Netapps Unified Partnerprogramm und seine Folgen

Finden Sie das fair, Herr Schoenaerts?

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Netapp hat praktisch der Hälfte seines Channels in EMEA die Partnerschaft aufgekündigt und darüber hinaus die Umsatzhürden für das Einstiegslevel verdreifacht – trotz sinkender Umsätze am Speichermarkt. Warum das für Netapp ok ist und sogar Vorteile für die übrigen Partner bringen könnte, erklärt Sven Schoenaerts, Senior Director, EMEA Channel Business Development.

Sven Schoenaerts geht, Alfred Manhart kommt. (Quelle: Netzmedien)
Sven Schoenaerts geht, Alfred Manhart kommt. (Quelle: Netzmedien)

Netapp hat im letzten Geschäftsjahr seinen Channel aufgeräumt. Das Partnerpgrogramm wurde überarbeitet und für den weiteren Weg in Richtung Enterprise, Cloud und KMU ausgerichtet.

Netapp möchte am Speichermarkt stärker wachsen. Dafür ist es zu weiten Teilen von seinem Channel abhängig. Also muss der Channel mehr Umsatz liefern. In diese Richtung gehen zumindest Netapps Massnahmen: Die Partner-Anzahl wurde im EMEA-Raum um 1900 auf 2000 Reseller und Integratoren reduziert, wie der Hersteller im Rahmen seines EMEA Pathways Partner-Summit bekannt gab.

Ziel ist es, wie bei anderen Herstellern auch, mit weniger, dafür aber mit spezialisierten und hochprofitablen Partnern zusammenzuarbeiten. Doch auch kleine Partner mit Entwicklungspotenzial will Netapp nicht einfach vor die Tür setzen. Künftig sollen Reseller und Dienstleister im Entry-Level gefördert werden, die starkes Wachstum zeigen.

Sven Schoenaerts, Senior Director, EMEA Channel Business Development, erklärt im Interview die Hintergründe, wie sich Netapp den idealen Partner vorstellt und warum es aus Sicht Netapps fair ist, in einer Zeit sinkender Speicherspreise die Umsatzhürden zu erhöhen.

Beschreiben Sie den idealen Netapp-Partner in einem Satz.

Sven Schoenaerts: Der ideale Netapp-Partner hat einen Hang zur Exzellenz. Er möchte den Kunden zum Erfolg bringen und versteht es, für diesen eine sehr gute technologische Wahl für dessen langfristiges IT-Investment zu treffen. Der Partner sollte einen Blick für die weitere Evolution seines Kunden mitbringen, etwa wenn es darum geht, neue Standorte im Ausland aufzubauen. Hinzu kommt Fachwissen für die kritischen Appklikationen des Kunden und ein Verständnis dafür, mit anderen spezialisierten Partnern zu kooperieren. Das sind meiner Meinung nach die Merkmale erfolgreicher Netapp-Partner.

Das war etwas mehr als ein Satz.

Das ist richtig, aber es ist schwierig, den idealen Partner mit nur einem Satz zu beschreiben.

Sie haben vor einem Jahr das Unified Partnerprogramm ins Leben gerufen. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?

Sehr positiv! Wir haben sehr gutes Feedback von unseren Channelpartnern bekommen. Die Veränderung in unserem Channelprogramm verliefen für die Partner schmerzlos. Wir bemühten uns die Verträge mit unseren Partnern proaktiv umzusetzen und die Kommunikation mit den Partnern voranzubringen.

Worum ging es dabei genau?

Es ging darum, uns auf die Änderungen vorzubereiten, die wir in den Geschäftsmodellen unserer Partner festgestellt haben. Wir sprachen schon vor einiger Zeit mit unseren klassischen Channelpartnern über Veränderungen wie die Cloud und fragten sie, wie sie diesen Trend betrachten. Wir diskutierten aber auch darüber, wie sie sich in diesem Bereich weiterentwickeln wollen, auch wenn sich Partner mit dem Thema im Alltagsgeschäft noch nicht auseinandergesetzt hatten. Uns fiel dabei auf, dass die Partner nach einer Möglichkeit suchten, zum richtigen Zeitpunkt in das Cloud-Modell zu investieren und dabei das Vertrauen zu haben mit Netapp einen Technologiepartner hinter sich zu wissen, der dieses Engagement mit seiner Technologie und einem passenden Channelprogramm unterstützt. Wir hatten zwar bereits vor dem Unified-Programm Partner im MSP- und Cloud-Umfeld, allerdings mit einzelnen Verträgen. Mit Unified zeigt sich eine Evolultion aus beiden Richtungen.

