Jean-Jacques Suter, Sage Schweiz

"Wir haben in einem Jahr 3000 Neukunden gewonnen"

Uhr | Updated
von Marc Landis, George Sarpong

Durch die Finanzkrise ist vielen Unternehmen in der Schweiz bewusst geworden, dass sie ihre Wirtschaftlichkeit steigern müssen. Unternehmenssoftware unterstützt dabei nicht nur Grossunternehmen, sondern auch KMUs. Jean-Jacques Suter, CEO von Sage Schweiz im Interview.

Wie geht es Sage in der Schweiz?

Es geht uns sehr gut. Wir liegen deutlich über unseren Erwartungen. Unser Geschäftsjahr 2009/2010, das im September zu Ende ging, stimmt uns zuversichtlich, dass die IT-Branche in der Schweiz die Krise überwunden hat.

Wie äussert sich das bei Sage?

Letztes Jahr haben wir über 9000 neue Kunden gewonnen, insgesamt sind es nun rund 70 000 Kunden, die eine Sage-Software einsetzen. Zudem konnten wir 72 neue Partner gewinnen, die unsere Produkte vertreiben. Total sind es nun über 700 Partner in der Schweiz.

Sie leiten Sage seit etwas über einem Jahr. Gibt es einen JJ-Suter- Effekt?

(Lacht) Nein, alles, was ein Unternehmen erreicht, ist letztlich eine Teamleistung. Ich habe gute Leute, die einen guten Job machen. Meine Aufgabe ist es, die Richtung vorzugeben, in die wir gehen. Vor gut einem Jahr haben wir Sage in der Schweiz neu positioniert, dies wird mehr und mehr sicht- und spürbar.

Was haben Sie genau gemacht?

Wir haben viel in die Kommunikation investiert. Unsere Wahrnehmung im Markt hat sich damit verändert und unsere Partner haben wieder Vertrauen in uns gefasst. Positiv auf die Umsätze hat sich natürlich auch die Umstellung des Mehrwertsteuergesetzes ausgewirkt. Im Weiteren – und das ist wahrscheinlich der wichtigste Grund – erkennen immer mehr KMU in der Schweiz, dass sie auf ihre Wirtschaftlichkeit achten müssen, was ihnen insbesondere durch die Wirtschaftskrise vor Augen geführt wurde. Vermehrt wird ihnen bewusst, dass es wichtig ist, Offerten nicht nur professionell zu schreiben, sondern auch nachzufassen, wenn der Auftrag nicht von alleine kommt. Oder überfällige Rechnungen strukturiert zu mahnen. Eine professionelle betriebswirtschaftliche Software hilft bei solchen Routineaufgaben. Zudem haben viele KMU auf Windows 7 umgestellt und im selben Zuge auch eine neue Unternehmenssoftware etwa von Sage angeschafft.

Welche Sage-Produkte sind die Hauptumsatzträger in der Schweiz?

Wir verdienen unser Geld mit Softwarelizenzen und Wartungsverträgen. Rund die Hälfte unseres Umsatzes erwirtschaften wir mit Serviceverträgen.

Und von den Produkten her?

Für den Entry-Markt, für Unternehmen bis ca. 50 Mitarbeiter, haben wir zwei Produkte: Sage 50, das ehemalige Sesam und Winware, ist ein sehr wichtiges Standbein. Sage 100 adressiert horizontal (von der Unternehmensgrösse) das gleiche Segment, geht jedoch weniger in die Tiefe, dafür in die Breite. So haben wir beispielsweise bei Sage 100 eine Leistungserfassung, welche auf die Bedürfnisse der Dienstleister unter den KMU zugeschnitten ist. Eine wichtige Zielgruppe, wenn man bedenkt, wie viele Schweizer Kleinbetriebe Dienstleister sind. Daneben haben wir die Stärken von Sage 50 in Sage 100 übernommen – auch punkto Benutzerfreundlichkeit. Denn wissen Sie, wir haben Kunden, die seit 20 Jahren mit Sesam, dem heutigen Sage 50 arbeiten und sich so an das alte Erscheinungsbild gewöhnt haben, dass sie nicht auf eine neue Betriebssoftware umsteigen wollen. Diese können in vielen Bereichen weiter wie gewohnt mit Sage 50 arbeiten, den Umstieg haben wir ihnen durch eine «Plug-n-Play»-Migration sehr einfachund kostengünstig gemacht. Für Schweizer KMU, die eine moderne und kompakte Gesamtlösung benötigen, sind Sage Start – die Einstiegslösung – und Sage 100 gedacht. Und der Erfolg gibt uns Recht: Mit Sage Start und 100 konnten wir innert Jahresfrist 3000 Neukunden gewinnen.

Wie läuft das SaaS-Geschäft? Glaubt man Medienberichten, fristet dieses Thema bei Sage ein etwas stiefmütterliches Dasein. Woran liegt das?

Kunden können bei Sage Software als Service mieten. Aber welche Gründe gibt es für KMU, nur die Buchhaltungssoftware hosten zu lassen oder sie als Service zu beziehen? Unsere Kunden haben im Wesentlichen zwei Bedürfnisse, die in der «Cloud» Sinn machen, einen einfachen Datenaustausch mit dem Treuhänder und beim Reporting. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, bieten wir unsere Connected Services an, die wir in diesem Jahr weiter ausbauen werden.

Wieso wollen KMU-Kunden Ihre Buchhaltungssoftware nicht als SaaS?

