Vis-à-vis Channel-Chef Andrew Reid

Wie Microsoft mit dem neuen Partnerprogramm den Markt ankurbeln will

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von Coen Kaat

Im vergangenen Sommer hat Andrew Reid die Leitung der Schweizer Partnerlandschaft von Microsoft übernommen. In seiner neuen Funktion sieht er sich als Vermittler. Im Interview sagt er, wie er den Schweizer Channel ausbauen will, ­warum 4600 Partner nicht genug sind und was Microsofts neues Partner­programm zu bieten hat.

Andrew Reid, Global Partner ­Solutions Director bei Microsoft Schweiz. (Source: Netzmedien)
Andrew Reid, Global Partner ­Solutions Director bei Microsoft Schweiz. (Source: Netzmedien)

Seit Juli 2022 leiten Sie offiziell die Partnerorganisation von Microsoft Schweiz. Mit welchen Prioritäten und Zielen sind Sie diese Stelle angetreten?

Andrew Reid: Ich bin seit dem Jahr 2000 bei Microsoft. In dieser Zeit war ich in verschiedenen Ländern tätig, in globalen Positionen. Zwei Aspekte sind für mich besonders wichtig. Zum einen gebe ich unserem Channel eine Stimme im Schweizer Führungsteam von Microsoft. Zum anderen geht es auch um die Frage, wie wir als Microsoft unsere Partner unterstützen können. Microsoft ist schon seit den ersten Jahren ein Channel-Unternehmen - das steckt in unserer DNA. Und das wollen wir beibehalten. Wir arbeiten mit unseren Partnern und unterstützen sie in ihren Unternehmenszielen. Nur zusammen mit Partnern können wir unseren gemeinsamen Kundenstamm befähigen, ihre digitale Transformation anzugehen und erfolgreich umzusetzen.

Was waren Ihre ersten Erfolgsmomente in der neuen Funktion?

Es ist immer heikel, diese Frage einem Ingenieur zu stellen (lacht). Ich könnte Ihnen sehr viele Dinge nennen, die ich das nächste Mal wohl anders machen würde. Aber ein Ereignis, das mir besonders in Erinnerung blieb, war unsere letzte "Partner of the Year"-Veranstaltung. Es war kein abgekapselter Event der Partnerorganisation. Die gesamte Microsoft-Geschäftsleitung inklusive General Manager waren vor Ort, weil Partner zu Grundpfeilern unseres Geschäfts gehören, nur gemeinsam sind wir erfolgreich. Wir sprachen über gemeinsame Prioritäten und wie wir unseren Kunden den grössten Nutzen erbringen können.

Was ist "typisch Andrew Reid" an der Art, wie Sie die Partnerorganisation von Microsoft Schweiz leiten?

In erster Linie ist es mir wichtig, zuzuhören und dadurch zu verstehen. Das geht nur, wenn man offen ist für Feedback. Mein Umfeld soll also wissen, dass jeder mit seinen Anliegen zu mir kommen kann. Es ist mir zudem wichtig, die Vielfalt zu fördern und diese Fülle an Erfahrungen zu nutzen. Intern habe ich ein Team, das alle Altersgruppen abdeckt und aus allen Teilen der Schweiz stammt. Dasselbe gilt auch auf globaler Ebene: Ich beschäftige mich gern mit der Frage, wie wir die gesamten Möglichkeiten von Microsoft verknüpfen und hier in der Schweiz zum Einsatz bringen können. Und wie kann man das, was man tut, in Bezug auf ein positives Ergebnis aus gesellschaftlicher und geschäftlicher Sicht erden und verankern? Natürlich darf man auch nicht vergessen, dabei Spass zu haben. Wir arbeiten in einer erstaunlichen Branche. Die Technologien, mit denen wir arbeiten, bringen die Gesellschaft zusammen und bauen überall Barrieren ab - aus der Geschlechterperspektive, der Altersperspektive oder aus der Perspektive der Integration auf gesellschaftlicher Ebene. Das holt mich morgens auch aus dem Bett: Der Gedanke daran, wie wir die Welt weiterhin zu einem besseren Ort machen können.

Wie kommt eigentlich jemand von Oxfordshire hier nach ­Zürich?

