Geschäftsbericht 2023

Bundesrat zeigt sich zufrieden mit der Schweizer Digitalpolitik

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von Joël Orizet und msc

Der Bundesrat zieht in seinem Geschäftsbericht 2023 auch eine Bilanz zur Schweizer Digitalisierungspolitik. Von sechs gesteckten Zielen sieht die Exekutive fünf als zumindest "teilweise realisiert" an.

(Source: Andreas Fischinger / Unsplash.com)
(Source: Andreas Fischinger / Unsplash.com)

Die Schweiz sichert ihren Wohlstand und nutzt die Chancen der Digitalisierung sowie der nachhaltigen Entwicklung - so lautet die erste Leitlinie, die sich der Bundesrat für die Legislaturperiode 2019 - 2023 gesetzt hat. Zu dieser Leitlinie nahm sich die Exekutive sechs Ziele vor. Mit einer Ausnahme seien nun alle zumindest teilweise realisiert, hält der Bundesrat in seinem Geschäftsbericht 2023 fest. 

Finanzierungsverantwortung: nächstes Jahr

Als nicht realisiert bezeichnet die Landesregierung das Ziel, für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt und eine stabile Finanzordnung zu sorgen. Ein zu diesem Zweck geplantes, aber nicht abgeschlossenes Geschäft betrifft die Aufgabenteilung und Finanzierungsverantwortung zwischen dem Bund und den Kantonen. Der Bundesrat habe im vergangenen Jahr nicht über das diesbezüglich weitere Vorgehen entscheiden können, heisst es im Bericht. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) habe den Zeitpunkt für einen Grundsatzentscheid als ungünstig erachtet und auf deren Wunsch sei der Termin um ein Jahr verschoben worden. 

Digitale Leistungserbringung: check

Der Bund erbringt seine staatlichen Leistungen effizient und möglichst digital - so lautet das zweite Ziel der bundesrätlichen Digitalisierungsleitlinie. Für das Prädikat "teilweise realisiert" spricht dem Bericht zufolge unter anderem die im Dezember 2023 verabschiedete Strategie "Digitale Bundesverwaltung", die den Rahmen für die digitale Transformation in der Bundesverwaltung setzt. Im Vergleich zu früheren Strategien sieht die aktuelle eine längere Laufzeit vor. Zudem soll sie ein agiles Vorgehen stärken. 

Ebenfalls positiv hebt der Bundesrat die im November 2023 verabschiedete Botschaft zum E-ID-Gesetz hervor. Die E-ID soll vom Bund herausgegeben werden, den grösstmöglichen Schutz von persönlichen Daten gewährleisten, kostenlos und freiwillig sein. Der Bundesrat schlägt vor, dass auch kantonale und kommunale Behörden sowie Private die für den Betrieb der E-ID erforderliche Infrastruktur für die Ausstellung von elektronischen Nachweisen nutzen können. 

Innovationsförderung: check

Ziel Nummer drei lautet: Die Schweiz sorgt für bestmögliche stabile sowie innovationsfördernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen im digitalen Zeitalter und fördert das inländische Arbeitskräftepotenzial. 

Zu diesem Punkt listet der Bericht unter anderem die verabschiedete Botschaft über die Standortförderung, die Gutheissung des Berichts zu den Härtefallhilfen während der Coronakrise und der Verordnung zur OECD-Mindeststeuer in der Schweiz sowie den Beschluss zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Digital Finance. Zu Letzterem gehört eine geplante Förderung der hiesigen Fintech-Branche - wie das konkret funktionieren soll, will der Bundesrat allerdings erst im zweiten Halbjahr 2024 entscheiden. 

Zugang zum EU-Binnenmarkt: check?

Das vierte Ziel sieht vor, der Schweizer Wirtschaft den Zugang zu internationalen Märkten und zum EU-Binnenmarkt zu sichern. Zur Erinnerung: Im Mai 2021 hatte der Bundesrat die Verhandlungen um das Rahmenabkommen mit der EU abgebrochen - eine Folge davon war der Ausschluss der Schweiz aus dem EU-Forschungsprogramm "Horizon Europe". Im Dezember 2023 startete der Bundesrat einen neuen Versuch, um die "guten Beziehungen zu den Nachbarn zu pflegen", wie Aussenminister Ignazio Cassis sagte. 

