Radio- und TV-Gebühren

Österreich: Internetzugang nicht gebührenpflichtig

Uhr | Updated

Die Frage, ob internetfähige Endgeräte gebührenpflichtig sind oder nicht, bewegt nicht nur Schweizerinnen und Schweizer. In Österreich ist jetzt ein Richterspruch gefallen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Österreich hat im Streit um die Radio- und TV-Gebührenpflicht ein erstes Urteil gefällt. Es könnte weitreichende Folgen haben, wie derstandard.at schreibt. Die Richter sind der Auffassung, dass ein Internetzugang nicht ausreicht, um GIS-Gebühren zu erheben. Die GIS ist das österreichische Pendant zur hiesigen Billag.

Salzburger Anwalt stiess das Verfahren an

Konkret besagt das Urteil: Wer zu Hause über internetfähige Endgeräte verfügt, die nicht für den Empfang von Fernsehen und Radio über terrestrische Funksignale oder DVB-T geeignet sind, ist nicht gebührenpflichtig. Das gelte auch für tragbare Computer und Desktop-PCs.

Der Salzburger Anwalt Arnold Gangl stiess das Verfahren im Namen eines Mandanten an. Gangl sieht im Richterspruch eine gesellschaftspolitische Relevanz. Denn wenn nur schon die Existenz eines Internetzugangs zur Zahlung von Gebühren verpflichte, "könnte man keine E-Mail schreiben, ohne vorher GIS-Gebühren zu bezahlen", sagte er gegenüber dem Standard.

GIS will Revision einlegen

Die GIS zeigte sich gegenüber dem Standard überrascht und spricht von einem Einzelfall. Gemäss Sprecher Herbert Denk werde die GIS höchstwahrscheinlich Revision einlegen. Bis es zu einer Berufungsverhandlung und einem letztgültigen Urteil kommt, dürfte es aber ein Jahr oder länger dauern.

Nach Ansicht des Salzbuger Anwalts Gangl sei der Einzelfall verallgemeinerbar. Er habe in seiner Kanzlei weitere Fälle vorliegen, die dem ausgetragenen ähneln.

Neues RTVG verpflichtet alle zum Zahlen

In der Schweiz wird der Weg vors Gericht allerdings kaum zu einem derartigen Ergebnis führen. Erst gerade am 16. September wurde nämlich das neue Radio- und Fernsehgesetz verabschiedet. Es bringt einen Systemwechsel: Alle Haushalte müssen Empfangsgebühren zahlen. Unabhängig davon, ob sie Radio- oder TV-Geräte besitzen. Das gilt auch für Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 500'000 Franken.

Kontrollen der Billag werden damit wegfallen, da Schwarzsehen nicht mehr möglich sein wird. Weil die Zahl der Abgabezahler auf mehr Haushalte und Unternehmen verteilt wird, könnte die Gebühr sinken. Von heute 462 Franken pro Haushalt auf rund 400 Franken pro Jahr, rechnete der Bundesrat vor.

Ständerat auf Linie des Nationalrates

Den Systemwechsel begründet der Bundesrat mit der Tatsache, dass Radio- und TV-Sendungen auch von Computern, Tablets und Smartphones wiedergegeben werden können.

National- und Ständerat waren sich allerdings lange uneins. Der Nationalrat hatte eine befristete Ausnahmeregelung vorgeschlagen. Während fünf Jahren nach dem Systemwechsel sollen Haushalte ein Gesuch auf Abgabebefreiung einreichen dürfen, wenn sie kein geeignetes Gerät zum Empfang von Radio- und Fernsehprogrammen besitzen.

Der Ständerat lehnte die Ausnahmeregelung lange ab. Vergangene Woche gab er seinen Widerstand auf und schwenkte auf die Linie des Nationalrates ein.

Unbefristete Ausnahmen gelten weiterhin für Menschen, die Sozialhilfe beziehen oder stark pflegebedürftig sind und in entsprechenden Heimen leben.

Referendum wahrscheinlich

Ob das neue Radio- und Fernsehgesetz mit all seinen Neuerungen in Kraft tritt, ist derzeit noch offen. Die "Aktion stopBillag" fasst ein Referendum ins Auge. Der Gewerbeverband drohte ebenfalls eines an.

Der Gewerbeverband wehrt sich dagegen, dass auch Unternehmen eine geräteunabhängige Abgabe zahlen sollen. Bislang müssen nur jene Unternehmen zahlen, die ein Empfangsgerät haben.

Webcode
5gAiCmhi