Das war eine sehr lange und komplizierte Reise. Ich hatte das Glück, an verschiedenen Orten auf dieser Welt arbeiten zu können. Und jetzt habe ich das Gefühl, angekommen zu sein. Meine Tochter ist Kiwi (Neuseeländerin), meine Frau Französin - wo sollte ich sonst leben (lacht)? Ich bin meiner Frau hierher gefolgt. Ich hatte eine globale Position und meinem damaligen Chef war es egal, von wo aus ich meine Aufgaben erledigte - solange ich in der Nähe eines Flughafens war. In den ersten sechs Jahren, die ich in der Schweiz verbrachte, habe ich mehr vom Flughafen Zürich gesehen als von den meisten anderen Teilen der Schweiz. Aber es ist ein schöner Flughafen (lacht).

Andrew Reid, Global Partner ­Solutions Director bei Microsoft Schweiz. (Source: Netzmedien)

Andrew Reid ist seit Februar 2000 für Microsoft tätig. (Source: Netzmedien)

Neu sind Sie auch Mitglied der Geschäftsleitung von Micro­soft Schweiz. Wie wollen Sie die neuen Befugnisse und Möglichkeiten, die Sie dadurch erhalten haben, einsetzen?

Das klingt ein wenig so, als ob ich eine Art Superkraft erhalten habe (lacht). Wir haben bereits eine sehr breite Palette an Partnern - insgesamt sind es rund 4600 in der Schweiz. Nun geht es darum, wie wir diesen grossen Kreis von Partnern weiter befähigen, unterstützen und ausbauen können. Unser Geschäft baut auf dem Erfolg unserer Partner auf. Wir müssen uns überlegen, in welche Richtung wir dieses Geschäft entwickeln wollen und welche Fähigkeiten wir noch benötigen. Dabei habe ich auch immer ein Auge auf Start-ups und neue Businessmodelle. Die wahnsinnige Innovationskraft der Schweiz beeindruckt mich jeden Tag aufs Neue!

4600 Partner sind noch nicht genug?

Es ist wichtig, viele Partner zu haben. Neue dazuzugewinnen und bei bestehenden die Kenntnisse und Fähigkeiten weiter auszubauen. So bieten wir unseren Kunden eine Auswahl. Wir haben grosse und kleine Partner. Es gibt Partner, die stark skalieren können, und es gibt Partner, die Innovationen bieten. Unsere Partner decken das gesamte Spektrum ab. So hat unser Channel dank diverser Partner für jeden Kunden das passende Angebot, das die digitale Transformation ermöglicht - basierend auf den Bedürfnissen.

Die Kunden haben zwar so die Wahl, aber gibt es nicht auch ­einen Wendepunkt, ab dem es zu viele Partner sind und dies zu Streitigkeiten und Konkurrenz im eigenen Channel führt?

Ja, nein und vielleicht. Das war gerade eine sehr politische Antwort (lacht). Ich kann mir vorstellen, dass es so einen Punkt geben könnte. Aber an dem Punkt sind wir noch nicht. Klar, gibt es einen Wettbewerb zwischen den Partnern - aber dieser befindet sich in einem gesunden Bereich. Es ist nicht so, dass sich unsere Partner gegenseitig auffressen. Die Kuchenstücke, die sich die einzelnen Partner vom gesamten Markt abschneiden, werden immer grösser, weil der ganze Kuchen konstant wächst. Solange die Kunden den technologischen Trends wie Cloud und Machine Learning folgen und davon profitieren, wird der Markt weiterhin wachsen und sich auch die Nachfrage stetig verändern. Zudem ist es wichtig, die Kunden entscheiden zu lassen, ob sie mit regionalen, nationalen oder globalen Dienstleistern arbeiten möchten. Und hier in der Schweiz muss man auch noch die einzelnen Sprachregionen beachten.

Jeder US-Dollar Umsatz, den Microsoft über den Marketplace macht, bedeutet 7.80 Dollar Umsatz für den Partner.

Sie sprachen nun schon ein paar Mal über Wachstum. Auch in der Mitteilung zu ihrem Antritt war die Wachstumsstrategie ein Thema. Wie sieht diese Strategie aus?