Dies lässt sich nicht so kategorisch sagen. Kunden sind durchaus an SaaS interessiert, wenn es für sie einen Nutzen bringt. Alleine die Buchhaltung aus der «Steckdose» zu beziehen macht wenig Sinn. Ein kleineres Unternehmen möchte dann gleich sämtliche Programme auf diese Weise beziehen. Dafür müssen sie die Gewissheit haben, dass es ihnen wirklich etwas bringt, da sich viele mit einer installierten Software einfach sicherer fühlen. Der zweite Grund für die KMU-Kunden ist die Sicherheit und Verfügbarkeit: Nicht alle Unternehmen haben immer überall in ihrem Geschäft die nötigen – stabilen, schnellen und sicheren – Internetverbindungen. Und von einem System, mit dem täglich gearbeitet wird, erwarten die Benutzer 100-prozentige Verfügbarkeit.

Sie sagten vorher, dass Sie sowohl mit Wartungsverträgen Geld verdienen und auch mit Partnern arbeiten, also im direkten als auch im indirekten Geschäft tätig sind. Wie reagieren Ihre Partner darauf, dass Sie auch direkt arbeiten?

Wir setzen sehr stark auf den indirekten Vertrieb. Im Small Business werden über zwei Drittel unserer Geschäfte über Partner getätigt, zählt man die Dienstleistungen, die der Partner für den Kunden erbringt dazu, sind es gegen 90 Prozent. Was wir aber schon seit längerem feststellen ist, dass unsere langjährigen Channel-Partner eher am Bestandeskundengeschäft interessiert sind als daran, Neukunden zu gewinnen. Im Neukundengeschäft könnten sie mehr Dienstleistungen erbringen und durch die Handelsmarge Geld verdienen. Bei Partnern, die Sage als drittes oder viertes Standbein betreiben, sind jedoch nach dem Kauf oft wir es, die für den Kunden den fachlichen Support bereitstellen – unser Dienstleistungsangebot ist hier komplementär. Wir haben pro Jahr beinahe 100 000 Anrufe in unserem Support-Center, rund ein Drittel davon betreffen Fachfragen, beispielsweise im Zusammenhang mit Sozialversicherungen oder der Mehrwertsteuerumstellung.

Sie haben fast 100 neue Partner gewonnen. Woher kamen die?

Viele unserer neu gewonnenen Channel-Partner haben früher vor allem Hardware verkauft. Sie waren spezialisiert auf die Installation von Datennetzen, den Verkauf und das Aufsetzen von Workstations. KMUKunden wollen heute aber immer weniger von zwei oder drei IT-Supportern betreut werden. Sie wünschen sich einen einzigen Ansprechpartner für alle ihre IT-Anliegen. Der Hardware-Händler kann sich in Richtung Unternehmenssoftware spezialisieren, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Das zusätzliche Angebot an Betriebswirtschaftssoftware ist immer auch mit einer Zusatzdienstleistung etwa Consulting verbunden. Wenn man als Händler nur Hardware absetzt, kann man sich nur über den Preis differenzieren.

Wieso sollen Systemintegratoren und Reseller mit Sage zusammenarbeiten?

Wir sind ein verlässlicher Partner und bieten weit mehr als Softwarelizenz und Handelsmarge. Unsere Channel-Partner unterstützen wir mit Schulungen, Zertifizierungen und durch unsere Marketing-Factory. Da neben bieten wir ihnen innerhalb der Sage-Community ein breites Kundennetzwerk für ihre ergänzenden Produkte und Dienstleis tungen, also attraktive neue Absatzmärkte.

Was verstehen Sie unter Marketing-Factory?

Wir unterstützten unsere Partner bei der Marktbearbeitung. Etwa mit Events in a Box, Roadshows, Mailings, Promotionen und Werbekostenzuschüssen für die Neukundengewinnung usw. Pro Quartal schreiben wir im Namen unserer Partner 50 000 bis 60 000 Kunden an und investieren damit einen stattlichen Anteil unserer Marketingmittel gemeinsam mit Partnern.

Und wie sieht Ihr Partnerprogramm aus?

Es gibt Entry-Partner, Partner, Key-Partner und Competence-Center. Der Schritt vom Entry- zum Partner und Key-Partner ist an ein mit uns vereinbartes Umsatzvolumen gebunden. Beim Aufstieg vom Key-Partner zum Competence-Center erfolgt eine Zertifizierung. Die entsprechenden Schulungen gibt es bei uns. Zusätzlich kann man sich auch noch je nach Software qualifizieren. Wir sehen viele  IT-Unternehmer, die mit einem Treuhänder kooperieren. Diese Konstellationen funktionieren fast immer unglaublich gut. Schliesslich haben wir die Gruppe der Sage Solution Partner. Das sind Softwareunternehmen, die komplementäre und Branchenlösungen gebündelt mit Sage Lösungen anbieten und Zugang zu unserer Community haben.

Ein Blick in die Kristallkugel: Was wird das Jahr 20011 bringen?

Schwierige Frage. Wir haben da einmal den starken Schweizer Franken, der die Schweizer Exportwirtschaft belastet. Welchen Einfluss das auf die Absätze und den Arbeitsmarkt haben wird, ist heute noch nicht klar. Das erschwert den Blick in die Kristallkugel … eine Studie des Bundesamts (KMU Initiative vom Staatssekretariats für Wirtschaft SECO) über Schweizer KMU zeigt, dass wir einen Nachholbedarf im Vergleich zum Ausland haben: KMU müssen wirtschaftlicher werden und ihre Marktbearbeitung professionalisieren. Das dürfte uns als Anbieter von betriebswirtschaftlicher Software entgegenkommen.

Ihre Botschaft an den Handel?

Wir haben 700 Partner in der Schweiz. Wir suchen neue Partner, die unseren Anspruch an Expertise und Marktkenntnisse erfüllen. Wir haben eine interessante Zeit vor uns. Die Marktchancen mit Unternehmenssoftware sind sehr gut.

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