Kompromiss am runden Tisch

Update: 4 statt 72 Stunden Notstrom für Schweizer Handynetzantennen

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von René Jaun und jor, yzu, fsi

Bei Störungen der Stromversorgung sollen die Mobilfunknetze weiter funktionieren. Der Bundesrat wollte darum die Telkos zum Aufbau von Notstromanlagen verpflichten, was bei den Anbietern nicht gut ankam. An einem runden Tisch einigten sich Telkos und Behörden auf einen Kompromiss.

(Source: RainerSturm / Pixelio.de)
(Source: RainerSturm / Pixelio.de)

Update vom 27.06.2025: Die Schweizer Telekommunikationsanbieter müssen ihre Sendeanlagen künftig doch nicht 72 Stunden lang mit Notstrom betreiben können. Der Bund ändert die entsprechende Bestimmung in der geplanten Revision der Fernmeldeverordnung ab, wie "Cash" berichtet. Stattdessen einigten sich die Telkos und der Bund im Rahmen eines runden Tisches im Herbst 2024 auf einen Kompromiss, wie sowohl Vertreter der Telekombranche als auch das Bundesdepartement für Umwelt, Verkehr Energie und Kommunikation (UVEK) gegenüber der Nachrichtenagentur AWP bestätigten.

Demnach sollen die Anbieter ihre Anlagen im Falle eines Stromausfalls nicht mehr 72 sondern noch 4 Stunden lang mit Notstrom betreiben können. Erreichen könne man dies durch Installation neuer Batterietechnologien an den Handyantennen, sagte ein Swisscom-Vertreter gegenüber der Agentur. Dagegen hätten die Unternehmen unter der ursprünglich vorgesehenen Bestimmung Dieselgeneratoren anbringen müssen. Die bundesrätliche Entscheidung zur revidierten Fernmeldeverordnung erwartet das UVEK für Ende 2025.

 

Update vom 19.02.2024:

Mobilfunkbetreiber erteilen geplanten Notstrom-Massnahmen eine Absage

Die Idee des Bundes, Schweizer Mobilfunknetzbetreiber zum Aufbau und Betrieb von Notstromanlagen zu verpflichten, kommt bei den betroffenen Unternehmen nicht gut an. Die Swisscom hält die in der revidierten Fernmeldeverordnung formulierten Massnahme etwa "überdimensioniert und technisch nur bedingt umsetzbar, zu teuer und wegen des Einsatzes von Dieselaggregaten auch nicht für nachhaltig", zitiert der "Tages-Anzeiger" aus einer Mitteilung des Telko. Auch der Asut, der Verband der hiesigen Telekombranche, spricht laut dem Bericht von nicht umsetzbaren Vorschlägen. Zudem handle es sich um eine Luxuslösung, weil der Bund auch den teilweisen Internetzugang in den Anforderungskatalog aufnehmen will. Für die geforderten Massnahmen fehlten teils die rechtlichen Grundlagen, findet der Asut weiter und schlägt einen runden Tisch vor, um die Härtung kritischer Infrastrukturen mit allen Beteiligten anzugehen.

Ähnlich äussert sich der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Bis jetzt habe kein ausreichender Dialog zwischen den relevanten Parteien Bund, Kantone, Energiewirtschaft und Telkos stattgefunden, zitiert der "Tages-Anzeiger" den Verband, der sich für einen Marschhalt ausspricht. Unternehmen seien an einer sicheren Versorgung mit Telekomdiensten interessiert, doch die Energieselbstversorgung im Notfall könne nicht Aufgabe der Nachfrageseite sein, findet Economiesuisse.

Die Kantone hingegen unterstützten die Verordnungsrevision grundsätzlich, schreibt die Zeitung. Einige von ihnen fordern Ergänzungen, wie etwa jene, den Zugriff auf die grossen schweizerischen Nachrichtenportale auch bei einem Black-out zu gewährleisten.

 

Originalmeldung vom 2.11.2023:

Bundesrat will Mobilfunknetze gegen Stromausfälle absichern

Schweizer Handynetzbetreiber sollen dafür sorgen, dass ihre Mobilfunknetze auch bei einer Störung der Stromversorgung funktionieren. Dies will der Bundesrat, der eine entsprechende Revision der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV) in die Vernehmlassung schickte. Darin verpflichtet er die drei in der Schweiz tätigen Mobilfunkkonzessionäre (Swisscom, Sunrise und Salt), an zentralen Standorten sowie an den Sendeanlagen eine Notstromversorgung zu installieren. Die Anforderung: Die Telkos müssen "die mobile Kommunikation bei Stromausfällen von bis zu 72 Stunden oder bei Stromausfallzyklen an 14 aufeinanderfolgenden Tagen gewährleisten", wie es in der Mitteilung heisst. Und: Bei Stromausfällen sollen "in jeder Gemeinde 99 Prozent ihrer Kundinnen und Kunden ihr Mobilfunknetz nutzen können".

Das Mobilfunknetz müsse bei einem Stromausfall oder einer Strommangellage betriebsfähig bleiben, um Notrufdienste, den öffentlichen Telefondienst und den Zugang zum Internet zu ermöglichen, argumentiert der Bundesrat. Er schlägt aber auch vor, dass die in der FDV festgelegten neuen Anforderungen nicht für Videodienste über das Internet gelten sollen, da sie das Netz überlasten können. Eine Ausnahme zu dieser Ausnahme wiederum seien "Videos von öffentlichem Interesse".

Sechs Monate nach Inkrafttreten der Verordnung sollen die Telkos einen Plan präsentieren, wie sie die neue Verpflichtung umsetzen wollen. Um die Massnahmen zur Gewährleistung der Notrufdienste umzusetzen, haben die Telkos laut der vorgeschlagenen Verordnung fünf Jahre Zeit, wie der Bund weiter schreibt. Drei weitere Jahre erhalten sie zur Sicherstellung des Zugangs zum öffentlichen Telefondienst und zum Internet.

Die Vernehmlassung der revidierten FDV dauert bis zum 16. Februar 2024.

 

Der Bundesrat will die Schweizer Wirtschaft besser für den Fall einer Strommangellage vorbereiten. Die Regeln dazu verankert er in branchenspezifischen Verordnungen. Die erste betraf die den öffentlichen Verkehr (öV) und den Güterverkehr, wie Sie hier lesen können.

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