Unabhängig davon listet der Bericht eine Reihe von Geschäften auf, die dem Ziel eines hindernisfreien Zugangs zum EU-Binnenmarkt gedient hätten, jedoch nicht zum Abschluss kamen. So konnte der Bundesrat beispielsweise die Botschaft zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs mit weiteren Partnerstaaten "mangels geeigneter Partnerstaaten" nicht verabschieden, da die potenziellen Partnerstaaten internationale Standards nicht erfüllen, wie es im Bericht heisst. 

Auf der positiven Seite nennt der Bericht unter anderem ein im November 2022 unterzeichnetes Abkommen über Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden zwischen der Schweiz und Deutschland, die im November 2023 beschlossene Änderung der Eigenmittelverordnung für Banken und das im vergangenen Dezember genehmigte Finanzdienstleistungsabkommen mit dem Vereinigten Königreich. 

Chancen der Digitalisierung für Bildung und Forschung

Das fünfte Ziel lautet: Die Schweiz bleibt führend in Bildung, Forschung und Innovation und nutzt die Chancen der Digitalisierung. Auch in diesem Punkt gab es "aufgrund des ungeklärten Verhältnisses mit der EU" einige Schwierigkeiten. 

Der Bundesrat konnte nach wie vor kein Assoziierungsabkommen für "Horizon Europe" abschliessen. Dasselbe gilt für das geplante Abkommen zur Assoziierung der Schweiz am Programm Erasmus+, dem EU-Programm zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend und Sport in Europa. Dies, weil die Europäische Kommission die Assoziierung der Schweiz vor dem Hintergrund der Gesamtbeziehungen zwischen der Schweiz und der EU beurteilt "und deshalb vorerst mit der Schweiz kein Abkommen abschliessen will", wie es im Bericht heisst. 

Verzögert hat sich indes der geplante "Sachplan", mit dem der Bundesrat der Schweiz eine bessere Begleitung der Projekte am europäischen Kernforschungszentrum CERN ermöglichen will - die entsprechende Botschaft überwies der Bundesrat allerdings Mitte Februar 2024 ans Parlament. 

Für die Zielerreichung spricht unter anderem die im vergangenen April verabschiedete "Weltraumpolitik 2023", die das bundesrätliche Engagement für die Raumfahrt bekräftigen soll. Beschlossen sind auch die totalrevidierten Rechtsgrundlagen für die gymnasiale Maturität und vier neue Nationale Forschungsprogramme (NFP) zu den Themenbereichen Biodiversität, Gendermedizin, Baukultur und Pflanzenzüchtung. 

ICT-Infrastrukturen finanzieren

Im Rahmen des sechsten Ziels soll die Schweiz für zuverlässige und solid finanzierte Verkehrs- und ICT-Infrastrukturen sorgen. 

Negativ ins Gewicht fällt unter anderem, dass der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz über die Mobilitätsdateninfrastruktur nicht verabschieden konnte. Die Vorlage müsse aufgrund der im Vernehmlassungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen überarbeitet werden - diesbezüglichen Arbeiten seien noch im Gange, hält der Bundesrat fest. 

Auf der positiven Seite betont der Bericht unter anderem die im Juni 2023 genehmigte "Hochbreitbandstrategie des Bundes". Mit dem Bericht zeigt der Bundesrat auf, wie sich ein schnelles Internet auch in Regionen realisiert lässt, in denen sich ein Ausbau für die Branche nicht lohnt. "Damit Bevölkerung und Wirtschaft schweizweit von der Digitalisierung profitieren können, braucht es in allen Regionen eine zuverlässige Breitbandinfrastruktur", schreibt der Bundesrat. 

Im vergangenen Dezember verabschiedete der Bundesrat übrigens gleich drei digitalpolitische Strategien: die Strategie Digitale Schweiz, die Strategie Digitale Verwaltung Schweiz und die Strategie Digitale Bundesverwaltung. Mehr dazu lesen Sie hier

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