305 Einreichungen geprüft

Best of Swiss Web 2023: Das war der Jurytag

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von Joël Orizet und yzu

Die ersten Urteile sind gefallen. Die Jurorinnen und Juroren von Best of Swiss Web steckten die Köpfe zusammen und beurteilten die eingereichten Projekte. Nun steht fest, wer ausscheidet, wer es auf die Shortlist schafft – und wer mit einer Medaille ins Rennen um den Master-Titel steigt.

100 Jurymitglieder haben sich getroffen, um 305 Einreichungen bei Best of Swiss Web 2023 zu beurteilen. (Source: Netzmedien)
100 Jurymitglieder haben sich getroffen, um 305 Einreichungen bei Best of Swiss Web 2023 zu beurteilen. (Source: Netzmedien)

Am Jurytag fallen die ersten grossen Entscheidungen: Wer schafft es auf die Shortlist von Best of Swiss Web? Wer zählt zu den Gold-, Silber- und Bronze-Gewinnern? Und wer fällt in die Kategorie: leider nein? Antworten auf diese Fragen gibt es nur durch fundierte Kritik. Und das ist der Job der Jurymitglieder. Am 27. März versammelten sie sich beim Weiterbildungsanbieter Digicomp, gleich bei der Schule für Gestaltung in Zürich. 

Der Zeitplan war eng getaktet. Wie Jury-Chairman Christof Zogg nach der Begrüssung sagte, galt es dieses Jahr, 305 Einreichungen in 11 Kategorien zu bewerten. Das sind 34 Einreichungen weniger als im vergangenen Jahr. "Es war spannend zu sehen, wie sich die Branche in diesem ersten Post-Covid-Jahr entwickelt", sagte Zogg. Projekt-Akquise sei vermutlich aufgrund der Zurückhaltung auf Kundenseite nach wie vor ein schwieriges Thema – ob das nun aber ein Trend oder den Spätfolgen der Coronakrise geschuldet sei, lasse sich noch kaum sagen, sagte der Jury-Chairman. So oder so: "Es gab auf jeden Fall viele neue Projekte und dementsprechend haben wir viel zu tun."

Mehr Business, weniger Kreativität

Innerhalb der Kategorien gab es denn auch einige Verschiebungen: Die Kategorie Creativity, die traditionell von der grössten Jury beurteilt wurde, zog dieses Jahr deutlich weniger Projekte an, wie Zogg sagte. Dasselbe gelte für die Kategorie Digital Campaigns, die man auf dieses Jahr neu konzipiert habe. Sie nennt sich fortan nicht mehr "Digital", sondern "Branding Campaigns". In dieser Kategorie soll man künftig Marketing-artige Websites einreichen und auf zwei Aspekte hin prüfen lassen können. Zum einen bezüglich der Performance respektive bezüglich der Ergebnisse; zum anderen bezüglich der Frage, ob die Machart und die Idee dahinter gut sind. Vielleicht brauche es noch etwas Zeit, bis allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern klar ist, was mit diesem neuen Kategorienkonzept gemeint ist, sagte Zogg. 

Es gab aber auch positive Veränderungen: Die Kategorien Business und Digital Commerce sind wichtiger geworden. "Das kann man durchaus als symptomatisch bezeichnen: Die Projekte müssen unter dem Strich Resultate ergeben. Das widerspiegelt die Ernsthaftigkeit des Geschäfts: Man macht nicht mehr einfach Web nach der Formel 'l'art pour l'art', sondern um das Business anzukurbeln." 

Mehr Diversität und ein Abschied

Zogg wünscht sich schon seit Längerem mehr Durchmischung innerhalb der Jury. Soll heissen: Es soll keine reine Dienstleisterveranstaltung sein; es sind also mehr Vertreterinnen und Vertreter der Auftraggeberseite erwünscht. Dieses Jahr habe man den Anteil auf ein Allzeithoch steigern können: Knapp 27 Prozent der 100 anwesenden Jurymitglieder seien Auftraggeber und Auftraggeberinnen. Und auch den Anteil der Frauen innerhalb der Jury habe man auf 24 Prozent erhöhen können, sagte Zogg. 

Knapp 27 Prozent der Jurymitglieder sind Vertreterinnen und Vertreter der Auftraggeberseite. (Source: Netzmedien)

Etwas traurig sei hingegen, dass dieser Jurytag eine Derniere mit sich bringe: Jürg Stuker, der Best of Swiss Web von Beginn weg mitgeprägt hatte, erfüllt die Rolle des Jurypräsidenten zum letzten Mal. Das Ganze habe vor 23 Jahren als dumme Idee in einem kleinen Büro in Zürich begonnen, sagte Stuker schmunzelnd: "Danke an euch alle, dass ein Anlass daraus entstanden ist – alleine hätten wir es nicht geschafft."

(Fast) dieselbe Prozedur wie jedes Jahr

Bevor sich die einzelnen Jurys zusammensetzten, gab Zogg die Spielregeln der Jurierung bekannt. Die wichtigste Regel verlangt, dass Jurorinnen und Juroren, die an einem Projekt beteiligt sind, dies offenlegen und während der Besprechung des Projekts in den Ausstand treten respektive den Raum verlassen. 

