So geht es Teamviewer fünf Jahre nach dem Corona-Boom
Fünf Jahre nach dem pandemiebedingten Höhenflug hat Teamviewer sein Geschäft vom klassischen Fernzugriff hin zu proaktiver Automatisierung und KI-basierten Agents ausgerichtet. An der Salesforce-Hausmesse Dreamforce 2025 lancierten die beiden Unternehmen eine neue Partnerschaft. Teamviewer-CEO Oliver Steil erklärt im Gespräch, was es damit auf sich hat.

Fünf Jahre nach dem Corona-Höhenflug – wie geht es Teamviewer heute?
Oliver Steil: Gut, sehr gut sogar. Natürlich war der Corona-Höhenflug eine Ausnahmesituation. Seitdem haben wir viel in Richtung Digitalisierung gearbeitet, unser Angebot verbreitert und uns international deutlich stärker aufgestellt. Wir sind heute eine grössere, globaler ausgerichtete Company. Zudem haben wir in verschiedenen Bereichen Unternehmen akquiriert und uns erfolgreich im Grosskundengeschäft etabliert. Jetzt beginnt eine neue, spannende Phase mit viel Fokus auf Digitalisierung, Automatisierung und KI-gestützte Agents – das ist die strategische Weiterentwicklung von Teamviewer.
Was genau bedeutet diese strategische Neuausrichtung?
Teamviewer ist inzwischen rund 20 Jahre alt. Ursprünglich kamen wir aus dem klassischen IT-Support – also aus dem Lösen von Computerproblemen per Fernzugriff. Dieses Prinzip haben wir ausgeweitet: auf Maschinen, Terminals, IoT-Geräte – im Grunde auf alles, was sich aus der Ferne warten und steuern lässt. Dann kam der nächste Schritt: die Unterstützung sogenannter Frontline-Worker – Servicetechniker, Wartungspersonal, Logistikmitarbeitende. Mit Augmented Reality auf Smart Glasses oder Tablets können wir heute Mitarbeitende im Feld in Echtzeit unterstützen. Und der dritte Schritt ist jetzt die Automatisierung: Geräte sollen Probleme selbständig erkennen und beheben können. Das nennen wir den Weg zum autonomen Endgerät. Dafür haben wir im Dezember 2024 das Unternehmen 1E übernommen.
Wie fügt sich 1E in diese Strategie ein?
1E passt perfekt zu unserer Strategie. Teamviewer steht traditionell für den Remote-Zugriff: Wir verbinden uns zu einem Gerät oder einer Maschine, um ein Problem zu lösen. 1E ergänzt das durch eine Software, die auf dem Endgerät selbst sitzt und Probleme proaktiv löst. Diese beiden Welten verstärken sich gegenseitig. Wenn ein Mensch ein Problem löst, können wir diesen Prozess mithilfe von KI analysieren, daraus Code generieren und diesen als Automatisierung hinterlegen. So lernen wir aus menschlichen Interaktionen und machen unsere Software intelligenter. Umgekehrt entlastet die Automatisierung die Service-Teams, die sich dann auf komplexere Aufgaben konzentrieren können.
1E – oder inzwischen Teamviewer DEX – spielt auch eine Rolle in Ihrer neuen Partnerschaft mit Salesforce. Wie hängt das zusammen?
Ganz genau. Wir arbeiten im weitesten Sinne im IT-Service-Management. Salesforce bietet in diesem Bereich ebenfalls Lösungen an. Unsere Remote-Support-Funktion ist dort schon länger integriert – man kann aus Salesforce heraus eine Teamviewer-Session starten. Neu ist jetzt, dass wir DEX, also das frühere 1E, in diese Partnerschaft einbringen. Damit erweitert sich der Funktionsumfang von Salesforce bis hinunter auf das Endgerät. DEX überwacht die Geräte, erkennt Abweichungen vom Sollzustand und behebt sie automatisch. Das ist für Salesforce-Kunden ein echter Mehrwert, weil Salesforce selbst keine Endgeräteverwaltung anbietet.
Ich habe gelesen, dass Ihre Partnerschaft mit Salesforce den Wandel vom reaktiven zum proaktiven IT-Support einläuten soll. Was bedeutet das konkret?
