Ralph Urech von Data11 im Podium

Wie sich lokale RZ gegen grosse, internationale Anbieter behaupten können

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von Coen Kaat

Gemäss einer Studie des Bundesamts für Energie verbrauchen die Schweizer Rechenzentren jährlich 2100 Gigawattstunden. Also etwa so viel wie 450'000 Haushalte zusammen. Wie nachhaltig der Schweizer RZ-Markt ist, sagt Ralph Urech, Business Development bei Data11.

Ralph Urech, Business Development bei Data11. (Source: zVg)
Ralph Urech, Business Development bei Data11. (Source: zVg)

Was muss ein RZ-Betreiber heute bieten, um morgen noch im Geschäft zu sein?

Ralph Urech: "Es prüfe, wer sich ewig bindet." Wer sich für ein Datacenter entscheidet, macht das nicht für Monate, sondern Jahre. Es ist also wichtig, zeigen zu können, dass der Betreiber solide aufgestellt ist - finanziell, personell sowie technologisch - und auch in fünf Jahren noch mit einer marktgerechten Dienstleistung präsent ist. Der Bedarf - Platz, Leistung, Dichte, Green IT - ändert sich zudem immer schneller. Angebote und Anbieter müssen dynamisch sein, denn Kunden wollen nicht in starren Beziehungen feststecken. Gefragt ist also Stabilität bei grösstmöglicher Flexibilität. Die Quadratur des Kreises? Nein, aber kleinere Strukturen erfüllen dies eher und besser als grosse.

Algenfarmen, Abwärmenutzung, Energieeffizienz: Wie wichtig sind solche Ansätze für nachhaltige Rechenzentren, und wie verbreitet sind sie in der Schweiz?

Natürlich sind Energieeffizienz, tiefe PUE-Werte und erneuerbare Energie wichtig und eigentlich Standard in einem Colocation-RZ. Wenn dann auch noch die Badi oder eine Fischfarm geheizt werden kann, ist das ein toller Nebeneffekt - auch fürs Marketing. Langfristige Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit bleiben jedoch die drei wichtigsten Eckpfeiler eines sicheren Datacenters - der Rest ist Beilage.

Gemäss einer aktuellen CBRE-Studie hat die Schweiz die zweithöchste Rechenzentrumsdichte in Europa. Wie viel Wachstum ist in diesem Markt noch möglich?

IT-Outsourcing-Treiber sind klar: Digitalisierung, Cloud, Sicherheit und Verfügbarkeit, bessere und günstigere Konnektivität etc. Das führt automatisch zu einem höheren Bedarf an RZ-Fläche. Inhibitor ist die zunehmende Leistungdichte; das wirkt zwar weniger auf die Leistung, aber auf den Platzbedarf. Auch verteilte RZs sind im Trend - lieber drei Tier III als nur ein Tier IV. Wir sehen somit eher qualitatives statt quantivatives Wachstum, sich manifestierend in wenigen georedundanten grossen ­Datacentern und mehreren "KMU-gerechten" für Colocation, die auch Konnektivität und andere Managed Services bieten.

Wie können sich lokale RZ-Betreiber gegen die grossen, internationalen Anbieter behaupten?

KMUs suchen eher ein regionales RZ mit pesönlicher Betreuung als einen anonymen, internationalen Hyperscaler. Auch braucht es Konnektiviät - Internet, Standortvernetzung/VPN/SD-WAN. Wer beides bietet, ist im Vorteil. Datensicherheit/-hoheit werden zunehmend stärker gewichtet. Internationale Anbieter, insbesondere Clouds, sind aber stärker und unterschiedlichen Regulatorien verpflichtet; auch können sie indirekt belangt werden. Lokale Anbieter, ohne Ableger oder Muttergesellschaften im Ausland, sind nur einem Gesetz verpflichtet; die Rechtslage ist somit klar und in der Schweiz für alle gleich.

Welche Chancen bietet das RZ-Geschäft für Fachhändler, Integratoren, Systemhäuser?

Meine Daten, meine Hardware: In der Cloud sind Daten auf fremden Rechnern bei fremden Richtern. Wer weiss, wer genau auf diese Zugriff hat und was damit passiert. Fachhändler, Integratoren und Systemhäuser können durch entsprechende Angebote diese Problematik adressieren und KMUs, die heute eher in die Cloud gingen, zu Outtasking statt Outsourcing bewegen. Sei es einfach mit dedizierter Hardware schlüsselfertig montiert in einem RZ, gegebenenfalls mit Leasing und Wartung, oder auch eine Private Shared Cloud mit garantierter Datenhaltung im Rechtsraum Schweiz.

Die Antworten der weiteren Teilnehmer des Podiums:

  • Michael Dudli, CEO von Xelon: "Ausser Datenschutz und Security-Massnahmen spielen auch Energieeffizienz und Innovations­fähigkeit eine Rolle."

  • Walter Kasal, NTT: "Es reicht nicht mehr, nur Fläche, Energie, Kühlung und physische Sicherheit anzubieten."

  • Thomas Kreser, Interxion: "Die aktuell stattfindende digitale Transformation bietet viele Chancen."

  • Roger Semprini, Equinix: "Idealerweise sollte ein RZ-Anbieter ein sogenanntes Campus-Modell anbieten."

  • Patrick Stutz, Mount10: "Nicht die RZ-Fläche ist entscheidend, sondern wie viel Kühl- oder Stromleistung pro Quadratmeter zur Verfügung steht."

  • Roger Süess, Green: "Nachhaltige Ansätze sind absolut entscheidend!"

  • Mark Thommen, Netrics: "Jedes Kilowatt an Systemleistung in einem Datacenter mit schlechtem PUE-Wert kostet den Kunden Geld ohne Gegenwert."

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