Wie meinen Sie das genau?

Das heisst, es wird Service-Provider geben, die sich in Richtung Wiederverkauf bewegen. Auf der anderen Seite haben wir klassische Reseller, die sich als Service Provider positionieren möchten. Mit dem Unified-Programm können die Partner ihre Geschäftsprozesse ihren Bedürfnissen anpassen, ohne dass sie erst einen neuen Vertrag mit uns abschliessen müssen. Das heisst beispielsweise, dass die Basis für einen Reseller heute schon bereitsteht, falls er sich dazu entscheidet, seinen Kunden Cloud-Services anzubieten. Der Reseller bleibt in dem Fall in seinem Resellerprogramm. Genauso bleibt der Vertrag genau der gleiche. Dieser wird einfach ergänzt um den Bereich Cloud-Provider.

Was neue Zertifierungen mit sich bringen dürfte.

Absolut, mit den entsprechenden Anforderungen und Benefits. Ein Reseller kann jetzt einfach mal ausprobieren, was die Cloud ihm bringen könnte und was ihm Netapp im Cloud-Umfeld bietet. Der Partner und unsere Channelorganisation haben dadurch aber keinen Mehraufwand. Der Partner kann also weiterarbeiten wie bisher und neue Fertigkeiten in sein Angebot mit einzubeziehen.

Im Rahmen der Umstellung auf das Unified-Programm hat Netapp seinen Channel bereinigt und jetzt fehlen 1900 Partner. Was waren das für Partner und warum haben Sie ihnen die Partnerschaft aufgekündigt?

Das waren mehrheitlich inaktive Partner. Also Partner, die entweder die Umsatzgrenze oder die Anforderungen an das Training nicht erreicht haben. Diese haben in vielen Fällen keinen Umsatz gebracht. Meist waren das Silber-Partner. Das ist ein Problem, dass durch Netapp kreiert wurde.

Inwiefern?

Wir haben es zu einfach gemacht, sich online als Netapp-Partner zu registrieren, ohne dass wir kontrollierten, wer dieser Partner war. Bis wir beim nächsten Check nachsahen, was diese Partner geleistet hatten. Und da sahen keinen Umsatz. Diese Partner hatten also nichts verloren in unserem Channel.

Netapp zählt in EMEA aktuell 2000 Reseller, Integratoren und MSPs. Sie haben also rund der Hälfte ihrer Partner die Zusammenarbeit gekündigt?

Das ist richtig, denn es gab keine Zusammenarbeit. Das waren eher...

Karteileichen?

Das ist ein passender Ausdruck. Es geht ja nicht um die Grösse unseres Channels. Es geht darum, was dieser Fachhändler dem Kunden bringt. Wir brauchen Partner, die unsere Technologie verstehen und begreifen, wie sie damit die Probleme der Kunden adressieren können. Und wenn wir das mit 2000 Partnern machen können, dann ist das super.

Dann haben Sie also erst einmal genügend Partner?

Wir möchten mehr machen mit guten Partnern. Dennoch werden wir weitere Partner herzlich willkommen heissen, bei denen wir sehen, dass sie investieren wollen. Ihnen bieten wir Benefits und Rabatte. Das heisst, wir sind strenger, bieten den Partnern aber auch mehr, gerade im Entry-Level. Zudem kümmern wir uns jetzt mehr. So ist das Onboarding eines Partners jetzt eine Entscheidung von Netapp. Wir validieren künftige Partner. Wir wollen vor einer Zusammenarbeit wissen, was das für ein Unternehmen ist und was es anbietet.

Warum wird das erst jetzt validiert? Schliesslich ist Netapp eine Firma, die sich seit jeher das Partnergeschäft gross auf die Fahnen schreibt.

Weil wir zu dem Schluss gekommen sind, dass die Anmeldung zu einfach war, weil wir zu wenige Checkpoints hatten. Erfolg und Wachstum kommen erst, wenn Value generiert wird. Deshalb sehen wir in einer selektiven Onboarding-Prozedur Vorteile für die Partner wie für unsere Kunden.

Was ist mit Ihren Distributoren, die ja ebenfalls gewisse Leistungskriterien erfüllen müssen? Denen fehlen jetzt 1900 potenzielle Reseller.

