Cisco Channel Roundtable

So ready ist der Schweizer Channel für KI und Security

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von Coen Kaat und tme

Cisco Schweiz hat sich mit Partnern aus dem Channel zusammengesetzt, um aktuelle Themen wie künstliche Intelligenz und Security zu besprechen. Auch die Auswirkungen der US-Zollpolitik wurden angesprochen - die Reaktionen darauf sind überraschend gelassen.

Christopher Tighe, General Manager von Cisco Switzerland. (Source: Netzmedien)
Christopher Tighe, General Manager von Cisco Switzerland. (Source: Netzmedien)

Im 21. Mai hat Cisco die Schweizer Fachmedien zu einem Channel Roundtable eingeladen. Mit dabei waren ausser dem Hersteller von Netzwerk- und Security-Lösungen auch Vertreter aus dem Channel, um ihre Sicht in die Diskussionsrunde einzubringen. 

Cisco ist, wie Schweiz-Chef Christopher Tighe sagte, hierzulande seit 30 Jahren aktiv. Einen ersten Mitarbeitenden in der Schweiz hatte der Hersteller bereits 1994 - obwohl Cisco Schweiz als Unternehmen erst im darauffolgenden Jahr gegründet wurde. Mittlerweile finde "einiges" von der WLAN-Entwicklung des Herstellers hier in der Schweiz statt, wie Tighe erklärte. "Wir haben ein Team, das Next-Generation-Chips entwickelt." Ausserdem forsche der Hersteller in der Schweiz auch an künstlicher Intelligenz (KI) zur Spracherkennung. 

Am Roundtable nahmen teil:

  • Nadine Amrein, Channel Leader 2-Tier/Distribution bei Cisco Switzerland
  • Edgar Lehrmann, Chief Financial Officer von Spie Switzerland
  • Reto Lu, Chief Operating Officer von Netcloud Switzerland
  • Svetlana Sorokina, Managing Director von Ingram Micro Switzerland
  • Christopher Tighe, General Manager von Cisco Switzerland

Kunden kümmern sich zu wenig um Security

Das Gespräch - wie es bei einem Roundtable mit mehreren Diskussionsteilnehmenden nun mal üblich ist - mäandrierte ein wenig von einem Thema zum nächsten; aber zwei kamen immer wieder zurück: künstliche Intelligenz und IT-Security. Nadine Amrein von Cisco Schweiz bezeichnete diese beiden denn auch als Hauptfokus von Cisco derzeit. "Security fast noch mehr als KI", sagte sie. Denn Cisco hätte gemerkt, dass sehr viele Schweizer Kunden sich noch zu wenig um dieses Thema kümmern würden. 

Da Cisco nach eigenen Angaben über 90 Prozent des weltweiten (und auch des Schweizer) Geschäfts über den Channel macht, ist dies auch ein Thema für den Vertrieb. "Wir haben unsere Partner entsprechend ausgebildet und unser Portfolio angepasst", sagte Amrein. "Heute können wir sagen, dass wir das perfekte Security-Portfolio haben."

Svetlana Sorokina (links), Managing Director von Ingram Micro Switzerland, und Nadine Amrein, Channel Leader 2-Tier/Distribution bei Cisco Switzerland. (Source: Netzmedien)

Svetlana Sorokina (links), Managing Director von Ingram Micro Switzerland, und Nadine Amrein, Channel Leader 2-Tier/Distribution bei Cisco Switzerland. (Source: Netzmedien)

Ein kleines Intermezzo, bevor es wieder weitergeht mit dem Security-Thema: Was ist eigentlich mit diesen letzten 10 Prozent des Business, die Cisco als Direktgeschäft tätigt? Im Service-Provider-Geschäft würden Kunden manchmal darauf bestehen, dass der Hersteller ebenfalls am Tisch sitzt, zusammen mit dem Partner, der einen Mehrwert liefert, erklärte Tighe.

