Aus dem aktuellen Oktober-Heft

"Der IT-Fachhandel ist herzlich willkommen, als Sony-Partner aufzutreten"

Uhr | Updated
von Marc Landis

Sony hat seit März so einiges erlebt. Wie man in turbulenten Zeiten trotz allem die Nerven behält, erklärt Claudio Ammann, CEO von Sony Schweiz und Österreich, in der aktuellen Oktober-Ausgabe im Interview.

Claudio Ammann
Claudio Ammann

Herr Ammann, Sie sind Managing Director von Sony Schweiz und seit drei Jahren führen Sie auch das Österreich-Geschäft von Sony. Was sind momentan Ihre grössten Sorgen?

Claudio Ammann: Wir haben in den letzten drei Jahren ein Managementteam aufgebaut, das in der Lage ist, die beiden Ländergesellschaften von Sony in der Schweiz und in Österreich effizient zu führen. Der damalige Schritt, Österreich und die Schweiz näher aneinander zu rücken, ist weit fortgeschritten und in weiten Teilen erfolgreich umgesetzt. Wir können heute viele der angestrebten Synergien nutzen, die uns halfen und helfen, uns besser am Markt zu positionieren und natürlich auch unsere Kosten zu senken. Wenn Sie mich nach meinen grössten Sorgen Fragen, dann gehört dazu - neben einem Currywurst-Fleck auf meiner Krawatte (lacht) – ganz klar die Frankenstärke. Dabei wird leider ausgeblendet, dass die Konsumenten-Preise im CE- und IT-Bereich im Schweizer Markt nur geringfügig von denjenigen in der Eurozone abweichen. Dennoch wird von allen Seiten weiter Druck auf die ohnehin schon dünnen Margen ausgeübt. Leider fallen unsere lokalen Kosten wie z.B. Löhne in Schweizer Franken an und nicht in Euro. Und als japanisches Unternehmen, als das wir nicht in Euro sondern in Yen rechnen, könnten wir solchen Forderungen nach Preissenkungen gar nicht nachkommen. Allerdings sind das kleine Sorgen, gegenüber dem, was Sony in den letzten Monaten sonst so alles erlebte.

Sie meinen die Katastrophe in Japan?

Ja, genau. Sony hatte in Japan wirklich ein schwieriges Jahr. Nach dem Erdbeben kam der Tsunami und flutete unsere Fabriken, Radioaktivität verseuchte das Land, der Strom fiel aus und dann wurden unsere Entertainment Netzwerke von Hackern angegriffen. Das hatte teilweise auch Auswirkungen für uns hier in der Schweiz. Im Zusammenhang mit den Hackerangriffen gegen unseren Musik- und Videostreamingdienst Qriocity und das Playstation Network wurde auch zu „Aktivisimus“ gegen Sony-Niederlassungen aufgerufen. Um unsere Mitarbeiter vor möglichen physischen Attacken zu schützen, setzten wir deshalb Wachleute ein, die an unserem neuen Schweizer Hauptsitz an der Wiesenstrasse in Schlieren mit Schäferhunden patrouillierten.

Und wie ist es Sony in der Schweiz in geschäftlicher Hinsicht ergangen?

Die Marktforscher von GfK Switzerland bescheinigen dem Schweizer Consumer-Electronics-Markt einen Rückgang um über 15 Prozent im ersten Halbjahr und sehen Gründe dafür in fehlenden, „marktstimulierenden“ Impulsen wie sportlichen Grossereignissen, die etwa den Verkauf von Fernsehgeräten stützten. Das betrifft bestimmt auch Sony, oder?
Wir sehen die Marktentwicklung nicht ganz so pessimistisch wie GfK. Sony ist hierzulande auf Kurs. Wir konnten bei den Marktanteilen in gewissen Segmenten zulegen. Das Geschäft läuft gut. Wir sind in der Schweiz nach wie vor das führende AV-IT-Unternehmen. Natürlich haben wir in einigen Sparten wie etwa bei Camcordern mit einem rückläufigen Markt zu kämpfen. Und das TV-Business ist auch schwierig geworden, weil wir uns hierzulande in einem gesättigten Markt bewegen. Die Zeiten, in denen wir vom Fernsehgeschäft aphrodisiert waren, sind vorbei. Das sind natürlich Herausforderungen, mit denen wir umgehen müssen. Aber wie gesagt: Es geht Sony gut und wir sind in vielen Segmenten Nummer eins. Zudem sind wir mit Abstand führend im B2B-Geschäft, d. h. im Professional Bereich etwa mit Broadcastern. Wir sehen auch gute Chancen in neuen Geschäftsmöglichkeiten wie z. B. im Reader-Umfeld mit elektronischen Büchern. Zudem setzt Sony schon lange auf die Verbindung von Hardware mit Content, was es uns erlaubt Systeme anzubieten, die durch das vollständige Benutzererlebnis funktionieren.