Die Distribution hat keine Kriterien zu erfüllen, was das Onboarding oder die Anzahl der Partner betrifft. Die Distribution spielt hingegen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Reseller mit unserer Technologie vertraut zu machen, neue Lösungen aufzubauen oder in neue Geschäftsfelder vorzustossen. Aber wir erwarten nicht, dass ein Disti 100 neue Partner pro Quartal anwirbt. Wir würden der Distribution empfehlen, einen Teil der Partner-Community anzusprechen und weiter zu entwickeln. Etwa indem ein Distributor ausgewählte Partner dabei unterstützt, unsere Enablementprozesse erfolgreich zu durchlaufen.

Die Speicherpreise sinken und Netapp erhöht die Umsatzgrenzen für seine Partner. Finden Sie das fair?

Das ist fair. Wir erhöhten die minimale Umsatzleistung für Partner des Entry-Levels, also der Silber-Stufe. Diese mussten bisher 20'000 Euro Jahresumsatz erreichen und Pre-Sales- beziehungsweise Sales-Trainings nachweisen. Die Umsatzhürde erhöhten wir nun auf 60'000 Euro. Wir ändern nichts an den Umsatzanforderungen bei den Gold-, Platin- und Star-Partnern.

60'000 Euro entsprechen einer Verdreifachung der zuvor geforderten Umsatzhürde. Wie kamen Sie auf sie auf diesen Wert?

Auf den Betrag kamen wir, nachdem wir untersucht hatten, welche Partner im Entry-Level-Bereich arbeiten. Hierzu zählen etwa jene, die neu in der Netapp-Welt sind und sich mit unserem Sortiment auseinandersetzen. Unsere Technologie ist einzigartig im Storage-Markt. Dafür muss der Partner investieren und es wirklich bis in die Fingerspitzen hineinbekommen, wie er Netapp bei seinem Kunden positionieren muss. Wir wissen, dass wir sehr viel Wert in unserem Portfolio haben. Im Gegenzug erwarten wir, dass der Partner bereit ist, in unter Portfolio zu investieren, um das Potenzial voll auszuschöpfen. Ich ziehe hier den Vergleich zum Sport: Je öfter man etwa Tennis spielt und je erfolgreicher man darin wird, desto besser wird man auf dem Platz. So ähnlich verhält es sich mit dem Verkauf von Lösungen. Je öfter ein Partner Kunden berät und ihnen unsere Lösungen verkauft, desto besser wird er und umso mehr Umsatz wird er erwirtschaften. Wir haben gesehen, dass gerade diese 60'000 Euro die Grenze bilden, wo wir einen Unterschied sehen bei denjenigen Partnern, die mit der richtigen Häufigkeit und dem richtigen Volumen beim Kunden Produkte verkaufen. Das bedeutet Return-on-Investment für den Partner und zahlt sich am Ende für ihn deutlich aus.

Dennoch viel Geld und man kann ja nicht nur High-End-Storage verkaufen, um Umsatz zu erzeugen.

Ich gebe Ihnen Recht, dass wir nicht nur High-End-Lösungen im Sortiment führen, sondern auch Einstiegslösungen wie etwa das Modell E2700 aus der E-Reihe. Wir glauben, dass wir damit im mittleren und unteren Preisbereich deutliche Marktanteile erreichen können. Dafür liegen die Durchschnittspreise nicht sonderlich hoch. Auch hier belohnen wir diejenigen Partner, die mit der nötigen Frequenz Speicher verkaufen. Konkret heisst dass, das wir Partner ab drei Transaktionen pro Jahr als Silber-Partner in unser Programm aufnehmen. Wir werten das als Zeichen dafür, dass diese Partner ernsthaft daran interessiert sind, mit unseren Technologien Umsatz zu generieren.

Wo sehen Sie derzeit die grössten Wachstumschancen für die Partner in der Zusammenarbeit mit Netapp?

Ich glaube der Bereich Converged Infrastructure verspricht derzeit grosses Wachstum. Sei es im Rahmen unserer Strategie mit Cisco für den Flexpod, mit Fujitsu für V-Shape oder in bestimmten Ländern mit Bull oder Computacenter. Kunden suchen derzeit nach Möglichkeiten ihre IT-Infrastruktur zu vereinfachen. Da können Partner mit dem Flexpod ideale, integrierte Lösungen anbieten. Für Partner im High-End-Bereich sehen wir Chancen im Umfeld Business-kritischer Lösungen, wo Kunden in der Vergangenenheit das Budget hatten eine monolithische Lösung einzusetzen. Heute bieten sich Shared-Infrastructure auf Basis von Clustered-Data-Ontap oder auf Flash-Basis der EF-Reihe an. Für Partner, die das nötige Fachwissen und Service-Know-how mitbringen, um diese Enterprise-Kunden anzusprechen, sehe ich sehr schöne Wachstumsmöglichkeiten.

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