"Zu langsam und zögerlich"

Finanzdelegation kritisiert Digitalisierungspläne des Bundes

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von René Jaun und jor

In ihrem Geschäftsbericht 2021 übt die Finanzdelegation Kritik am Fortschritt der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Das Gremium fordert einen Kulturwandel auf allen Ebenen und mehr Einsatz für die Cybersicherheit.

(Source: VRD / Fotolia.com)
(Source: VRD / Fotolia.com)

Die Finanzdelegation (FinDel) hat ihren Geschäftsbericht für das Jahr 2021 veröffentlicht. In einem Unterkapitel befasst sie sich auch mit den Themen Digitalisierung und Cybersicherheit. Darin findet die FinDel zunächst lobende Worte für die im Jahr 2020 beschlossene Neuorganisation im Zuge der digitalen Transformation des Bundes. Diese habe zu schnelleren Entscheiden und zu mehr Engagement der einzelnen Departemente geführt, heisst es unter Berufung auf Bundeskanzler Walter Thurnherr.

Ausführlicher weist die Delegation jedoch auch auf die weiterhin bestehenden Herausforderungen hin. Namentlich seien die Departemente und Ämter für die Digitalisierung in ihren Bereichen und die entsprechenden Projekte unverändert selbst verantwortlich. Die Corona-Pandemie habe klargemacht, dass es grosse Anstrengungen brauche, um die Digitalisierung weiter zu beschleunigen.

Um dies zu erreichen, braucht es laut der FinDel einen grundlegenden Kulturwandel in der Bundesverwaltung. In Klammern beschreibt sie diesen Wandel mit den Stichworten: Anpassung der Prozesse, interdepartementale Zusammenarbeit und Koordination, Innovationsbereitschaft. Weiter brauche es eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Wichtig sei zudem eine stärkere Stellung der Bundesverwaltung gegenüber IT-Unternehmen, "welche zu Dumpingpreisen offerieren oder die vertraglichen Leistungen nicht in der vereinbarten Qualität oder zum abgemachten Zeitpunkt erbringen".

Mehr Zusammenarbeit mit Kantonen und Gemeinden

Handlungsbedarf sieht die FinDel auch bei der sogenannten vertikalen Digitalisierung von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden. Laut dem Bericht verfügt der Bund aktuell über keine Verfassungsgrundlage, die ihm eine Regelungskompetenz für die ICT-Zusammenarbeit mit den Kantonen einräumt, weshalb er im Bereich kantonaler Kompetenzen auch keine Digitalisierungsstandards für die Kantone definieren kann. Die Lösung der Organisation Digitale Verwaltung Schweiz, die Anfang Jahr ihre Arbeit aufnahm, sieht vorerst eine gemeinsame Standardsetzung ohne Rechtsverbindlichkeit vor. Längerfristig soll dies geändert werden. Man erwarte vom Bundesrat, dass er nach dem Start der Digitalen Verwaltung Schweiz entsprechende Abklärungen vorantreibe, heisst es im Bericht.

Die FinDel kommt zum Schluss, dass die letztes Jahr verzeichneten Fortschritte nicht ausreichen, um den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen. "Aus Sicht der FinDel agiert der Bund insgesamt zu langsam und zögerlich. Die vorhandenen Leitbilder und Strategien bewegen sich weitgehend auf einer abstrakten Ebene. Es braucht einen Kulturwandel auf allen Stufen der Bundesverwaltung, damit bei der Einführung neuer Systeme immer auch eine Anpassung der Geschäftsprozesse miteinbezogen wird."

Cybersecurity: noch viel zu tun

Besser beurteilt die Delegation den Bereich Cybersecurity. Der Bundesrat gebe der Thematik hohe Aufmerksamkeit, lobt das Gremium. Doch auch hier übt es Kritik: Als "schwerwiegend" bezeichnet die FinDel die Befunde eines Berichts des Bundesamts für Energie. Demzufolge sind Schweizer Stromnetze anfällig für Cyberangriffe, wie Sie hier lesen können. Die im Bericht aufgezeigten Probleme müssten "von der Branche dringend angegangen und gelöst werden".

Cybersicherheit und -Abwehr gehören laut der FinDel zu den grossen Herausforderungen der Zukunft. Sie ruft in diesem Zusammenhang zu mehr Zusammenarbeit von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft auf, denn "Einzellösungen reichen angesichts der starken Vernetzung nicht mehr". Der Bund könne und müsse die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb derer sich etwa Finanz- oder Elektrizitätsbranche selbst vor Cyberrisiken schützen können.

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