Wie meinen Sie das?

Bei Sony sehen wir etwa den Fernseher in einem anderen Kontext als früher: Er ist zur Unterhaltungszentrale zuhause geworden, mit der einfach und jederzeit auf Content aller Art im Internet, in Sonys Entertainment Network, auf Videos und Fotos, die auf einem auf NAS gespeichert sind, auf PC-Festplatten etc. zugegriffen werden kann. Wir haben verstanden, dass Unterhaltungselektronik-Produkte dann besonders nutzenstiftend sind, wenn sie perfekt aufeinander abgestimmt sind, wenn sie als Lösung oder als System eingesetzt werden und zu diesem System gehört auch der Content, über den Sony verfügt.

Was ist dieses Sony Entertainment Network genau?

Wir haben Dienste wie Bravia Internet Video, das Playstation Network und die Streamingplattform Qriocity zusammengefasst. Der Eintritt in Sonys Entertainment Welt wird so massiv vereinfacht und ist für die Nutzer auch leichter zu verstehen.

Sprechen wir über IT: Sonys PC-Angebot hat in der Schweiz mit 2,7 Prozent Marktanteil (in Stückzahlen, Weissbuch 2011) eine vergleichsweise geringe Bedeutung. Hätten Sie gerne mehr?

Gemäss GfK sind wir etwa bei sieben Prozent wertmässigem Anteil. Mit unserem Marktanteil sind wir nicht unglücklich. Sony ist im Home-Entertainment zu Hause. Darin sehen wir unsere Stärken. Mit unseren Vaio-Notebooks verfolgen wir zudem nicht das Ziel, im Massenmarkt erfolgreich zu sein. Es sind für uns lifestylige, hochwertige Nischenprodukte, die wir mit Freude vertreiben, weil wir damit auch die Breite unserer technologischen Kompetenz unterstreichen können. Vaio ist ein wichtiger Baustein für Sonys Entertainment-Welt. Das gilt natürlich auch für unsere neuen Tablets.

Die Fachwelt reagierte nach der Präsentation der neuen Tablets allerdings etwas zurückhaltend. Zu teuer, zu billig gemacht, hiess es. Was sagen sie dazu?

Sony geht mit den Tablets einen etwas anderen Weg als der Mitbewerb. Wir haben uns sehr viel im Zusammenhang mit der Ergonomie überlegt. Das Design des Tablet S empfindet die Form eines Buches nach, liegt damit sehr gut in der Hand und ermöglicht die einhändige Bedienung, ohne dass es einem zu schwer wird. Das Tablet P ist als zusammenklappbares Gerät mit zwei separaten Displays konzipiert. Die Verwendung eines speziellen Kunststoffes macht beide Geräte leicht.

Was versprechen Sie sich von den Sony Tablets?

Die Tablets sind für uns Art Gateway-Produkte, die es den Nutzern neben den üblichen Funktionalitäten eines Tablet-Computers vereinfachen, sich in der Entertainment-Welt von Sony zurechtzufinden und Inhalte nahtlos auf verschiedenen Devices zu geniessen. Wir setzen sehr stark auf diese Produkte und sind sicher, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind. Auch werden unsere Ingenieure aufgrund der Kunden-Feedbacks die Geräte laufend weiter entwickeln. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit den Tablets erfolgreich sein werden.

Wer soll die Tablets vertreiben?

