in Zusammenarbeit mit Kollegen der "University of California" in Berkeley, einen ersten Transistor aus Graphen-Nanoribbons zu bauen.

Roman Fasel leitet die Forschungsarbeiten. (Source: zVg)

Magnetischer Kohlenstoff

Im Jahr 2020 berichteten die Forschenden im Fachblatt "Nature Nanotechnology" darüber, wie sie einen zuvor nur theoretisch vorhergesagten Effekt realisiert hatten. Dabei geht es darum, dass winzige, massgeschneiderte Kohlenstoff-Nanomaterialien Eigenschaften von Magnetismus zeigten. Den Effekt hatte der Nobelpreisträger F.D.M. Haldane in seiner "Spin-Fraktionierung" knapp 40 Jahre zuvor vorausgesagt.

Im Oktober 2021 folgte eine Verfeinerung. Eine Fraktionierung bilde sich gemäss Meldung, nur dann aus, wenn viele Spins (also fundamentale Quantenmagnete) in eine gemeinsame, kohärente Quantenüberlagerung gebracht werden. Dem Empa-Forschungsteam sei dies in ihren synthetisierten Molekülketten gelungen.

Das Projekt "CarboQuant" soll nun auf diesen Spin-Effekten in den Graphen-Nanoribbons aufbauen, heisst es weiter. "Als nächstes wird es darum gehen, diese Spin-Zustände gezielt zu steuern, zum Beispiel den Spin an einem Ende des Nanoribbons umzudrehen und am anderen Ende eine entsprechende Reaktion zu erzeugen", erklärt Gröning. Im Falle eines Erfolges, würde das Empa-Team einen Quanteneffekt erzielen, der selbst bei Raumtemperatur oder moderater Kühlung stabil sei und manipuliert werden könne. Damit wäre die Basis für neuartige Quantencomputer gelegt.

Unterschied zu herkömmlichen Computern

Ein klassischer Computer rechnet in Bits und verwendet dafür die zwei möglichen Zustände 0 oder 1. Bei Quantencomputern sind dagegen auch Überlagerungen möglich. So seien ausser 0 und 1 auch beide Zustände gleichzeitig möglich. Dies führe dazu, dass Schaltkreise eines Quantencomputers (sogenannte Qubits) dazu in der Lage seien, mehrere Rechenoperationen gleichzeitig durchzuführen.

Für die weitere Forschung teilt die Empa ihr Forschungsteam auf. Ein Teil werde weiter mit der Untersuchung der Spin-Effekte im Hochvakuum fortfahren. Der andere Teil des Teams werde die Alltagstauglichkeit der Graphen-Nanoribbons prüfen. Laut Göring müssen die Bauteile aus dem geschützten Brutkasten des Vakuums herausgeholt und daraufhin so präpariert werden, dass sie auch Luft und Wärme standhalten. Erst dann sei es möglich, die Nanoribbons mit Kontakten zu versehen.

Nächste Forschungsschritte

In den kommenden Forschungsschritten steht die Kontrolle und zeitaufgelöste Messung der Spinzustände im Vordergrund, schreibt die Empa. Schon dafür müssen die Forschenden einen rundum neuen Gerätepark konstruieren. Dafür kommen gemäss Mitteilung Hochfrequenzsignale, Magnetfelder und die Bestrahlung mit Laserpulsen zum Einsatz.

Dazu plane man zwei neue Messsysteme, die durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und den Europäischen Forschungsrat (ERC) mitfinanziert werden. Der Aufbau sowie erste Testläufe würden noch zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen.

Apropos Quanten: Empa-Forschende tüfteln ebenfalls an einem Stromgenerator aus Quantenpunkten. Damit sollen winzige Kraftwerke aus Graphen-Nanobändern entstehen, um Wärme zu erzeugen. Mehr dazu können Sie hier lesen.

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