Den KMU-Partnern würden aber die Ressourcen fehlen - sowohl im Bereich Cybersecurity als auch bei der KI, warf Sorokina von Ingram Micro ein. Insbesondere die Fachkräfte würden weltweit fehlen. "Die Schweiz ist hier keine Ausnahme", sagte sie. Hier könne der Distributor mit seinen Ressourcen aber den Partnern helfen. 

"Es heisst immer, dass alles einfacher wird", sagte Lu von Netcloud. Rund 80 Prozent des Geschäfts des IT-Dienstleisters mit Hauptsitz in Winterthur basieren auf Cisco. Seit ein paar Jahren unterstützt es seine Kunden mit einem eigenen Cyber Defense Center. IT sei heute hochkomplex, erklärte Lu, deshalb müsse man auch immer dranbleiben. "In diesem Punkt können wir den Kunden helfen, wenn wir die Infrastruktur für sie betreiben - vor allem im Bereich Security Operations." Indem der Dienstleister mehrere Kunden zugleich betreue, könne er von einem Skaleneffekt profitieren, den ein Kunde alleine für sich nicht erreichen könnte.

Cisco mausert sich zur Security-Firma

Im Rahmen des Roundtables wurde auch die Frage angesprochen, ob Cisco bereits als Security-Firma im Channel wahrgenommen wird - schliesslich ist der Hersteller stark im Netzwerkbereich verwurzelt. Mehr oder weniger, aber definitiv mehr als auch schon, lautet wohl die Quintessenz in der Runde. Cisco habe zwar alles getan, um die Partner zu incentivieren, dass sie mitmachen, sagte Lehrmann von Spie. Aber: "Es war für uns als Partner teilweise nicht so einfach zu folgen". So sei nicht immer ganz klar gewesen, wie etwa die Incentive-Packages genau funktionieren. Mit den letzten Veröffentlichungen sei das jetzt aber klarer geworden.

Edgar Lehrmann (links), Chief Financial Officer von Spie Switzerland, und Reto Lu, Chief Operating Officer von Netcloud Switzerland. (Source: Netzmedien)

Edgar Lehrmann (links), Chief Financial Officer von Spie Switzerland, und Reto Lu, Chief Operating Officer von Netcloud Switzerland. (Source: Netzmedien)

Ingram Micro hingegen, wirkt sehr überzeugt. Cisco spiele unterdessen eine bedeutende Rolle in dem Feld, sagte Sorokina. "Wenn man sich Ciscos Portfolio anschaut, deckt es im Security-Bereich fast alles ab." Das sehe der Disti auch anhand der Partner, die Cisco bereits in anderen Security-Bereichen einsetzen wollen, nicht nur für die Netzwerksicherheit, sondern auch grundlegende Endpoint-Sicherheit und Mobile Security. "Wir fokussieren uns als Distributor nun auf Cisco", sagte Sorokina im Gespräch. Nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit investiere der Disti nun in diese Partnerschaft. 

Unklarheiten rund um KI  

Wo stehen der Channel und der Schweizer Markt im Bereich KI? Noch in den Kinderschuhen, sagt Lehrmann von Spie. "Keiner weiss so recht, wie er damit auch Geld verdient." Und den Kunden könne man nichts verkaufen, dass ihnen keinen Mehrwert bietet. Entsprechend seien die Umsätze "noch sehr gering".

"KMUs brauchen hier noch recht viel Beratung", sagte Amrein von Cisco. Im Markt fehle noch ein klares Kommunikationskonzept für KI. Jeder höre zwar davon und alle wollen etwas damit machen, "aber sie wissen gar nicht, wo sie anfangen sollen" Hier treffen die beiden Fokusthemen aufeinander, denn KI kann auch zum Faktor in der Security werden. "Alle benutzen heute ChatGPT auch im täglichen Business", sagte Amrein. Viele Firmen wüssten gar nicht, auf welchen Plattformen die Mitarbeitenden unterwegs seien. Hier gebe es noch ein riesiges Manko im Markt - ein Manko, das Cisco mit seinen Produkten natürlich abfedern möchte. 