Früher trat ein Problem auf, ein Ticket wurde erstellt, und jemand kümmerte sich darum. Heute erkennen wir Probleme, bevor sie den Nutzer erreichen. Wenn ein bestimmter Fehler schon einmal aufgetreten ist, kann die Lösung automatisiert auf ähnliche Fälle angewendet werden. Unsere Software überwacht zudem kontinuierlich den sogenannten "Desired State" eines Geräts – also den Sollzustand. Wenn sich das Gerät davon entfernt, wird es automatisch zurückgeführt. Das verhindert viele Störungen von vornherein.
Welche Rolle spielt dabei die künstliche Intelligenz?
Eine sehr zentrale. Wir kombinieren Telemetriedaten von Geräten mit den Aktionen, die Menschen zur Fehlerbehebung durchführen. Diese Daten fliessen in KI-Systeme, die daraus neue Agents und Automatisierungen entwickeln. Man kann sich das so vorstellen: Es entstehen immer neue, spezialisierte oder umfassendere Agents – manche für spezifische Aufgaben wie Druckerprobleme, andere für breitere Themen. Unser DeX-Agent enthält inzwischen mehr als 3000 Automatisierungen. KI hilft uns, Code zu generieren, die richtige Routine auszuwählen und Probleme schneller zu lösen.
Abgesehen von Ihrer Partnerschaft mit Salesforce – mit welchen anderen Partnern arbeiten Sie?
Wir haben zahlreiche Integrationen, etwa mit Servicenow, Microsoft, Siemens, SAP oder Google. Mit Salesforce ist die Integration besonders umfassend, weil sie das gesamte IT-Service-Management betrifft. Mit Siemens wiederum arbeiten wir im Bereich Augmented Reality und 3-D-Visualisierung für technischen Kundendienst sehr eng zusammen.
Die Akquisitionen von 1E war kostspielig. Rechnet sich das?
Ja. Wir haben einen globalen Enterprise-Vertrieb und verkaufen weiterhin direkt an unsere Kunden. Die Partnerschaften – wie mit Salesforce – verstehen wir als zusätzliche Vertriebskanäle und Marketingplattformen, nicht als Ersatz. Im Moment ist es eine klassische Produktintegration: Salesforce integriert unsere Technologie, und der Kunde erhält eine Lösung aus einem Guss. Vertriebsseitig bleibt Teamviewer aber unabhängig.
Teamviewer verarbeitet sensible Datenströme. Wie stellen Sie Sicherheit und Compliance sicher – gerade im KI-Kontext?
Sicherheit steht ganz oben. Alle Datenströme sind vollständig verschlüsselt. Grundsätzlich ermöglichen wir nur die Verbindung zwischen Geräten oder Personen – wir selbst haben keinen Zugriff auf die Inhalte. Für KI-gestützte Analysen bieten wir ein Opt-in-Modell: Kunden entscheiden, ob ihre Daten zur Verbesserung von Automatisierungen genutzt werden dürfen. Viele nehmen das an, weil sie dadurch messbar produktiver werden. Unsere Server stehen in der EU, unser Code wird in Europa entwickelt – das schafft zusätzliches Vertrauen.
In der Schweiz wird oft über Datenstandorte diskutiert. Wie gehen Sie damit um?
Wir sind EU-basiert, daher gelten bei uns europäische Datenschutzstandards. Natürlich gibt es Branchen, etwa Verteidigung oder Behörden, die besondere Anforderungen haben und oft air-gapped oder on-premise arbeiten. Für diese Bereiche bieten wir eigene Lösungen an. Generell sehen wir, dass Unternehmen zunehmend den Nutzen von Daten und KI priorisieren – solange die Infrastruktur und der Datenschutz passen.
Wie wichtig ist die Schweiz für Teamviewer?
Sehr wichtig. Die Schweiz ist technologisch hochinnovativ, stark automatisierungsgetrieben und im Maschinenbau führend. Im Länderranking liegt die Schweiz für uns weit vorne. Das liegt an der hohen Innovationsbereitschaft und der industriellen Exzellenz. In der Schweiz wird moderne Technologie konsequent eingesetzt – und genau da sind wir mit unseren Lösungen zu Hause.
Lesen Sie hier mehr über die Partnerschaft zwischen Teamviewer und Salesforce.

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