Die Jurymitglieder verpflichten sich zudem zur Geheimhaltung: Was die Teilnehmer an projekt- und geschäftsbezogenen Informationen teilen, soll in den geschlossenen Diskussionsräumen bleiben. Dasselbe gilt für die Ergebnisse der Beratungen. Für diese gibt es ausserdem eine Faustregel: Am Ende des Jurytages sollte in jeder Kategorie feststehen, welche Projekte zu den Gewinnern gehören, welche es auf die Shortlist schaffen und welche leer ausgehen.

Etwas möchte man diesmal jedoch betonen, sagte Zogg: Im vergangenen Jahr gab es bei beiden Awards – bei Best of Swiss Web und bei Best of Swiss Apps – Jurys, die sich, teilweise auch aus gutem Grund, geweigert hatten, einen Gold-Gewinner auszuzeichnen. Das wollen die Veranstalter zumindest dieses Jahr vermeiden: In jeder Kategorie solle jeweils ein Projekt mit Gold gewürdigt werden. 

Keine Würdigung ohne Kritik

Zur Sache ging es in den Sitzungen der einzelnen Fachjurys. Hier ging es darum, die Einreichungen nach den spezifischen Bewertungskriterien zu beurteilen. Dies, nachdem pro Einreichung jeweils mindestens zwei Jurymitglieder unabhängig voneinander eine Bewertung abgegeben hatten. Für Gesprächsstoff sorgten vor allem jene Projekte, bei denen es in der Vorjurierung Diskrepanzen gab, also beispielsweise sehr gute wie auch sehr schlechte Bewertungen. Es gab aber auch Projekte, die schlicht "nicht beurteilbar" waren, weil die Jurymitglieder selbst nach hartnäckigem Nachfragen keinen funktionierenden Zugang zum Web-Projekt erhalten hatten. 

In den Diskussionen der Jurys zeigte sich, wie wichtig die eingereichten Projektdokumentationen sind. Und dass die Wahl der Kategorie eine wichtige Rolle spielt. Es liegt auf der Hand, dass sich beispielsweise die Experten der "Technology"-Jury kaum von einer hübschen Aufmachung beeindrucken lassen. "Die Idee klingt zwar cool, aber es strotzt nur so vor handwerklichen Fehlern", lautete ein Urteil. Und in weiteren Fällen hiess es etwa: "Die Performance ist miserabel"; "in der Konsole hagelt es Fehler"; "das Front-end ist ziemlich old school"; "die Acessibility ist schlecht, was bei diesem Projekt nicht sein dürfte". Man zeigte jedoch nicht nur auf die Fehler, sondern besprach auch, was ein erfolgreiches Projekt in technologischer Hinsicht ausmacht. Zum Beispiel: "spannende und performante Architektur", "schlanke Umsetzung", "mega snappy", oder: "ein tolles Kosten-Nutzen-Verhältnis". 

Auch in der Kategorie Innovation liessen sich die Jurorinnen und Juroren nicht blenden. In einem Fall stellte man sich die Frage, warum sich ein Projekt überhaupt als innovativ behaupten will, wo es doch schon vor 20 Jahren in praktisch derselben Form am Wettbewerb teilnahm. Bei einem weiteren Kandidaten lautete das Urteil: "ein schönes Projekt mit einer hohen gesellschaftlichen Relevanz – aber das steht hier nicht im Raum. Was zählt, ist, dass das Projekt alles andere als neuartig ist und auch kaum etwas mit dem Web zu tun hat." Und in einem dritten Fall hiess es: "Die 'Swissness' ist hier reine Kosmetik – mag sein, dass dahinter gutes Marketing steckt, aber das tut hier nichts zur Sache. Wir müssen klären, ob sie konsequenter sind als die Konkurrenz, ob sie tatsächlich die ersten oder sogar die einzigen sind, die das tun – und ob sie halten, was sie versprechen."

So geht’s weiter

  • Am 30. März teilen die Veranstalter mit, wer es auf die Shortlist geschafft hat. Darauf finden sich alle Projekte, die sich für eine Auszeichnung qualifiziert haben.
  • Am 5. April werden die Masterkandidaten bekannt gegeben. 
  • Am 12. April startet die Leserwahl. Bis zum 19. April haben die Abonnentinnen und Abonnenten des Netztickers die Gelegenheit, für ihre Favoriten abzustimmen. 
  • Die Award Night geht am 10. Mai in der Eventlocation "The Hall" in Dübendorf über die Bühne. Dann zeigt sich, wer zu den diesjährigen Gewinnern und Gewinnerinnen gehört – und wer den Titel Master of Swiss Web 2023 gewinnt. 

2022 ging die Auszeichnung übrigens an "Die Live-Videoberatung der Migros-Fachmärkte". Im Interview sprechen die Auftraggeberin Irene Ackermann von Migros Fachmarkt sowie Claudio Zangger von Migros Aare und Gesamtprojektleiter Granit Tetaj von New Business Migros Aare über die Herausforderungen des Projekts und dessen Potenzial.

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P67CPe54