Ricardo Nebot im Podium

Warum Emmi beim ERP auf Standardlösungen setzt

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von Coen Kaat

Kaufen oder programmieren? Bei einer ERP-Lösung ist diese Frage nicht einfach. Eine Standardsoftware bietet gewisse Sicherheiten, eine Eigenentwicklung gewisse Freiheiten. Ricardo Nebot, Head of IT bei Emmi, spricht über die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten.

Ricardo Nebot, Head of IT bei Emmi. (Source: zVg)
Ricardo Nebot, Head of IT bei Emmi. (Source: zVg)

Nutzen Sie ein selbstentwickeltes ERP oder eine eingekaufte ­Lösung?

Ricardo Nebot: Nach genauer Prüfung der vorhandenen ERP-Lösung in der Emmi-Gruppe hat man sich für die Einführung einer Standard­lösung entschieden. Neben den SAP-ERP-Funktionalitäten wurde auch gleichzeitig die SAP-MDG-Stammdaten-Lösung implementiert. Diese hilft uns heute nicht nur im laufenden Betrieb, sondern auch bei ­Anpassungen und neuen Anforderungen wie beispielsweise beim Thema GDSN.

Warum haben Sie sich gerade für diese Lösung entschieden?

Grundidee für das neue ERP war die Standardisierung der vielfältigen Prozesse entlang der Emmi-Wertschöpfungskette. Somit stand von Anfang an fest, dass wir uns nach einer Standardlösung umschauen, die diese Anforderung abdeckt. Zusätzliche Anforderungen wurden mit spezifischen Modulen dazugekauft.

Was sprach gegen die Alternative?

Eine Eigenentwicklung von Grund auf hätte darüber hinaus unseren Zeit- und Kostenrahmen gesprengt. Die funktionale und prozessuale Abdeckung der Standardlösungen war gross. Mit einer Eigenentwicklung hätten wir nur das Rad neu erfunden. Das können Standard-Lösungs-Anbieter besser. Es gab mehrere gute Kandidaten auf der Shortlist. Ausschlaggebend war das Gesamtpaket aus vollständig funktionaler Abdeckung der Lösung, Business-Know-how, Dairy-­Branchenlösung und Expertise des Implementierungspartners. Mit dieser Kombination haben wir die SAP-Einführung bei Emmi gemeistert.

Wie lange ist Ihre ERP-Lösung bereits im Einsatz? Wie oft wurde sie in dieser Zeit überarbeitet?

Wir führten unsere SAP-Lösung schrittweise ein, die letzten Module wurden 2017 produktiv gesetzt. Auch bei uns gilt der Grundsatz: Nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Wir lernen jeden Tag dazu und entdecken dabei neue Möglichkeiten, wie wir vorhandene Funktionen besser für uns nutzen oder ganze Prozessstrecken optimieren können. Wir überarbeiten unser Lösung ständig. Die Weiterentwicklung unserer SAP-Systemlandschaft steuern wir über das Change Advisory Board (CAB). Darin sind Fach- und IT-Spezialisten vereint. Das CAB steuert die SAP Releases, die fest terminiert sind.

Wie können IT-Dienstleister Sie in Sachen ERP unterstützen?

Von unseren Dienstleistern erwarten wir nicht nur eine hohe Technik- und Lösungskompetenz, sondern auch Dairy-Branchen-Know-how. Dazu gehört etwa die Emmi-Wertschöpfungskette und die Interdependenz zu den Produktions- und Logistiklösungen zu verstehen. Ich freue mich, wenn ein Dienstleister über den eigenen Tellerrand hinausschaut und uns auf weitere Synergien aufmerksam macht. Selbst kleine ­Verbesserungen ­haben mit dem entsprechenden Hebel eine grosse Wirkung.

Woher holten Sie sich die nötige Expertise?

Obwohl wir uns für eine Standardlösung entschieden haben, braucht es dennoch eine eigene Mannschaft, um das System zu betreiben und weiterzuentwickeln. Wir schulten die eigenen Mitarbeiter intensiv auf SAP und lernten viel vom Implementierungspartner. Die Investition hat sich gelohnt. Wir haben heute eine von SAP zertifizierte CoE-Mannschaft im Hause, die alle SAP-Belange professionell über den Solution Manager steuert und weiterentwickelt.

Die Antworten der anderen Podiumsteilnehmer (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Herbert Brecheis, Ruag: "Eine Eigenentwicklung für den ERP-Bereich kommt für uns nicht infrage."

  • Marcus Dauck, Ringier: "Die Zeiten monolithischer Systeme und reiner Wasserfallprojekte sind vorbei."

  • Elmar Gasser, Sunrise: "In jüngster Zeit beobachten wir, dass Open-Source-Lösungen so weit ausgereift sind, dass wir uns überlegen könnten, Inhouse-Lösungen zusätzlich zu dieser Software zu entwickeln."

  • Peter Hagen, Planzer-Gruppe: "Die geforderte Flexibiltät der Software kann mit einer Standardlösung nicht erbracht werden."

  • Gabriela Müller, Studerus: "Eigenentwicklungen waren bei uns trotz eingekaufter Software nötig."

  • Stefan Müller, Digitec Galaxus: "Es gibt zurzeit kein ERP im freien Markt, das unseren Ansprüchen genügen würde."

  • Frederik Thomas, Interdiscount: "Grundsätzlich haben wir aber das Know-how im eigenen Haus und werden dies auch weiter aufbauen und fördern."

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