Das ist eine sehr wichtige Frage. Grundsätzlich vertreiben wir alle unsere Produkte und damit auch die Tablets über die gewohnten Kanäle, also Distribution, Retail, Fachhandel. Allerdings können diese Geräte nicht einfach wie andere Produkte über das normale Category Management behandelt werden. Es ist nicht damit getan, das Tablet in ein Regal zu stellen und mit mehrfach durchgestrichenen Preisen anzuschreiben. Die Integrationsfähigkeit der Tablets muss inszeniert werden und es ist nötig, sie im Verbund mit anderen Sony-Produkten zu zeigen. Der Systemgedanke muss auch am POS im Vordergrund stehen.

Ein Tablet ist ein Computer. Welches IT-Knowhow ist nötig, um das Produkt "richtig" zu verkaufen?

Tablets funktionieren vor allem durch die Einbindung in ein Netzwerk. Da braucht es natürlich aus diesem Bereich einiges an technischem Know-how gefragt. Der IT-Fachhandel bringt dafür natürlich ideale Voraussetzungen mit. Ich glaube sogar, dass gerade der IT-Fachhandel prädestiniert dazu ist, diese Produkte zu verkaufen und mit der nötigen Dienstleistung zu anzubieten.

Welche Sortimente vertreiben Sie über den IT-Channel?

Der IT-Handel hat die Möglichkeit das ganze Sortiment, auch Audio/Video-Produkte, zu beziehen. Wir stehen denjenigen IT-Fachhändlern sehr offen gegenüber, die sich im Business mit Home-Entertainment-Produkten ernsthaft und nachhaltig weiterentwickeln wollen. Sie sind herzlich eingeladen mit uns an der Konvergenz von IT und Unterhaltungselektronik zu partizipieren.

Wie sehen Sie das Zusammenspiel von IT und Unterhaltungselektronik …

… im Nutzungsverhalten der Anwender?
Heute teilt sich die Welt noch in „digital natives“ und „digital immigrants“. Wer mit digitalen Produkten von Kindesbeinen an gross geworden ist, bewegt sich mit schlafwandlerischer Sicherheit durch die digitale Informations- und Unterhaltungswelt. Diese Nutzer werden in Zukunft keinen Unterschied mehr zwischen UE- oder IT-Produkten machen. Es wird ihnen nur noch wichtig sein, online zu sein und jederzeit über Datennetze mit seiner Umwelt interagieren zu können, und Content zu konsumieren. Dabei steht der Nutzen im Vordergrund und nicht die Technologie.

… in Ihrem Sortiment?

Vaio PCs, Tablets, Bravia TVs, Playstation und natürlich Sony Ericsson Smartphones sind perfekt aufeinander abgestimmt und ermöglichen den Konsumenten ein homogenes Nutzererlebnis. Zudem bieten diese Produkte Zugriff auf das Sony Entertainment Network, das bald in der Schweiz verfügbar sein wird.

… in den Handelskanälen?

Es braucht fachliche und technische Kompetenz und Präsentationsmöglichkeiten, damit man am POS die ganze Leistungsfähigkeit von Sony-Produkten demonstrieren kann. Vielerorts werden zwar konvergente Produkte angeboten, aber nicht im Verbund miteinander gezeigt, klassisches Category Management eben. Es ist ein Umdenken bei vielen Händlern nötig. Die Konvergenz von IT und Unterhaltungselektronik ist heute Realität. Gefragt sind Verkaufspunkte, die die Vorzüge einer funktionierenden Lösung zeigen, erklären können und dann das Geschäft machen.

Welche Chancen räumen Sie dem IT-Fachhandel im Geschäft mit Unterhaltungselektronik ein?

Ich glaube, dass der IT-Handel durch sein technisches Know-how im Netzwerkbereich gut aufgestellt ist, um sich vom Home-Entertainment-Markt etwas abzuschneiden. Vielleicht hat er sogar bessere Chancen als Absatzmittler aus anderen Kanälen. Der IT-Fachhandel ist herzlich willkommen, als Sony-Partner aufzutreten. Und wenn es unter Ihren Lesern Interessenten gibt, die ein Sony-Center betreiben möchten, dürfen sich diese sehr gerne bei mir persönlich melden.

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