Das bereits erwähnte Marktwachstum und die damit verbundene steigende Nachfrage sind wichtige Elemente in unseren strategischen Überlegungen. Wie unterstützen wir aber unsere Partner, dieses Wachstum weiter zu fördern? Wie befähigen wir diese Partner, damit sie bereit sind für die neusten Technologien? Wie kurbeln wir einen gesunden Wettbewerb und zugleich eine Kooperationsbereitschaft unter den Partnern an? Es gibt Kunden, die sehr gezielt mit mehreren Partnern an einem Projekt arbeiten wollen, um schnell eine Gesamtlösung aufzubauen. So kann dieser Kunde seinen Kunden wiederum schneller einen Mehrwert liefern. Mit den richtigen Anreizen wollen wir sicherstellen, dass unsere Partner dieses Wachstum vorantreiben und mit uns zusammenarbeiten.

Können Sie näher erläutern, wie Sie diese Strategie konkret umsetzen wollen?

Das erreichen wir, indem wir den Marketplace vorantreiben. Dieser macht es für unsere Kunden sehr viel einfacher, neue Lösungen zu erwerben. Statt wie früher Code von Grund auf neu zu schreiben, können sich Kunden ihre Lösungen, die sie brauchen, um ihr Geschäft zu beflügeln, aus einzelnen Komponenten auf dem Marketplace wie mit Legosteinen zusammenstellen. Wie wir Unternehmen dazu bringen, ihre Lösungen über unseren Marketplace anzubieten, haben wir im Rahmen einer Zusammenarbeit mit IDC gezeigt: Jeder US-Dollar, den Microsoft an Umsatz macht, bedeutet 7.80 Dollar Umsatz für den Partner.

Ich bin begeistert von der Akzeptanz und dem Feedback unserer Partner zum neuen Partnerprogramm.

Im Oktober des vergangenen Jahres hat Micro­soft ein neues Partnerprogramm eingeführt - das Microsoft Cloud Partner Program. Was ändert sich damit an der Zusammenarbeit zwischen Microsoft und seinen Partnern?

Man muss als Unternehmen erkennen können, wenn sich die Anforderungen des Channels geändert haben. Und das vorherige Partnerprogramm war in vielerlei Hinsicht ein Produkt der Vergangenheit. Die Partner haben heute andere Anforderungen, um die Bedürfnisse ihrer Kunden zu adressieren. Deshalb darf man keine Angst haben, ein Partnerprogramm einzustellen und etwas Neues aufzustellen. Am Anfang eines neuen Programms hat es immer Verbesserungspotenzial - daher sind wir sehr dankbar über das konstruktive Feedback unserer Partner, das wir versuchen, einzuarbeiten. Die Änderungen im neuen Programm wurden sehr bereitwillig angenommen. Ehrlich gesagt, bin ich begeistert von der Akzeptanz und dem Feedback unserer Partner. Sie sehen darin dieselben Vorteile, die wir auch sehen.

Mit dem neuen Programm hat sich Microsoft auch von den branchenüblichen Gold-, Silver- und Certified-Statusbezeichnungen ­verabschiedet und ein Punktesystem eingeführt. Was war die Idee dahinter?

Das Punktesystem trägt der Komplexität der Lösungen Rechnung, die unsere Partner unseren Kunden anbieten. Statt sich bloss als Gold-Partner für irgendwelche Themen zu bezeichnen, können die Partner ihre Fähigkeiten und Kompetenzen viel genauer angeben. Sie können beispielweise angeben, dass sie nicht nur einen Bereich beherrschen, sondern zugleich auch noch Security eingebettet haben, New Work verstehen und Infrastruktur verwalten können. Das gibt ihnen auch neue Differenzierungsmöglichkeiten.

Vielleicht ist es noch etwas zu früh für diese Frage, aber erfüllt das neue System seinen Zweck?

Das ist eine interessante Frage. Ob das Partnerprogramm gut ankam und von den Partnern akzeptiert wurde, hängt ebenfalls damit zusammen. Wie bereits gesagt, kam es sehr gut an im Channel. Das heisst jedoch nicht, dass es nichts zu verbessern gibt - das gibt es nämlich immer. Hier spricht wieder der Ingenieur in mir. Deshalb bin ich stets offen für das Feedback unserer Partner. Die Reaktionen aus dem Channel zeigen mir aber, dass wir mit dem neuen Programm auf dem richtigen Weg sind.

Wir wollen unseren Partnern helfen, mehr mit weniger zu erreichen.