Gleichzeitig werde KI immer mehr zur Commodity, sagte Lehrmann von Spie. Richtig interessant werde es für ihn aber, wenn man nun etwa die KI von SAP mit derjenigen von Salesforce und dem Copilot von Microsoft verknüpfen und sie miteinander kommunizieren lassen könnte. Wenn man dann auch noch die eigenen Unternehmensdaten als Basis nimmt, "könnte da ein interessantes Projekt rausspringen", sagte Lehrmann.

Sobald man mit den eigenen Daten operiere, sei man bezüglich KI-Halluzinationen auch ein bisschen mehr auf der sicheren Seite. Aber das Problem bleibe bestehen, denn eine Lösung dafür gebe es aktuell noch nicht. Hier sei aber auch der User gefragt, sagte Lehrmann. "Im Bereich Cybersecurity machen wir ja schon Awareness." So wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden darauf trainieren, nicht auf jeden Link zu klicken, so sollte man ihnen auch beibringen, KI-Antworten richtig einzuschätzen und nicht einfach alles zu glauben. Analog zu einem Phishing-Training könnte man beispielsweise Fake-KI-Videos herumschicken und schauen, wer dies erkennt und wer nicht, schlug er vor.

Gelassenheit angesichts der angespannten Weltlage

Ein weiteres Thema, das besprochen wurde, war die aktuell angespannte Lage auf dem internationalen Markt - insbesondere die US-amerikanischen Zölle. Zwar würden sich diese noch nicht gross auf das Geschäft auswirken, sagte Lehrmann. Aber einen gewissen Attentismus spüre er schon im Markt. "Man wartet ab, wie sich die Lage entwickelt." Es dauere etwa länger, bis RFPs (Requests for Proposal) kommen. "Man sieht auch, dass RFPs zwar gemacht werden, aber es danach länger dauert, bis das Projekt losgeht."

"Cisco - wie jede Firma - beobachtet die Situation intensiv", sagte Schweiz-Chef Tighe. Verzögerungen bei Projekten nehme er zwar nicht unbedingt wahr, aber dafür einen verstärkten Wunsch nach mehr Transparenz und vertrauenswürdigen Partnern. Ciscos Schweizer Transparenzzentrum erhalte beispielsweise deutlich mehr Anfragen. Im Zusammenhang mit der Chipkrise habe der Hersteller vor wenigen Jahren bereits seine Lieferketten "extrem diversifiziert". "Das führt dazu, dass der Impact jetzt natürlich sehr schwer zu messen ist", sagte Tighe. "Wir sehen relativ wenig Risiko und relativ wenig Gefahr zurzeit."

Für Ingram Micro sei ebenfalls "Business as usual" gemäss Sorokina. "Wir sehen nach wie vor so ziemlich die gleiche Nachfrage vom Channel und von den Endkunden", sagte sie. Dass Projekte abgesagt oder verschoben werden, sehe sie nicht. "Es ist ein überraschend stabiles Geschäft."

Dass es keine grösseren Auswirkungen gibt, liegt gemäss Sorokina wohl daran, dass so viele Veränderungen zugleich stattfinden. Das mache es schwierig, wirklich zu wissen, was passiert, und sich darauf vorzubereiten. "Sollen wir das Lager mit Unmengen an Ware füllen und dann auf veralteten Beständen sitzen bleiben, ohne zu wissen, was wir tun sollen und wie wir das Umlaufvermögen managen? Oder sollen wir lieber alles abverkaufen und auf die neuen Preise warten?" Deshalb sei es besser, abzuwarten, zu beobachten, und sich weiterhin diese Fragen zu stellen.

 

Übrigens: Ingram Micro Schweiz hat im April sein Lager nach Deutschland verlegt. Weshalb, erklärt Sorokina hier im Interview.

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