Stefan Müller im Podium

Warum Digitec Galaxus sein ERP selbst entwickelt

Uhr
von Coen Kaat

Kaufen oder programmieren? Bei einer ERP-Lösung ist diese Frage nicht einfach. Eine Standardsoftware bietet gewisse Sicherheiten, eine Eigenentwicklung gewisse Freiheiten. Stefan Müller, CTO von Digitec Galaxus, spricht über die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten.

Stefan Müller, CTO von Digitec Galaxus. (Source: zVg)
Stefan Müller, CTO von Digitec Galaxus. (Source: zVg)

Nutzen Sie ein selbstentwickeltes ERP oder eine eingekaufte ­Lösung?

Stefan Müller: Wir haben unsere ERP-Lösung vollständig selbst entwickelt.

Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Unsere Kunden nehmen uns in erster Linie als Versandhändler wahr. Also als Logistiker. Im Kern sehen wir uns aber als Technologieunternehmen. Wir sind der Überzeugung, dass wir nur mit einer von Grund auf eigens entwickelten ERP-Lösung voll auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen können. Und da diese Bedürfnisse im Wandel sind, müssen wir auch unser ERP laufend anpassen. Die Nutzung von Technologie und die eigene Entwicklung unserer Softwaresysteme hat uns schon immer ausgezeichnet.

Was sprach gegen die Alternative?

Insbesondere die mangelnde Agilität. Aber auch fehlende Funktionalitäten. Es gibt zurzeit kein ERP im freien Markt, das unseren Ansprüchen genügen würde.

Wie lange ist Ihre ERP-Lösung bereits im Einsatz? Wie oft ­wurde sie in dieser Zeit überarbeitet?

Wir nutzen seit dem Start von Digitec im Jahr 2001 ein eigenes ERP. Seit 17 Jahren also. Die aktuelle Lösung ist seit rund vier Jahren im Einsatz. Sie wird aber laufend weiterentwickelt; neue Releases finden in der Regel täglich statt.

Wie können IT-Dienstleister Sie in Sachen ERP unterstützen?

Wir holen uns externe Expertise nur punktuell an Bord. Kürzlich hatten wir etwa Bedarf an Know-how im Bereich Machine Learning. Dabei verfolgen wir immer das Ziel, das gewonnene Wissen intern aufzubauen. Wir wollen von IT-Dienstleistern nicht abhängig sein. Was wir hingegen immer stärker ausgliedern, ist das Hosting: Wir haben vor Kurzem einen grossen Teil unserer Infrastruktur für ERP und Onlineshop in die Cloud verschoben. Dort arbeiten wir mehrheitlich mit Microsoft Azure und Google Cloud zusammen.

Woher holten Sie sich die nötige Expertise?

Uns ist es wichtig, die Expertise im Unternehmen zu haben. Wir haben in Zürich eine mittlerweile mehr als 100 Mitarbeiter starke Software-Entwicklungs-Abteilung. Dank flacher Hierarchien und eben auch wegen unseres eigenen ERP sind wir sehr agil und können die allermeisten Shop­lösungen selbst umsetzen. So etwa kürzlich unser Resale-Feature oder unsere Gamification. Ausserdem läuft auch unser redaktionelles Content Management über unser ERP. Aktuell kümmern sich 16 interdisziplinäre Entwicklungsteams um die Weiterentwicklung von ERP und Onlineshop.

Die Antworten der anderen Podiumsteilnehmer (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Herbert Brecheis, Ruag: "Eine Eigenentwicklung für den ERP-Bereich kommt für uns nicht infrage."

  • Marcus Dauck, Ringier: "Die Zeiten monolithischer Systeme und reiner Wasserfallprojekte sind vorbei."

  • Elmar Gasser, Sunrise: "In jüngster Zeit beobachten wir, dass Open-Source-Lösungen so weit ausgereift sind, dass wir uns überlegen könnten, Inhouse-Lösungen zusätzlich zu dieser Software zu entwickeln."

  • Peter Hagen, Planzer-Gruppe: "Die geforderte Flexibiltät der Software kann mit einer Standardlösung nicht erbracht werden."

  • Gabriela Müller, Studerus: "Eigenentwicklungen waren bei uns trotz eingekaufter Software nötig."

  • Ricardo Nebot, Emmi: "Mit einer Eigenentwicklung hätten wir nur das Rad neu erfunden."

  • Frederik Thomas, Interdiscount: "Grundsätzlich haben wir aber das Know-how im eigenen Haus und werden dies auch weiter aufbauen und fördern."

Webcode
DPF8_105678