Worauf müssen sich die Schweizer Partner in diesem Jahr gefasst machen?

Die aktuelle Wirtschaftslage ist wohl die grösste Herausforderung in diesem Jahr. Wir wollen daher unseren Partnern helfen, mehr mit weniger zu erreichen. Denn die Kunden wollen, dass alles schneller geht und weniger kostet - Optimierung ohne Abstriche im Bereich Innovation und Security. Wir unterstützen unsere Partner, ihre Geschäftsmodelle anzupassen, um konkurrenzfähig und profitabel zu bleiben.

Und wie helfen Sie, diese Gespräche zu führen?

Technologie ist die Antwort auf alles. Aber das muss ich Ihnen ja nicht erzählen, wir sind hier alle diesbezüglich voreingenommen (lacht). Wir helfen unseren Partnern, indem wir ihnen die Wege aufzeigen, wie sie ihre Ziele erreichen können - indem wir die Programme, die Muster und die Befähigung bereitstellen. Diese Informationen zu vermitteln, ist eigentlich die Kernaufgabe des Partnerprogramms. Dabei werden die globalen Learnings von Micro­soft über den Initiativen des Programms mit den Schweizer Partnern geteilt. Entweder direkt oder auch über die Distributoren, mit denen wir zusammenarbeiten.

Wie zufrieden sind Sie mit der Schweizer Partnerlandschaft?

Die Schweizer Partnerlandschaft ist fantastisch, weil sie eine phänomenale Vielfalt aufweist. Wir haben einige absolut brillante Nischenplayer, die mit ihren Innovationen eine globale Wirkung erzielen. Wir haben aber auch globale Partner, die unseren gemeinsamen Kunden die Chance geben, weltweit zu wachsen. Es ist eine erstaunliche Partnerlandschaft. Vor allem, wenn man bedenkt, dass einige in drei, wenn nicht vier Sprachen tätig sind. Was kann man daran nicht mögen (lacht)?

Nach welchen Partnern suchen Sie? Und was für Unternehmen sollten sich lieber gar nicht um eine Partnerschaft mit Microsoft bemühen?

Grundsätzlich will ich mit allen Unternehmen zusammenarbeiten! Microsoft bietet allen Partnern die gleichen Möglichkeiten. Ich sehe es als meine Aufgabe, allen den Zugang zur Technologie zu ermöglichen. Es steht mir nicht zu, zu entscheiden, dass ein Teil der Gemeinschaft oder bestimmte Unternehmen keine Unterstützung erhalten. Diese Demokratisierung der Technologie ist auch einer der wichtigsten Gründe, warum ich schon so lange bei Micro­soft bin.

Habe ich eigentlich irgendeine Frage noch nicht gestellt, die Sie beantworten wollen?

Ich grinse gerade so, weil das einer meiner Lieblingsfragen ist, wenn ich mit Bewerbern rede: Worüber haben wir noch nicht gesprochen, über das Sie gerne noch sprechen möchten? Aber ich glaube, in diesem Fall haben wir alle wichtigen Themen angesprochen: meine Rolle als Dreh- und Angelpunkt zwischen Microsoft und den Partnern, das neue Partnerprogramm, die Vorteile und Vielfalt der hiesigen Partnerlandschaft und weshalb dies für die Kunden so wichtig ist. Auch auf die Demokratisierung der Technologie, die mir so wichtig ist, sind wir eingegangen. Ich glaube also, das passt so (lacht).

Persönlich: Seit Juli 2022 ist Andrew Reid Global Partner Solutions Director für Microsoft Schweiz. In dieser Funktion ist Reid dafür verantwortlich, zusammen mit Partnern den Geschäftserfolg für gemeinsame Kunden voranzutreiben. Reid hat eine Erfolgsbilanz bei der Entwicklung neuer Ansätze durch innovatives Denken, um Kunden erfolgreich bei der digitalen Transformation zu unterstützen. Er arbeitet seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen regionalen, nationalen und globalen Positionen bei Microsoft. In seiner Freizeit geniesst Reid die Schweiz – entweder auf Skiern oder auf seinem Fahrrad. (Source: Microsoft)

Wer wissen will, was Andrew Reid auf die eher humorvollen Fragen im By the way geantwortet hat, findet das Interview hier.

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