Knatsch um Educase

Update: Schulsoftwareanbieter Base-Net stellt den Betrieb ein

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von René Jaun und pwo

Im März hat die Entwicklerfirma Base-Net Education der Luzerner Schulsoftware Educase den Stecker gezogen. Per Ende Juli stellt die Firma den Betrieb vollständig ein.

(Source: HP)
(Source: HP)

Update vom 15.6.2022: Die Firma Base-Net Education stellt den Betrieb ein. Ende Juli werde es das Unternehmen und ihre Schulsoftware namens Educase nicht mehr geben, berichtet "Inside-IT". Man habe sich entschieden, Firma und Software herunterzufahren, schreibt das Unternehmen gegenüber dem Portal. Angesichts der negativen Medienberichte habe man es als unmöglich betrachtet, im relativ kleinen und gut vernetzten Bildungsmarkt weiterhin erfolgreich zu sein.

Originalmeldung vom 14.03.2022: Entwickler zieht bei Luzerner Schulsoftware den Stecker. Seit dem 11. März um 16:00 Uhr ist die Luzerner Schulverwaltungssoftware Educase offline. Dies berichtet die "Luzerner Zeitung", die sich auf eine Mitteilung des Surseer Softwareentwicklers Base-Net Education beruft. Demnach seien der Kanton Luzern sowie der Verband Luzerner Gemeinden (VLG) ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachgekommen. "Es handelt sich dabei um vom Kanton und dem VLG anerkannte und nicht bestrittene, vor Beendigung des Projektes bezogene Leistungen. Das ist der Grund dafür, dass die Systeme bis zum Zahlungseingang nicht mehr zur Verfügung stehen", zitiert die Zeitung.

Luzern hatte Ausstieg schon beschlossen

Doch die abrupte Systemabschaltung seitens Softwareanbieter ist nur das vorgezogene Ende eines Projekts, aus dem Luzern ohnehin aussteigen wollte. Schon vor einem Monat hatten das Luzerner Bildungs- und Kulturdepartement (BKD) und der VLG entschieden, die weitere Einführung von Educase an den Luzerner Volksschulen zu beenden, berichtete ebenfalls die Luzerner Zeitung. "Unterschiedliche Auffassung über den bisherigen inhaltlichen und zeitlichen Projekterfolg" seien der Grund für den Schritt, hiess es damals.

Zu diesem Zeitpunkt habe der Kanton bereits rund 950'000 Franken in das beerdigte Projekt investiert gehabt. Wie viel die Gemeinden ausgegeben haben, ist nicht bekannt. Insgesamt seien ursprünglich 7,68 Millionen Franken über 10 Jahre vereinbart worden, schreibt die Zeitung.

Laut dem Bericht hätte Educase schon im Sommer 2019 laufen sollen. Ausserdem habe das Projekt im vergangenen Sommer eine Teilabnahme nicht bestanden. "Entweder wurden nicht alle benötigten Module eingebaut. Oder jene, die Bestandteil des Programms waren, funktionierten nicht richtig", schreibt die Zeitung. Base-Net Education bestreitet dies in ihrer Stellungnahme: "Alle bisherigen Releases wurden abgenommen und freigegeben und damit gemäss gemeinsam vereinbarten Projektplan an 65 Gemeinden produktiv ausgerollt". Den einseitigen Projektabbruch bezeichnet die Firma als "nicht nachvollziehbar". Ausserdem merkt sie an, die Einführung von Educase sei erst bis Ende 2023 vorgesehen gewesen.

Gemeinden wechseln auf Vorgängerversion

Gegenüber der Luzerner Zeitung sagt BKD-vorsteher Marcel Schwerzmann, Alle Gemeinden, die Educase nutzten, haben in den vergangenen Wochen ihre Daten sichern können. Als Ersatz arbeiten sie mehrheitlich mit der Vorgängerversion von Educase, und können den administrativen Schulbetrieb aufrechterhalten.

Base-Net Education teilt gegenüber der Zeitung mit, sie habe "eine professionelle Überführung in ein anderes System angeboten", was jedoch abgelehnt worden sei. Die Firma werde jedoch die gesicherten Daten kostenlos bereitstellen, und zeigt sich weiterhin offen für einen "lösungsorientierten Ansatz".

Von Schwierigkeiten mit der Einführung neuer Schulsoftware kann auch die Stadt Bern ein Liedchen singen. Ende letzten Jahres ging die Aufsichtskommission des Stadtrates hart ins Gericht mit der Schulplattform Base4kids2. So sollen Ressourcen und Wissen gefehlt haben und Kritik vernachlässigt worden sein. Mehr dazu lesen Sie hier.

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